VfB-Coach Hannes Wolf steht vor seiner schwierigsten Aufgabe: die Mannschaft für das Derby und den Endspurt in der zweiten Liga wieder flottzukriegen.

Sport: Carlos Ubina (cu)

München - Hannes Wolf ist es heiß geworden. So heiß, dass er seine Trainingsjacke ausgezogen hat, um sich auf dem Pressepodium der Münchner Arena wohler zu fühlen – und gut temperiert auf die womöglich brennenden Fragen zu antworten. Doch dann saß der Coach des VfB Stuttgart im gleißenden Strahlerlicht und musste zunächst nichts anderes tun, als den Analysen seines Kollegen zuzuhören. Das ging so lange, dass Vitor Pereira ein wenig die Lust verlor, den Journalisten allein Rede und Antwort stehen zu müssen. Man möge sich doch auch bitte an Hannes Wolf wenden, schmunzelte der Coach des TSV 1860 München, schließlich sei dieser der Trainer eines Aufstiegsfavoriten – „und ich würde schon gern mehr über dessen Fußballfachwissen in Erfahrung bringen“.

 

Ein gewiefter Zug war das, um die Pressekonferenz nach dem 1:1 lässig auslaufen zu lassen. Nur erfahren hat der Portugiese über den VfB und Wolfs Sichtweisen nicht mehr als das, was er vorher schon auf dem Platz gesehen hatte. Die Stuttgarter bilden die Mannschaft, nach der sich in der zweiten Liga alle richten. Die Stuttgarter bilden aber auch die Mannschaft, die ein Stück weit entschlüsselt scheint und die von ihren Gegnern nun attackiert wird.

Die Schnellstarter werden zu Schlechtstartern

In München taten es die Löwen in der Anfangsphase, um sich dann zurückzuziehen und spätestens nach der 1:0-Führung vor allem ihren Käfig zu verteidigen. „Wir haben vieles im Spielaufbau gut gemacht, aber wir sind nicht mit Tempo und Intensität in die Box gekommen“, sagt Wolf über das Bestreben seines Teams, Torgefahr zu entwickeln. Es gelang nicht, und nur der Zufall wollte es, dass Marcin Kaminski noch den glücklichen Ausgleich erzielte.

Wieder in der Nachspielzeit wie schon zuvor beim 3:3 gegen Dresden und wieder lässt sich das Spiel nun vom Schluss her betrachten und die Moral einer nicht aufgebenden Mannschaft loben. Über einen „Gigantenpunkt“ jubelte die „Bild“-Zeitung noch am Montag. Aber die Perspektive muss in Stuttgart oft und schnell gewechselt werden, und schon am Donnerstag titelte das Boulevardblatt „Gruselpunkt“.

Zwischen den Extremen pendelt der VfB also. Das ist nichts Neues und lässt sich diesmal an der Frage festmachen, warum die ursprünglichen Schnellstarter plötzlich Schlechtstarter sind. Eine schlüssige Erklärung gibt es nicht. „Wir haben in der Vorbereitung nichts Grundlegendes verändert“, sagt Wolf und ergänzt: „Ich bin froh, dass ich zuvor auch schon Trainer war. Ansonsten würde das auf mich zurückfallen.“

Dennoch kommt der Coach immer öfter in die Situation, dass seine Entscheidungen kritisch hinterfragt werden. Nicht auf dem Pressepodium vor Publikum, aber anschließend in vertrauter Medienrunde. Und immer öfter ergibt sich die Situation, dass die Rätsel, die der VfB aufgibt, danach größer erscheinen als zuvor.

Nach fünf Spielen ohne Sieg tauchen Bedenken auf

Seit fünf Spielen haben die Stuttgarter nicht mehr gewonnen, und das Schlimme an dem Negativtrend sind auch die Bedenken, die auftauchen. An der Mannschaft, die vielleicht doch zu jung ist, um dem gewaltigen Erwartungsdruck standzuhalten. An dem Trainer, der vielleicht doch zu unerfahren ist, um weitere Lösungen parat zu haben. Eben am Ganzen, weil sich weder die Verantwortlichen noch die Fans ausmalen wollen, wie die Stimmung kippen könnte, wenn der VfB am Sonntag (13.30 Uhr) im Derby gegen den Karlsruher SC wieder nicht gewinnt.

„Wir werden die Spieler körperlich regenerieren lassen und mental aufbauen, damit sie gegen den KSC wieder voll da sind“, sagt Wolf. Und wenn dieses Vorhaben wieder nicht gelingt, dann könnte es dem VfB ergehen wie Union Berlin. Noch vor Kurzem war die Elf von Trainer Jens Keller die Mannschaft der Stunde, galt als stabil und stand ganz oben in der Tabelle – jetzt ist sie auf den vierten Platz hinuntergepurzelt.

Doch das wäre nur die tabellarische Momentaufnahme. Für Wolf und die Spieler geht es um mehr. Sie stehen vor einer Reifeprüfung, weil der Trainer seine Elf schärfen muss für die verbleibenden Begegnungen. Mit jungen Spielern wie Julian Green, Anto Grgic oder Benjamin Pavard, die zwar reichlich fußballerisches Talent mitbringen – aber auch die Entschlossenheit, die es im Aufstiegsrennen braucht? Mit erfahrenen Kräften wie Christian Gentner, Daniel Ginczek oder Marcin Kaminski, die um ihre Form kämpfen – aber vielleicht auch um ihre Position im Team? Mit Reservisten wie Alexandru Maxim, Tobias Werner oder Florian Klein, die für ihre vorbildliche Arbeitshaltung gelobt werden – aber mit ihrer Rolle doch Probleme haben?

Antworten auf diese Fragen zu finden und den Umgang damit zu moderieren ist schwierig, aber Teil der Herausforderung an Hannes Wolf. Er ist die Schlüsselfigur, damit der VfB gut in den Mai kommt – denn da könnten ganz heiße Tänze warten.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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