Der Unmut des VfB-Sportdirektors entzündet sich an zwei Szenen aus dem Spiel gegen den FC Bayern. Unter anderem sagt Sven Mislintat zu einem Handspiel von Niklas Süle: „Einen klareren Elfmeter gibt es nicht.“

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Selbst als er eine Nacht darüber geschlafen hatte, konnte Sven Mislintat noch immer keinen Frieden schließen mit diesem 1:3 gegen den FC Bayern. Da war zunächst natürlich die spürbare Freude über den munteren und mutigen Auftritt seiner Stuttgarter Mannschaft gegen den Champions-League-Sieger. „Ich finde, dass man es als Einheit mit der Elf auf dem Platz, dem Trainerteam bis rauf zu den Jungs auf der Tribüne nicht besser spielen und vorleben kann“, sagte der VfB-Sportdirektor.

 

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Als Kaderplaner, Talentspäher und Datenanalyst hat es Sven Mislintat im Laufe seiner Karriere aber auch gelernt, auf vermeintlich kleine Details zu achten. Dinge mit großer Wirkung, die in der finalen Bewertung gerne mal durchs Raster fallen. Und so richtete der streitbare Westfale bei seiner Spielaufarbeitung den Fokus auf zwei Szenen in der Partie gegen den Tabellenführer, die man in der Bewertung der reinen Ergebnisse: VfB (ein Tor) gegen den FC Bayern (drei Tore) keineswegs übersehen dürfe – ansonsten, so Sven Mislintat, sei die Analyse des Spiels nicht komplett.

Manuel Neuer reklamiert – mit Erfolg

Der Szene Nummer eins hat der VfB-Sportdirektor sogar eine Überschrift gegeben: „Manuel Neuer bittet zum Videobeweis“, nannte Mislintat den Moment in der 39. Spielminute, als Schiedsrichter Harm Osmers den Treffer von VfB-Profi Philipp Förster zur vermeintlichen Stuttgarter 2:1-Führung zunächst anerkannte, ehe Nationaltorhüter Neuer reklamierte. Osmers sichtete anschließend – auch auf Intervention des Videoassistenten im Kölner Keller – die TV-Bilder und annullierte den Treffer. Tanguy Coulibaly hatte Neuer vor dessen Ballverlust nach einem Rückpass am Arm gezupft. Oder hatte er ihn gar gezogen? Doch darauf kam es Mislintat letztlich gar nicht an. Denn allein die Tatsache, dass sich der VAR (Video Assistant Referee) in diese Szene überhaupt einschaltete, brachte Mislintat auf die Palme. „Wenn umgekehrt Robert Lewandowski unseren Torwart Gregor Kobel am Arm zieht“, behauptete Mislintat, „dann gibt es keine Einmischung vom VAR.“

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Tatsächlich ist der VfB ein gebranntes Kind in Bezug auf den Videoschiedsrichter, dessen Eingreifen laut Reglement lediglich „nach einer klaren und offensichtlichen Fehleinschätzung des Schiedsrichters“ vorgesehen ist. Da war in der vergangenen Zweiliga-Saison etwa das Spiel in Sandhausen, als ebenfalls Schiedsrichter Osmers drei mutmaßliche Abseitstore von Mario Gomez zurückpfiff, nachdem im Kölner Keller jeweils die sogenannte kalibrierte Linie zur Abseitsermittlung gezogen worden war. Und es gab das Spiel beim SV Wehen-Wiesbaden, als es nach einem Handspiel von Hamadi Al Ghaddioui erst nach langer Diskussion zwischen Schiedsrichter Sascha Stegemann („Ich kann nichts sehen“) und Köln Elfmeter für den SVW gab. Philipp Tietz verwandelte diesen letztlich zum 2:1-Siegtreffer in der 97. Minute.

Ein Handspiel von Niklas Süle

Im Spiel gegen die Bayern gab es aber noch eine andere Szene, die für Mislintat „das eindeutigste Beispiel ist, dass die Prinzipien, die wir haben, nicht greifen“: Es lief die 72. Minute, als ein Schuss von Orel Mangala im Münchner Strafraum an die Hand von Niklas Süle ging – und von ihr ins Aus abgefälscht wurde. Der Elfmeterpfiff aber blieb aus. Für Mislintat ein weiteres Indiz für die Untauglichkeit der aktuellen Handspielregel. „Es muss einfach stringent formuliert werden. Nicht mal die Vergrößerung der Körperfläche ist stringent formuliert“, sagte der 48-Jährige. Es sei völlig egal, ob Süle etwas dafür könne oder nicht. „Die Hand von Niklas Süle ist nicht angelegt und verhindert, dass der Ball aufs Tor geht“, erklärte Mislintat. „Für mich gibt es keinen klareren Handelfmeter als diesen.“