Christian Gentner hat sich beim VfB Stuttgart eindrucksvoll zurückgemeldet. Zdravko Kuzmanovic ist dagegen "sehr angefressen". 

Stuttgart - Es sind keine sehr schönen Wochen, die der VfB Stuttgart gerade erlebt. Nach nur einem Sieg in den vergangenen sieben Spielen ist der Kontakt zur Spitzengruppe der Bundesliga abgerissen. Das Mittelmaß regiert. Bei einer Niederlage am Samstag in Wolfsburg müsste der Blick sogar nach hinten gerichtet werden. Aber obwohl die Mannschaft das Feld zuletzt öfter als Verlierer verlassen hat, gibt es einen Gewinner: Christian Gentner (26). Sein Weg verläuft ohnehin antizyklisch, denn als der VfB zu Saisonbeginn zu den Gewinnern zählte, war er der Verlierer.

 

Nach dem 1:2 am siebten Spieltag gegen den Hamburger SV war Gentner außen vor und scheinbar ohne große Perspektive. Bis zum 14. Spieltag wurde er nur noch dreimal eingewechselt und brachte es dabei in der Summe auf eine Spielzeit von kümmerlichen neun Minuten. Seinen Platz im defensiven Mittelfeld besetzte Zdravko Kuzmanovic, aber nicht nur deshalb hat Gentner schwere Zeiten durchgemacht.

Bescheidener Gentner

Ein Teil der Zuschauer erkor ihn zum Sündenbock und begrüßte ihn schon mit Pfiffen, wenn er an der Seitenlinie stand, um sich auf seinen Kurzeinsatz vorzubereiten. Eine Erklärung dafür fand keiner beim VfB, zumal der in Nürtingen geborene Gentner ein Eigengewächs ist und sich immer mit dem Club identifizierte. Viele zweifelten an ihm, aber er selbst nicht. "Ich habe immer gewusst, was ich kann", sagt Gentner.

Der Trainer Bruno Labbadia und der Manager Fredi Bobic lobten sein Engagement im Training und sagten ihm, dass sie sehr wohl erkennen würden, wie nah er an der Mannschaft dran sei. Aber es spielte Kuzmanovic. Andere Spieler hätten sich vielleicht beklagt und mit einem Vereinswechsel gedroht, aber nicht Gentner. "So weit war ich nicht, weil ich es normal finde, dass es im Profigeschäft auch einmal solche Phasen gibt."

So weit, dass er das Gespräch mit Labbadia suchte, war er dagegen. Er brauche Geduld, bekam er zu hören. Also machte er sich wieder an die Arbeit. "Ich habe trotzdem versucht, der Mannschaft zu helfen - und wenn es nur darum ging, das Trainingsniveau hochzuhalten", sagt Gentner.

Dann kam der 27. November mit der Partie bei Werder Bremen. Kuzmanovic hatte einen ganz schlechten Tag erwischt, so dass Labbadia in der Halbzeitpause reagierte. Gentner kam, sah - und der VfB siegte nicht. Er verlor, aber er persönlich war ein Gewinner. "Auf diese Chance hatte ich lange gewartet", sagt er, "die Situation war unbefriedigend für mich. Deshalb konnte es nur besser werden."

"Ich habe mich hier immer wohlgefühlt."

Es wurde besser, sogar besser denn je. Beim 2:2 im nächsten Spiel gegen Köln erzielte Gentner beide Tore und danach beim 1:2 gegen den FC Bayern traf er ebenfalls wieder. Die letzten drei Treffer des VfB gehen also auf sein Konto. "Eine solche Serie ist mir noch nie gelungen", sagt er.

So kann es ruhig weitergehen, denkt er sich vor dem Spiel beim VfL Wolfsburg, mit dem er 2009 die Meisterschaft holte. Jetzt ist er aber wieder daheim beim VfB, wo sein Vertrag noch bis 2013 datiert ist. Verlängerung vermutlich möglich. "Es wurden zwar noch keine Gespräche geführt, doch dass mir der Verein am Herzen liegt, ist ja kein Geheimnis. Ich habe mich hier immer sehr wohlgefühlt", sagt Gentner, der es sich auch vorstellen könnte, nach der Karriere eine Funktion auf dem Wasen zu übernehmen. Schließlich muss nicht immer alles antizyklisch laufen. Denn richtig perfekt wäre die Lage für Gentner erst, wenn es nicht nur ihm gutgehen würde, sondern auch dem VfB.

