Bis vor kurzem hat Olaf Janßen noch den VfB Stuttgart trainiert – jetzt steht er in Diensten des kommenden Gegners St.Pauli.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Hamburg/Stuttgart - Heute hier, morgen dort – was für Cheftrainer zum Alltag des Profigeschäfts gehört, gilt für ihre Assistenten umso mehr. In der zweiten Reihe ist man für gewöhnlich nicht nur abhängig von Erfolg und Misserfolg, sondern auch von den besonderen Verflechtungen der Branche. Wer kann mit wem? Wo öffnet sich gerade ein Türchen? Und wo ist es schon wieder zu?

 

Olaf Janßen kennt die Gepflogenheiten. Er hat seit Jahren seinen festen Platz im Karussell, das ihn unlängst in Hamburg abgeworfen hat. Landungsbrücken, St. Pauli. „Es gibt schlechtere Orte zum Arbeiten“, sagt der 50-Jährige und schmunzelt. Der fünffache Familienvater ist schließlich schon rumgekommen in der Welt. Köln, Frankfurt, Bellinzona (als Aktiver), dann als Trainer München (bei 1860), Essen, Aserbaidschan (als Co von Berti Vogts), Dresden, Teheran, Stuttgart. Und jetzt Hamburg. Als Assistent von Ewald Lienen soll er den schlingernden Kiez-Club über Wasser und in der zweiten Liga halten. Was angesichts von nur zwei Siegen in der Hinrunde und mageren elf Pünktchen vor dem Start in die Rückrunde kein leichtes Unterfangen werden dürfte. Am Sonntag (13.30 Uhr) kommt der VfB Stuttgart ans Millerntor – Janßens Ex-Club. Hier assistierte er vier Spieltage lang Jos Luhukay an der Seitenlinie, ehe er interimsweise selbst für zwei Spiele die Verantwortung trug.

„Natürlich eine besondere Konstellation“

„Das ist natürlich eine besondere Konstellation“, sagt Janßen. Schließlich weiß er nur zu gut, wie man am besten die Viererkette aushebeln oder den Stürmern ein Bein stellen kann. „Klar ist das kein Nachteil“, meint der 50-Jährige. „Anderseits ist es am Ende sicher nicht kriegsentscheidend.“ Die Scouts des VfB hätten schließlich auch keine Tomaten auf den Augen.

Wenn er an seine Zeit in Bad Cannstatt zurückdenkt, kommt der Wandervogel aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. Eine tolle Zeit, ein toller Club, super Fans , erinnert sich Janßen. „Ich denke sehr gerne an die Stuttgarter Zeit zurück und bin dankbar für die Erfahrungen, die ich machen konnte.“ Vor allem natürlich mit den beiden Spielen, in denen er nach dem Rücktritt von Jos Luhukay selbst die Verantwortung trug und gegen Kaiserslautern und Braunschweig zwei Siege einfuhr..

Was ihn mit einem glatten Drei-Punkte-Schnitt rein statistisch zum erfolgreichsten VfB-Trainer vermutlich aller Zeiten macht. „Ist doch schön, dass man über einen VfB-Trainer mal was Positives sagen kann“, scherzte er damals.

Tatsächlich hätte er sich im September nicht gegen eine Festanstellung gewehrt. Allein, es kam anders. Sportvorstand Jan Schindelmeiser setzte in dem jungen Hannes Wolf auf eine frische Kraft, Janßen rückte als Scout zurück ins zweite Glied. Dies sei aber von Anfang an so abgesprochen gewesen, weswegen er keinerlei Groll hegt.Im Gegenteil: „Es lief alles blitzsauber ab. Das erlebt man in diesem Geschäft nicht immer so.“

„Der VfB gehört in die Bundesliga“

Also wird Janßen am Sonntag seinen alten Kollegen freundlich auf die Schultern klopfen – und ihnen nach den 90 Minuten weiter die Daumen drücken für das Projekt Wiederaufstieg. Denn: „Der VfB ist ein fußballerisches Schwergewicht und gehört für mich ganz klar in die Bundesliga.“ Ganz nebenbei: Eine kleine Prämie spränge für den Ex-Coach auch noch heraus.

Sein Augenmerk liegt aber fortan auf dem Klassenverbleib mit St.Pauli. Eine ähnliche schwere Aufgabe wie die des VfB. Janßen vergleicht: „Damals in Stuttgart haben wir nach dem Abstieg quasi bei Null angefangen. So ähnlich verhält es sich auch jetzt – wir haben die Wintervorbereitung intensiv genutzt und sehen die Rückrunde als Neustart.“ In einer Nach- und Nebelaktion lotste Ewald Lienen Janßen Anfang November an die Waterkant. Zu einem Zeitpunkt, als für den 259-fachen Bundesligaspieler längst klar war, dass er seie Zukunft nicht länger als Beobachter, sondern weiter im Trainergeschäft sieht.

Mutmaßungen, Janßen könnte den lange erfolglosen, gleichwohl bei den Fans sehr beliebten Lienen bald als Cheftrainer ersetzen, haben sich bis heute nicht bewahrheitet. Aber im Fußball kann ja immer alles ganz schnell gehen. Wer wüsste das besser als Olaf Janßen.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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