Am Donnerstag trifft der VfB in der Europa League auf Steaua Bukarest – und somit auch auf dessen mächtigen und dubiosen Besitzer George Becali. Der Brustringer stellt den steinreichen Rumänen vor, der sich selbst als eine Art Messias bezeichnet.

Stuttgart - Wer „S“ wie Steaua sagt, muss auch „G“ wie George sagen. Oder „G“ wie Gigi. So wird George Becali (54) der Einfachheit halber genannt. Es dürfte kaum einen anderen Verein geben, der so von einem Mann regiert wird wie der Bukarester Armeeclub, der am Donnerstag zum Auftakt in der Europa League beim VfB Stuttgart antritt. Becali ist seit 2003 der Besitzer von Steaua, er ist Präsident, Manager und Trainer – obwohl es auf dem Papier einen anderen Präsidenten, einen anderen Manager und einen anderen Trainer gibt. Aber für sie führt an Becali kein Weg vorbei. Er ist der Alleinherrscher.

 

Gigi klingt eigentlich ganz lustig, aber dass mit Becali nicht zu spaßen ist, weiß jeder, der schon mal mit ihm und Steaua zu tun hatte. Zuletzt bekam das Mihai Stoichita zu spüren, der mit der Mannschaft in der vergangenen Saison den dritten Platz belegt hatte – zu wenig für Becali, für den nur Titel zählen. Deshalb erging es dem Trainer wie seinen Vorgängern. Er wurde gefeuert.

Meistertitel feierte er auf der Motorhaube seines Luxusautos

Der Verschleiß von Becali ist gewaltig. Zurzeit beschäftigt er in dem früheren Bundesligaprofi Laurentiu Reghecampf schon den achten Coach seit Juni 2009 – ist das ein Weltrekord? Wie Becali agiert, hat auch der einstige rumänische Superstar Gheorghe Hagi erlebt. Die beiden waren beste Freunde, bis Hagi im Juni 2007 den Trainerposten bei Steaua übernahm. Drei Monate später war er ihn schon wieder los, weil er sich geweigert hatte, die Befehle von Becali bezüglich der Mannschaftsaufstellung umzusetzen. „Ich fühlte mich von ihm gefoltert“, sagte Hagi nach seinem Abgang, „er wird die Spieler zerstören – und wenn er das gemacht hat, zerstört er den Verein.“

Fünf Jahre später führt Steaua nach den ersten acht Ligaspielen die Tabelle aber immerhin an. Das ist jedoch das Mindeste, was Becali jetzt von Reghecampf erwartet. Eigentlich verlangt er sogar mehr: den Sieg in der Champions League – so wie Steaua das 1986 geschafft hat, als der Wettbewerb noch Europapokal der Landesmeister hieß.

Eine Wiederholung dieses Triumphs dürfte aber Illusion bleiben, auch wenn die Qualität des Kaders in Rumänien konkurrenzlos scheint. Der millionenschwere Becali zahlt die für rumänische Verhältnisse fürstlichen Gehälter. Das Fixum beträgt pro Spieler in der Regel rund 300 000 Euro. Dazu kommen noch stattliche Einsatzprämien und Erfolgshonorare. Wenn Steaua dann oben ist, feiert Becali gerne mit den Fans – wie 2001, als er den Titel mitten auf der Straße und auf der Motorhaube seines 500 000 Euro teuren Autos der Marke Mercedes-Maybach bejubelt hat.

Seine Karriere begann Becali als Schafhirte

Dabei galt er schon damals nicht nur in seinem Heimatland als eine der umstrittensten und dubiosesten Figuren überhaupt. Leute aus dem Westen, die ihn aus der Fußballszene kennen, schildern ihn als dominant, kalt, skrupellos und berechnend. Er sei immer auf seinen Vorteil bedacht, sagen einige, die schon persönlich mit ihm in seinem großräumigen Büro in der Bukarester Innenstadt über Spielertransfers verhandelten. Da sitzt der religiöse Becali hinter einer überdimensional großen Madonnafigur und zieht die Strippen.

Auch diejenigen politischer Art. Wer seinen Namen bei der Internetsuchmaschine Google eingibt, erfährt manches. So wird auf seiner Wikipedia-Seite aufgelistet, dass er der Partei Neue Generation – Christdemokraten angehört, für die sich übrigens auch Reghecampf schon engagiert hat. Gegründet wurde die Gruppierung von Becali. „Seine politische Gesinnung wird als Mischung zwischen kruden Ideologien aus Ultrakonservatismus, rechtsradikalen Versatzstücken (Hetze gegen Homosexuelle, Leugnung des Holocaust in Rumänien) und orthodoxem Fundamentalismus beschrieben“, steht bei Wikipedia.

Aus der Gefängniszelle kandidierte er für das EU-Parlament

Affären pflastern den Weg des selbst ernannten Erlösers von Rumänien, der seine Karriere als Schafhirte begonnen hat. Seinen Reichtum erlangte Becali durch Immobiliengeschäfte, die teilweise so abenteuerlich waren, dass die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittelte. Den Grundstock seines Vermögens legte er durch den Tausch von Ländereien mit der rumänischen Armee – wobei die Presse behauptete, das Gebiet, das er erhielt, sei viel mehr wert gewesen als jenes, das er abgab. Deshalb wurde 2006 die rumänische Antikorruptionsbehörde aktiv, die Becali aber keine Betrügereien nachweisen konnte. Deshalb durfte er die Anschuldigungen anschließend als „kommunistische Lüge“ bezeichnen.

Im April 2009 befand er sich in Untersuchungshaft mit vier seiner Leibwächter, zu denen auch der Weltmeister im Kickboxen zählte. Sie sollen Diebe misshandelt haben, die Becalis Luxuskarosse gestohlen hatten. Der Vorwurf der Freiheitsberaubung konnte jedoch nicht erhärtet werden, so dass Becali bald wieder frei war. Aus der Gefängniszelle heraus hatte er seine Kandidatur für das Europaparlament erklärt. Dort sitzt der Mann, der sich eigentlich als Staatspräsident von Rumänien und als eine Art Messias sieht, seit Juni 2009 für die rechtsgerichtete Großrumänische Partei.

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ verlieh ihm für diese Tätigkeit auch ein Prädikat – das als faulster EU-Abgeordneter. Zwischen Juli 2009 und April 2010 hatte Becali nur an rund 25 Prozent der Plenarsitzungen teilgenommen.

Außerdem ist er auch berüchtigt für sein provokantes Auftreten und seine vulgäre Wortwahl. Die Lokalrivalen von Rapid Bukarest stempelt er gerne als „Zigeuner“ ab. Dabei klingt „G“ wie Gigi doch so lustig. Aber das passt zu Becali sicher nicht.