Nach einem Riss der Kreuz- und Innenbänder im Knie ist Johan Audel 23 Monate lang verletzt gewesen. Am Samstag will der Franzose nun sein Comeback beim VfB II geben.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - An seinem 27. Geburtstag hat es für Johan Audel keine Blumen, keinen Sekt und auch sonst kein Geschenk gegeben. Immerhin, die Gratulationen der VfB-Profikollegen hat sich der Franzose, geboren 1983 in Nizza, an jenem 12. Dezember 2010 in der Kabine noch abgeholt. Dann ging es raus auf den Platz, wo der frisch verpflichtete Trainer Bruno Labbadia direkt nach der Vorstellung zur ersten Einheit auf den Rasen bat. Fußballer sind unter neuen Chefs besonders motiviert.

 

Für Johan Audel ist der Einstand Labbadias allerdings der Auftakt zu seiner zweiten Leidenszeit beim VfB gewesen, die seine erste mit immerhin fünf Operationen am Sprunggelenk noch bei Weitem übertreffen sollte. Die Diagnose, die den  Geburts- in einen Leidenstag verwandelte, ist nach einem Zweikampf mit dem Torhüter Sven Ulreich eine erschütternde gewesen: Riss der Kreuzbänder, der Innenbänder, Einriss des Meniskus sowie ein Knorpelschaden im Knie – so lautete das nüchterne Bulletin der Ärzte für den Außenstürmer, der es bis dahin für den VfB durch die Malaise am Knöchel in 16 von 17 absolvierten Vorrundenspielen nur auf kümmerliche 77 Bundesligaminuten gebracht hatte.

„Die letzten zwei Jahre waren hart. Und natürlich gab es Zweifel, ob es mit dem Fußballspielen überhaupt weitergeht“, sagt Johan Audel, als er nach erneuter, diesmal 23 Monate andauernder Leidenszeit nun endlich Licht am Ende des Tunnels sieht. Schließlich wird Johan Audel, wenn seine unglaubliche Pechsträhne nicht doch noch in die Verlängerung gehen sollte, am Samstag sein Comeback im Profifußball geben. Beim Heimspiel des VfB II in der dritten Liga gegen Alemannia Aachen (14 Uhr im Gazistadion) ist jedenfalls ein Platz in der Startelf fest reserviert für den 28-Jährigen. „Das ist eine sehr große Sache für mich“, sagt Audel: „Ich fühle mich fit – und bin erleichtert, dass es endlich losgeht.“

Einsätze in der dritten Liga als Schritt Richtung Bundesliga

Immerhin liegen inzwischen schmerzvolle Erfahrungen hinter dem Franzosen, die ein Fußballer seinem ärgsten Feind nicht wünscht. „Unterwegs hätte man schon mal verzweifeln können“, sagt der VfB-Teamarzt Raymond Best – denn selbst Monate nach der Operation wollte der Körper Audels die Belastungen im Alltag eines Fußballers einfach nicht standhalten. Mal hatte der flinke Linksfuß Wasser und Blut im Knie – dann streikte die Muskulatur, es zwickte mal hier und zwackte dann dort.

Also verging Monat um Monat, in dem Johan Audel den Kontakt zu den Kollegen vor allem über Begegnungen in der Reha-Welt des VfB aufrechthielt, die im Schatten der Cannstatter Kurve liegt. Das Blöde war nur: „Viele meiner Mitspieler kamen nach Verletzungen zur Reha – und alle gingen sie dann irgendwann wieder. Nur ich blieb immer da“, erzählt Johan Audel, der im Sommer 2010 für 2,5 Millionen Euro vom französischen Erstligisten FC Valenciennes an den Neckar wechselte, wo er einen Vierjahresvertrag bis 2014 unterschrieb.

„Mehr als zwei Jahre sind inzwischen vergangen, ohne dass ich beim VfB viel tun konnte“, sagt Johan Audel, der die kommenden Einsätze in der dritten Liga als Etappen in Richtung Bundesliga-Comeback sieht. Dass Audel wie der zweite Rekonvaleszent Daniel Didavi, der ebenfalls wieder im Kreise des Teams mitmischt, nach der Winterpause eine Bereicherung für die Elf von Bruno Labbadia sein kann, deutet sich bei den Trainingsspielen an: Audel ist schnell, trickreich – er besitzt ein gutes Auge und einen harten Schuss. Ein Spieler also, auf den sich die VfB-Fans bei guter Gesundheit freuen dürfen. Aber ist eine zweijährige Verletzungspause für einen Profi mittleren Alters aufzuholen?

„Für mich ist es jetzt erst mal wichtig, bei der Zweiten ein gutes Spiel zu machen“, sagt Johan Audel, der mit seiner Ehefrau Elodie die Tochter Eloane (vier Jahre) und den Sohn Aaron (1) hat. Immer wieder, erzählt Audel, dessen Eltern aus dem französischen Überseedépartement Martinique stammen, habe ihm Labbadia den Rücken gestärkt und ihm ausreichend Zeit für die Rehabilitation gegeben, als der Körper einfach nicht aufhören wollte zu streiken. „Der Coach hat mir gesagt, dass er meine Qualitäten schätzt“, erzählt der französische Patient, was nicht selbstverständlich sei: „Schließlich ist es ja sein Vorvorgänger Christian Gross gewesen, der mich geholt hat.“