Der VfB Stuttgart braucht nach dem Fehlstart in die Fußball-Bundesliga ein Erfolgserlebnis am Samstag gegen Hoffenheim – ansonsten droht die Stimmung bei den Fans zu kippen.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Beim Blick auf die Tabelle kann einen schon jetzt ein vielsagendes Gefühl beschleichen. Vor allem, wenn man sich die Rangliste der Fußball-Bundesliga von unten her betrachtet. Der Hamburger SV steht auf dem letzten Platz, nur minimal schlechter als der VfB Stuttgart – was ja all jene bestätigt, die der Theorie anhängen, dass die Traditionsvereine HSV und VfB in der vergangenen Saison den Klassenverbleib nur geschafft haben, weil es zwei noch miesere Mannschaften gab.

 

Jetzt fällt einem auf Anhieb allein der SC Paderborn als potenziell schwächeres Team ein – aber nur, weil der Aufsteiger über den kleinsten Etat verfügt. Doch so ganz sicher kann man sich nach drei Spieltagen nicht mehr sein. Denn vielleicht holen die Paderborner aus ihren minimalen Möglichkeiten weiterhin das Maximale heraus. Was beim VfB und auch beim HSV den Sorgenpegel zu einem frühen Zeitpunkt in der Saison schon nach oben treibt.

Die sportliche Bedeutung des Hoffenheim-Spiels

Schließlich sollte alles anders werden, vieles besser. Weshalb sich der HSV bekanntlich komplett neu ausgerichtet hat und der VfB mit dem neuen Trainer Armin Veh zumindest einen neuen Geist implantieren wollte. Doch nun laufen die Stuttgarter bereits Gefahr, dass der Veh-Effekt verpufft. Denn verpatzt der VfB das Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr) gegen die TSG 1899 Hoffenheim, dann ist es mit dem Zauber des alten Meistermachers vermutlich erst einmal vorbei.

„Wenn man einen Punkt aus drei Spielen holt und danach ein Spiel in Dortmund vor der Brust hat, dann ist das Hoffenheim-Spiel schon ein ganz wichtiges“, sagt Veh. Ruhig sagt er es. Auch mit einer gehörigen Portion Gelassenheit, weil er seinen Spielern nach dem schwierigen Start – auch das DFB-Pokalspiel in Bochum wurde schließlich verloren – mehr Mut vermitteln will.

Die emotionale Bedeutung des Hoffenheim-Spiels

Der Begegnung mit den Hoffenheimern kommt aber nicht nur sportlich große Bedeutung zu, sondern ebenso emotional. Denn nach reichlich Misserfolg und Missmut droht die Stimmung der Kundschaft zu kippen. Anders ist eine Protesterklärung der Fanvereinigung Commando Cannstatt nicht zu verstehen. Unter dem Titel „Der freie Fall – Wir haben die Schnauze voll“ haben die Anhänger am Donnerstagabend ihre Sicht der VfB-Misere im Internet veröffentlicht. Gegliedert mit den Unterpunkten Mannschaft, Sportvorstand, Präsident und Fans, endend mit dem Appell „Wir wollen keine Ausreden mehr hören, das Maß ist voll!“ – und dem Hinweis, der fast als Drohung zu verstehen ist: „Unser Geduldsfaden ist kaum noch existent! Eine weitere Zusammenhalten-Saison wird es mit uns nicht geben!“

Im Verein zeigen sie auch Verständnis für den Unmut. „Die Stimmung in der Fanszene ist sehr gedrückt. Aufgrund der schlechten vergangenen Saison ist die Geduld der Fans strapaziert, insbesondere die Heimniederlage gegen Köln hat die Fans weiter verärgert“, sagt der Fanbeauftragte Peter Reichert und ergänzt als ehemaliger Stürmer, der mit dem VfB 1984 Deutscher Meister wurde: „Ich kann die Enttäuschung der Fans nachvollziehen, andererseits weiß ich aus eigener Erfahrung, dass die Spieler die Unterstützung der Fans mehr denn je brauchen, um ein positives Resultat zu erzielen.“

Vor allem die Darbietungen im Stuttgarter Stadion wurden vom Publikum in der jüngeren Vergangenheit häufig als Zumutung empfunden. Es wurden kaum brauchbare Ergebnisse erzielt, und von einer positiven Entwicklung sehen die VfB-Anhänger ihre Mannschaft mindestens so weit entfernt wie von der Champions League.

Eine Frage der Qualität, aber auch der mentalen Verfassung, wie Veh findet. „Die Mannschaft braucht ein Erfolgserlebnis“, sagt der Trainer, „denn wenn wir ein Spiel gewinnen, dann laufen viele Dinge auch wieder einfacher.“ Im Moment steckt jedoch vor allem die Angst einen Fehler zu machen in den Trikots. Hinten wie vorne. Als Sinnbild mag da Vedad Ibisevic dienen. Der frühere Hoffenheimer Stürmer trifft nicht mehr. „Er steckt in einer schwierigen Situation. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass er dem VfB mit seinen Toren schon oft den Arsch gerettet hat“, sagt Veh.

So wächst nicht nur die Abstiegsangst, sondern geht mit jedem verlorenen Spiel auch Solidarität auf den Rängen verloren. Nicht zuletzt deshalb betont Veh: „Die Spieler müssen mit ihrem Zweikampfverhalten zeigen, dass sie mit aller Macht den Sieg wollen.“ Denn es sich mit den eigenen Anhängern zu verscherzen könnte schlimmere Auswirkungen haben als der 17. Tabellenplatz nach dem dritten Spieltag.