Der VfB Stuttgart hat dem FC Bayern einen großen Kampf geliefert und beinahe einen Punkt ergattert. Die Hinrundenbilanz fällt dennoch eher durchwachsen aus.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Die Tabelle der Fußball-Bundesliga wäre auch dann kein Fall für den Bilderrahmen geworden, hätte Chadrac Akolo am Samstag, kurz vor halb sechs, den Ball vom Elfmeterpunkt aus ins Tor geschossen – und eben nicht in die Arme von Sven Ulreich, dem Torhüter des FC Bayern. Der VfB hätte weiter Platz 14 inne gehabt, die 18 statt den 17 Punkten nach 17 Spielen wären auch kein Ausdruck einer Top-Hinrunde gewesen. Die Aufgabe, in der Rückrunde den Klassenverbleib zu sichern, wäre nicht viel einfacher geworden. Und doch lag unendlich viel Bitternis in diesem Moment in der Nachspielzeit des Heimspiels des VfB gegen den Rekordmeister aus München.

 

„Das nagt an allen“, berichtete Michael Reschke nach seinem Besuch in der Kabine und sinnierte über die mögliche Wirkung eines Remis gegen den FC Bayern, das sich der VfB mit einer starken Leistung im Grunde verdient hatte: „Jedem ist klar, was dieser Punkt für uns bedeutet hätte, das hätte eine wahnsinnige Schubwirkung gehabt.“ So blieb zwar die Gewissheit, es dem FCB zwar schwer gemacht, am Ende aber die vierte Niederlage in Folge kassiert zu haben – wieder ohne eigenen Treffer übrigens.

„Hintenraus war es ein Spiegelbild der letzten Wochen“, analysierte daher Hannes Wolf, der VfB-Trainer. Holger Badstuber, sein Abwehrchef sah es ähnlich: „Ein Synonym der vergangenen Wochen“, sei die Partie gewesen, „wir reiben uns auf, kreieren Chancen, belohnen uns aber nicht.“ Wolf meinte noch: „Das waren fiese vier Wochen.“

Wolf beklagt viele verletzte Offensivspieler

Der Fußball, erklärte der Trainer und meinte dessen brutale Seite, sei „mit aller Macht“ über seine Mannschaft gekommen. Weil da nicht nur die eigenen Unzulänglichkeiten wie beim Strafstoß von Chadrac Akolo, der müde Auftritt in Hoffenheim oder die mangelnde Cleverness in Bremen waren, sondern auch viele Verletzte, gerade in der Offensivabteilung. Alles zusammen trübt nun die Bilanz nach den ersten 17 Bundesligaspielen nach der Rückkehr ins Oberhaus – und sorgt für sorgenvolle Blicke ins neue Jahr.

„Punktemäßig mau“, bilanzierte Holger Badstuber, Wolf hatte sich zum Hinrundenende „eine andere Situation“ gewünscht, und der gegen den FC Bayern überragende Torhüter Ron-Robert Zieler sagte: „17 Punkte sind nicht so ganz das, was wir uns vorgestellt haben.“ 15 hatte der VfB vor zwei Jahren zur Winterpause, als am Ende der Abstieg stand. Das allein zeigt, das Vorsicht geboten ist in den kommenden Monaten, auch wenn Michael Reschke mit fester Stimme sagte: „Diese Mannschaft wird die Klasse halten. Dafür hat sie genug Qualität und Mentalität.“ Die Hinrundenbilanz wollte der Sportchef der Stuttgarter denn auch „nicht auf die vergangenen vier Wochen reduzieren“. Insgesamt sei man „zufrieden“ mit dem Auftreten der Mannschaft.

Der VfB ist in der Liga „total dabei“

Auch Hannes Wolf betonte mit Blick auf die 17 Hinrundenspiele, sein habe gezeigt, „dass wir inhaltlich total dabei sind“. Holger Badstuber konnte sich an „kein Spiel“ erinnern, das nicht knapp gewesen sei. Jupp Heynckes, der Trainer des FC Bayern, wunderte sich nach dem Spiel am Samstag sogar, „warum der VfB so wenige Punkte hat“. Vor allem defensiv hat sich der VfB stabilisiert und liegt im Ligavergleich bei den Gegentoren mit 21 auf Platz fünf. „Torhüter Ron-Robert Zieler, unsere Dreier-Abwehrkette und davor das Duo Gentner/Ascacibar bilden ein ganz starkes Gerüst und werden unsere Basis für den Ligaerhalt sein“, ist sich Reschke sicher. Doch tun alle Beteiligten auch gut daran, die Missstände offen anzusprechen.

Da ist zum einen die miserable Auswärtsbilanz (ein Punkt aus neun Partien). Zudem sieht es auf dem Konto der erzielten Treffer nicht viel positiver aus. Nur der Tabellenletzte aus Köln (zehn Tore) hat weniger erzielt als der VfB (13). „Unsere Tor-Bilanz stimmt nicht“, gibt Reschke zu, versichert aber: „Da werden wir uns was einfallen lassen.“ Der Sportvorstand sondiert auch nach dem geplatzten Transfer von Maximiliano Romero den Markt, dämpfte aber auch die Erwartungen: „Garantierte Torgefahr im Winter zu verpflichten, wird kaum möglich sein.“ Trainer Wolf ist Neuzugängen zwar keinesfalls abgeneigt und sagte: „Wir haben die klare Verantwortung zu schauen, was realisierbar ist und unsere Chancen erhöht, es zu schaffen.“ Der Coach hofft aber auch diejenigen Offensivkräfte, die zuletzt nicht zur Verfügung standen.

Hoffen auf die Rückkehrer

Daniel Ginczek kehrt ebenso wie Anastasios Donis (beide Muskelfaserriss) zur bereits am 13. Januar mit dem Heimspiel gegen Hertha BSC beginnenden Rückrunde zurück. Carlos Mané (bisher Reha nach Knorpelschaden) fährt zumindest mit ins Trainingslager nach Spanien. Holger Badstuber ist daher sicher: „Wir haben noch Luft nach oben.“ Weil die Anpassungsprobleme vieler Bundesliganeulinge im Kader in der Rückrunde passé sein sollen: „Wir hatten eine Entwicklungsphase, jetzt brauchen wir Stabilität.“ Dazu Konstanz in den Leistungen, die nach wie vor bei den jungen Spielern zu schwankend sind. Und noch mehr Zutrauen in die eigene Stärke.

Am Dienstag (18.30 Uhr) beginnt im Pokal-Achtelfinale also quasi bereits die Vorbereitung auf die Bundesliga-Rückrunde. Ein Sieg in Mainz, sagte Michael Reschke, würde der Mannschaft „viel Selbstvertrauen geben“. Schaden kann das mit Blick aufs neue Jahr nicht.