Kuzmanovic, der Verlierer

Wer einen kleinen Einblick in die rastlose Welt des Zdravko Kuzmanovic haben möchte, der stelle sich nach dem Trainingsende der VfB-Profis an die Hofausfahrt des Clubgeländes an der Stuttgarter Mercedesstraße. Denn oft ist es ein beeindruckendes Spektakel, wenn der 24-Jährige, untermalt von lauter serbischer Popmusik, mit seinem weißen Porsche Cayenne durchstartet.

Zdravko Kuzmanovic ist eben ein Typ, für den Stillstand schwer auszuhalten ist - und das bezieht sich nicht nur auf das Autofahren. In seinem Beruf hat der Stuttgarter Mittelfeldmann schon viel von seinem umtriebigen Naturell profitiert: Immerhin hat der "Kuz", wie die Kollegen sagen, in seiner noch jungen Karriere bereits 34 Erstligaeinsätze für den FC Basel, 70 Profispiele in der Serie A für den AC Florenz und 71 Partien in der Bundesliga für den VfB absolviert. Hinzu kommen 34 Länderspiele für Serbien und eine WM-Teilnahme. Diese Leistung muss Zdravko Kuzmanovic erst mal ein anderer 24-Jähriger nachmachen.

Kuzmanovic ausgewechselt

Derzeit aber ist der am Thuner See geborene, agile Mittelfeldmann "sehr angefressen". Da macht der Schweizer Cupsieger von 2007 keinen Hehl draus. Der Grund für Kuzmanovic' schlechte Stimmungslage liegt auf der Hand: In der Partie am 27. November in Bremen, die nicht zu seinen besten zählte, ist er vom VfB-Trainer Bruno Labbadia ausgewechselt worden - und sitzt seither auf der Bank. Warum? Das ist dem agilen Fußballprofi unklar.

"Es lief in den meisten Spielen doch alles gut mit dem William und mir", findet Kuzmanovic, für den lange Zeit der etwas offensivere Part auf der Stuttgarter Doppelsechs neben William Kvist reserviert war. Dort spielt jetzt aber Christian Gentner. "Der macht seine Sache ja auch gut", lobt sogar der Ausgemusterte, der nach einer Länderspielreise nach Mittelamerika vor dem Augsburg-Spiel Mitte November erstmals von Labbadia aus der Startelf rotiert worden war - und der am Samstag im letzten Vorrundenspiel beim VfL Wolfsburg unbedingt spielen will.

"Die nächsten Spiele schaue ich mir nicht von der Bank aus an"

Weil es an dem Mittelfeldduo Kvist/Gentner derzeit aber kein Vorbeikommen gibt, hat Kuzmanovic offenbar eine andere Position im Auge: die von Tamás Hajnal, zentral hinter der Spitze. Denn lange, so viel ist schon jetzt klar, will sich der 24-Jährige nicht mit der Rolle des Ersatzmannes bescheiden. "Der Trainer weiß, was ich kann. Ich bin seit zweieinhalb Jahren beim VfB und muss mich hier nicht mehr beweisen", sagt Kuzmanovic, der im Sommer 2009 als großer Hoffnungsträger für die VfB-Rekordablösesumme von acht Millionen Euro aus Florenz gekommen war. Dann fügt der ehrgeizige Serbe hinzu: "Die nächsten sieben Spiele schaue ich mir bestimmt nicht von der Bank aus an."

Vieles, findet Zdravko Kuzmanovic, sei in seiner Stuttgarter Zeit schon jetzt nicht optimal gelaufen. "Wir konnten nicht so vorne mitspielen - und ich hatte beim VfB bisher schon vier Trainer. Das ist ziemlich viel", sagt der 24-Jährige, der ein Treuebekenntnis zum Bundesligisten über die Winterpause hinaus bewusst unterlässt. Lieber kokettiert Kuzmanovic mit seinen Möglichkeiten. Offerten von anderen Clubs? Da grinst der Serbe vielsagend. Klar ist, dass dem VfB ein konkretes Angebot für Kuzmanovic aus dem Ausland vorliegt. Von Juventus Turin, mit dem er in Verbindung gebracht wurde, ist es aber nicht. Dennoch gilt es als keineswegs ausgeschlossen, dass es den umtriebigen "Kuz" bald in die Ferne zieht.