Der VfB Stuttgart hat sich für ein frisches Gesicht auf dem Trainerstuhl entschieden. Tim Walter kommt zur neuen Saison aus Kiel. Sportchef Thomas Hitzlsperger beweist mit dieser Entscheidung Mut, spielt aber auch ein wenig mit dem Feuer, kommentiert unser Autor Dirk Preiß.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Herkunft, Alter, Sympathie? Sollten nicht ganz ausgeklammert werden, wenn es darum geht, einen geeigneten Mann für eine große Aufgabe zu finden. Worum es im Profifußball aber vor allem geht: um Überzeugungen. Thomas Hitzlsperger und Sven Mislintat sind überzeugt – weshalb Tim Walter ab der kommenden Saison Trainer des VfB Stuttgart ist.

 

Lediglich eine Station als Chefcoach im Profifußball hat der 43-Jährige hinter sich, eine Saison lang betreute er bis zum vergangenen Wochenende den Zweitligisten Holstein Kiel. Dazu kommt ein emotionales Konfliktpotenzial: Walter verbrachte die ersten Jahre seiner Trainerkarriere beim Karlsruher SC, ist gebürtiger Badener und bringt voraussichtlich das KSC-Urgestein Rainer Ulrich als Co-Trainer mit nach Stuttgart. Diese Konstellation kann für Missstimmung sorgen – im Falle des Misserfolgs. Und: Der neue Mann tritt mit einer Spielidee an, die zwar viel Charme versprüht, zum aktuellen VfB-Kader aber so gut passt wie Marmelade zu Blutwurst. Mit Alexander Zorniger ging ein ähnlicher Plan schon einmal schief.

Der Neue gilt als Talententwickler

Zusammengenommen könnte man also festhalten: Hitzlspergers Wahl gleicht dem Spiel mit dem Feuer. Schließlich hat sich der VfB in den vergangenen Monaten als äußerst fragiles Gebilde präsentiert, das eher schlecht als recht um Stabilität ringt. Aber: Hätte diese ein erfahrener Trainer ohne Ecken und Kanten garantiert?

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Dass der Sportvorstand und sein Sportdirektor mit der Verpflichtung des meinungsstarken und streitbaren Tim Walter ins Risiko gehen, kann für den mehr und mehr sportlich identitätslosen VfB auch eine große Chance sein. Zumal dieses frische Gesicht auch als Talententwickler gilt, und der VfB diese Karte wieder zum Trumpf machen möchte. Eine aktive und attraktive Spielweise gepaart mit dem begeisterungsfähigen und treuen Stuttgarter Publikum – das klingt ebenso nach einer guten Mischung an. Nur bleibt die Frage: Ist die Zeit nach einer Saison mit über 70 Gegentoren dafür schon reif?

Viel wird vom geplanten Umbau des Kaders abhängen. Der VfB hat Tim Walter – nun braucht er noch die Mannschaft, die zu ihm passt.