Kapitän Christian Gentner ist beim VfB nicht mehr gesetzt. Doch das bringt den bald 32-jährigen Mittelfeldspieler nicht aus der Ruhe. Er nimmt die neue Herausforderung an.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Neustift - Die Erinnerung an die Kapitäne der jüngeren Vergangenheit ist beim VfB Stuttgart ein wenig verblasst, seit Fernando Meira im Jahr 2007 die Meisterschale falsch herum hoch gereckt hat. Doch Christian Gentner kennt die Ahnengalerie und weiß noch gut, wer sein Vorgänger war: Serdar Tasci. Ein gewisser Bruno Labbadia hatte dem deutsch-türkischen Innenverteidiger die Spielführerbinde im Januar 2012 von Matthieu Delpierre übertragen. Aber dann kam der August 2013 und plötzlich waren sowohl Labbadia als auch Tasci nicht mehr beim VfB – und seither steht Gentner an der Spitze der Mannschaftshierarchie.

 

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Der junge Coach Thomas Schneider beförderte damals den besonnenen Vizekapitän zu demjenigen, der das Team auf das Feld führen sollte. Fast vier Jahre lang und über neun Trainer-Engagements hinweg galt Gentner beim VfB als Fixpunkt in der Mannschaft, auch wenn das Spiel nicht immer um ihn kreiste. Von Thomas Schneider über zweimal Huub Stevens, Armin Veh, Alexander Zorniger, Jürgen Kramny bis hin zu Jos Luhukay, Olaf Janßen und Hannes Wolf, sie alle sahen in der Nummer 20 den Mann ihres Vertrauens.

Doch nun hat Gentner mal wieder eine Diskussion ereilt, die sich um seine Position dreht, auf und außerhalb des Platzes. Um die große Frage, ob der bald 32-jährige Fußballprofi nicht mehr zum unumstrittenen Teil der Mannschaft gehört. Hannes Wolf soll ihm das in einem Gespräch eröffnet haben. Sie haben sich auch ausgetauscht, über Erwartungen und Ziele. Und jetzt sitzt der Routinier während des Trainingslagers im Stubaital auf der Terrasse des Mannschaftshotels und schmunzelt: „Der Trainer kann mich doch nicht vom Konkurrenzkampf befreien. Ich hatte auch noch nie zuvor eine Stammplatzgarantie.“

Gentner muss sein Spiel justieren

Wolf hat vor wenigen Wochen öffentlich auch nur gesagt, was er intern stets betont: „Kein Spieler ist gesetzt. Alle müssen beißen, um dabei zu sein.“ So hat der Chefcoach beim Bundesliga-Rückkehrer das Herausforderprinzip geschaffen und nun muss sich der alte Leitwolf der Angriffe einer ganzen Reihe junger Hunde erwehren. Ebenezer Ofori, Dzenis Burnic, Orel Mangala, Anto Grgic oder auch Matthias Zimmermann heißen die weiteren Kandidaten für das defensive Mittelfeld. Und im offensiven Bereich ist die Konkurrenz nicht kleiner, dafür das Anforderungsprofil ein anderes als zuvor.

Tempo ist das beherrschende Element auf dem Rasen. Allerdings ist Gentner nicht langsam auf den Beinen, sein Passspiel aber nicht immer gleich blitzschnell nach vorne ausgerichtet, wie es Wolf gerne für seinen Überfallfußball haben will. „Es braucht aber auch die Spieler, die unsere Schnelligkeit nach vorne zum Tragen bringen“, sagt Gentner. Zu diesen Mittelfeldtypen, die sowohl nach hinten denken als auch nach vorne handeln können, zählt er sich. Insofern muss er sein Spiel gar nicht neu definieren, sondern ein weiteres Mal justieren.

Gentner tut das sehr bewusst, in dem er auf der Sechserposition sehr lautstark dirigiert und die absichernde Rolle in der Zentrale annimmt. „Es ist insgesamt wichtig, dass wir lauter werden und uns gegenseitig coachen. Ich erwarte auch von einem 20-Jährigen, dass er mir auf dem Platz Hinweise gibt und hilft“, sagt er. Seine persönliche Stärke, in den gegnerischen Strafraum einzudringen und auch ins Tor zu treffen, stellt Gentner dabei zurück – und sich in den Dienst der Mannschaft. „Meine Lieblingsposition wäre die sogenannte Acht, aber ich weiß gar nicht, wie oft ich diese überhaupt schon eingenommen habe“, sagt der schwäbische Allrounder.

Der VfB-Kapitän hat noch lange nicht genug

Nicht sehr häufig, da es vielleicht Gentners persönliches Pech war, dass im Laufe seiner Karriere die Mittelfeldraute immer mehr verschwunden ist. Aus der Zeit gefallen ist Gentner trotzdem nicht. Dafür ist er zu gut, wie zwei Meistertitel belegen. Und zu erfahren, was inmitten der jungen VfB-Mannschaft kaum schaden wird.

Zudem hat sich der Musterprofi zum Start der Vorbereitung – auch zum Erstaunen des Trainerteams – noch einmal mit verbesserten Fitnesswerten aus der Pause zurückgemeldet. Top-top-top würde Pep Guardiola wohl dazu sagen. Jetzt kämpft Gentner, um seinen eigenen Anspruch zu erfüllen. „Ich will auf dem Platz stehen“, sagt er. Und zwar als Führungskraft, womit er die Rolle des nicht-spielenden Kapitäns, der nur noch eine Funktion im Team erfüllt, von sich weist. 341 Bundesliga-Einsätze sind Gentner noch lange nicht genug.

VfB Stuttgart - 1. Bundesliga

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