Nach dem 2:0-Sieg in Kaiserslautern steht der VfB Stuttgart gut da – doch Trainer Bruno Labbadia hat trotzdem seine Bedenken.    

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Wenn die Flutlichter im Stadion längst ausgegangen sind und er seinen Rede-und Antwort-Marathon im Scheinwerferlicht der TV-Kameras - von Sky, Liga Total über die ARD, das ZDF, RTL bis hin zu Sport 1 - absolviert hat, dann bügelt Bruno Labbadia ganz gerne. Und so streicht der Trainer des VfB Stuttgart oft unbewusst, aber immer wieder mit seinen Händen den gefalteten Statistikbogen glatt, den jeder Coach nach Spielschluss erhält. Unterdessen erklärt er der schreibenden Zunft die Lage des VfB.

 

Was Bruno Labbadia nach dem Spiel in Kaiserslautern zu sagen hatte, offenbarte letztlich eine deutliche Diskrepanz zwischen den positiven Zahlen in seinen Händen - und seiner subjektiven Trainersicht. "Wir müssen immer hundert Prozent Leistung abrufen, um etwas mitzunehmen", sagte der Trainer. Und weiter: "Der Grat zwischen Erfolg und Misserfolg ist bei uns noch sehr schmal. Bei uns geht es immer schnell rauf und runter."

Dabei könnte Labbadia nach dem Lautern-Spiel mit dem formalen Status quo eigentlich zufrieden sein. "Nach acht Spieltagen kann man eine erste Einschätzung abgeben, wo man steht", sagte der 45-Jährige zu Saisonbeginn. Acht Partien sind nun absolviert, und sein Team rangiert mit 13 Zählern punktgleich hinter dem Meister Dortmund auf dem siebten Platz. Für eine Mannschaft, die in der gesamten Vorrunde der abgelaufenen Spielzeit nur zwölf Punkte geholt hat, ist das nicht schlecht.

Cacaus fußballerischer Ego-Trip

Mehr noch: seit Labbadias Amtsantritt am Neckarufer hat der VfB 43 Punkte in 26 Bundesligaspielen geholt. Das reicht für internationale Ansprüche, vor allem, wenn man bedenkt, wie der Club beim Start des Darmstädters am Boden lag. Dass die Stuttgarter mit nur sechs Gegentoren die drittstärkste Abwehr der Liga stellen - auch das will Labbadia nicht überbewerten. "Wir wissen, wo wir herkommen", sagte der Trainer - denn er kennt auch die Problemfelder im Kader, die seinen Job zu einer täglichen Gratwanderung zwischen Sieg und Niederlage machen.

Da ist zunächst Cacau, der privat eine Seele von einem Mensch ist, dessen fußballerischer Ego-Trip einigen Mitspielern aber zunehmend auf den Geist geht - was auch der Trainer bereits realisiert und angemahnt hat. Nach 516 (!) Minuten ohne Torerfolg, garniert mit der entsprechenden Körpersprache auf dem Platz, hat der Nationalstürmer in Kaiserslautern mit seinem dritten Saisontor das erlösende 1:0 erzielt (52.).

Dies kommentierte der Kollege Martin Harnik, der mit dem Kapitän bereits während des Spiels mehrfach verbal aneinander geraten war, gegenüber dem Lokalradio "Die neue 107,7" so: "Er ist ein Vollblutstürmer. Wenn er selbst keine Tore schießt, dann ist er unzufrieden. Ich glaube, er lernt auch nicht mehr, dass er da auch mal mit dem Mannschaftserfolg zufrieden sein kann."

Bleibt Leno doch in Leverkusen?

Während es in der Causa Cacau also weiter brodelt, fällt die noch immer ungeklärte Torhüterfrage "Ulreich und/oder Leno?" in die Kategorie Luxusproblem. Auch wenn die ständigen Nachfragen den Trainer stets in Atem halten. "Ich möchte Bernd Leno in jedem Fall behalten. Wenn er zurückkommt, wollen wir natürlich den Konkurrenzkampf - das ist eine gute Ausgangsposition", sagte Labbadia, der als Trainer naturgemäß die Auswahl haben will.

Dennoch ist es - entgegen der ursprünglichen Erklärung - inzwischen durchaus möglich, dass der VfB Leno bei einem guten Angebot aus Leverkusen in der Winterpause abgibt. Dann hätten die wirtschaftlichen Interessen Vorfahrt bekommen. Hier hat der Manager Fredi Bobic das letzte Wort, der wie Labbadia in Lautern einen starken Sven Ulreich sah.

Im Fritz-Walter-Stadion, wo der VfB vor allem in puncto Effizienz dem Gegner überlegen war, offenbarten sich die Defizite ohnehin anderenorts, und nicht auf der Torwartposition. So spielte Shinji Okazaki erneut schwach - und Pawel Pogrebnjak lieferte bei allem körperlichen Einsatz wenig Argumente, dass er zwingend in die Startelf gehört. Gerade im Sturm vermisst Labbadia daher weiter schmerzlich den verletzten Julian Schieber, dessen Comeback aber noch nicht absehbar ist. Da der Coach keinen der acht Jungprofis, die mit dem VfB II in der dritten Liga derzeit immerhin auf Platz sieben stehen, für erstligabeständig hält, bleibt auch das Nachwuchsproblem bestehen. Daher formuliert Bruno Labbadia das Stuttgarter Saisonziel so: "Wir wollen eine stabile Saison spielen."