Ein einziges Spiel hat jetzt gereicht, um dem Verein und seinen leidgeprüften Anhängern die Hoffnung zurückzugeben. Mit Thomas Schneider kommt die Begeisterung ins Spiel, die der Präsident Bernd Wahler von seinem Team auch sehen will.

Stuttgart - Der Schreibtisch ist blank poliert, der Fußboden gesaugt, der Aschenbecher geleert. Ein aufgeräumtes Präsidentenbüro wird Bernd Wahler (55) vorfinden, wenn er am Dienstag in der Früh endgültig seinen Dienst beim VfB Stuttgart antritt. Noch besser aber dürfte dem neuen Clubboss gefallen, dass auch die Stimmung sehr ordentlich ist – viel besser jedenfalls, als er es noch vor ein paar Tagen befürchten musste.

 

Am 22. Juli ist Wahler von 97,4 Prozent der anwesenden Mitgliedern zum Präsidenten gewählt worden und jubelnd auf die Bühne gerannt. Anschließend jedoch war er noch seinem Arbeitgeber Adidas verpflichtet – und musste mitverfolgen, wie sich all die schöne Aufbruchstimmung in Rekordzeit wieder verflüchtigte. Der Saisonstart ging kapital in die Hose, der Trainer Bruno Labbadia wurde entlassen – was nichts daran änderte, dass der VfB danach die Gruppenphase der Europa League verpasste.

Ein einziges Spiel hat jetzt gereicht, um dem Verein und seinen leidgeprüften Anhängern die Hoffnung darauf zurückzugeben, dass in Zukunft wieder alles besser werden könnte. Seit Monaten hat man die Mannschaft nicht mehr so begeisternd und entfesselt gesehen wie am Sonntag gegen die TSG 1899 Hoffenheim. Der berauschende 6:2-Sieg im ersten Bundesligaspiel des neuen Trainers Thomas Schneider – er war die perfekte Steilvorlage für Wahler, mit dem nach der bleiernen Zeit seines Vorgängers Gerd Mäuser auch ein neuer Geist an der Mercedesstraße in Bad Cannstatt Einzug halten soll.

Wahler will den VfB zu „einer Marke“ machen

Für den neuen Geist in der Kabine ist Thomas Schneider zuständig – und hat offensichtlich schon gründlich durchgelüftet. Nicht nur der Abwehrspieler Daniel Schwaab berichtet von „frischem Wind“ und „positiver Grundstimmung“, nachdem die Atmosphäre unter Labbadia nicht erst in den letzten Wochen immer frostiger geworden war. Nach allem was man hört, war das Verhältnis zwischen dem alten Trainer und der Mannschaft weitgehend zerrüttet. Müde waren die Spieler geworden von den ausufernden Ansprachen, dem heiligen Ernst und der Bedeutungsschwere, mit der Labbadia und sein treuer Assistent Eddy Sözer versuchten, die Wende zu erzwingen.

Auch deshalb hat es Schneider bei seinem Amtsantritt als eine seiner wichtigsten Aufgaben angesehen, den Spielern „eine gewisse Lockerheit“ zu vermitteln. Das wird ganz im Sinne Wahlers sein, der sich, wenn der erste Eindruck nicht täuscht, von seinem Vorgänger Mäuser ebenfalls ganz grundlegend dadurch unterscheidet, dass ihn ein gesundes Maß an Leichtigkeit auszeichnet.

In Schneider weiß der neue Präsident zudem einen Trainer auf der Bank, mit dem seine Ziele wohl besser erreicht werden können als mit Labbadia. Er wolle den VfB wieder zu „einer Marke“ machen, hat Wahler gesagt und die Nachwuchsarbeit als wesentlichen Baustein genannt. Vehement hat Labbadia zwar immer bestritten, er baue nicht vorbehaltlos auf die jungen Spieler aus dem eigenen Verein. Den Beweis jedoch hat der Trainer nie wirklich liefern können.

Auf Worte folgen Taten

Schneider versprach bei seiner Vorstellung, den Talenten „wieder ein besseres Standing“ verschaffen zu wollen – und ließ gleich Taten folgen. Gegen Rijeka ließ er Benedikt Röcker verteidigen, was zwar misslang, aber zumindest ein erstes Signal war. Und gegen Hoffenheim durfte der 17-jährige Timo Werner erstmals über 90 Minuten spielen – und zeigte eindrucksvoll, warum er eines der ganz großen Talente im deutschen Fußball ist. Mit seiner Unbekümmertheit und seiner Antrittsschnelligkeit riss der Angreifer die Zuschauer von den Sitzen – genau wie Alexandru Maxim (23), der eine regelrechte Leistungsexplosion zeigte.

Gegen Ende des Spiels verhalf Schneider auch noch Rani Khedira (19) zu seinem Bundesligadebüt. Das fiel nicht sehr schwer, das Spiel war längst entschieden. Selbstverständlich war es trotzdem nicht, wie das Beispiel Bruno Labbadia zeigt: 5:0 führte der VfB im Februar 2012 gegen Hertha BSC, als der Trainer Cacau und Zdravko Kuzmanovic einwechselte. Die jungen Eigengewächse Antonio Rüdiger und Raphael Holzhauser hingegen mussten auf der Ersatzbank sitzen bleiben.