Das Thema Abmeldung ist längst vom Tisch: Die beiden dringend nötigen Verstärkungen in der Winterpause belegen die wieder gestiegene Bedeutung der VfB Stuttgart II im Verein. Bleibt die Frage: Kommen die Korrekturen im Kader nicht zu spät?

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Marc Stein hat Erfahrung in der Bundesliga und sogar im Europapokal aus seiner Zeit bei Hertha BSC. Bis Ende Dezember war der Abwehrstratege Kapitän und Führungsfigur bei Drittligist FC Energie Cottbus. Jetzt soll der 33-Jährige den VfB Stuttgart II vor dem Abstieg aus der Fußball-Regionalliga retten. An diesem Sonntag (14 Uhr/Schlienzstadion) beginnt die Mission Klassenverbleib gegen die SV Elversberg, dem Team von Horst Steffen, Steins ehemaligem Trainer bei den Stuttgarter Kickers (2013 bis November 2015). „Er hätte sich wahrscheinlich gewünscht, dass ich gegen ihn noch nicht dabei bin“, sagt Stein mit einem Augenzwinkern.

 

Stein als Fels in der Brandung

Mit ihm hat die Mannschaft eine andere Qualität. Stein soll der Fels in der Brandung sein. Ein Leitwolf. Genauso wie Stürmer Benedikt Koep (31), den der VfB II vom Ligarivalen TSV Steinbach auf den Wasen lotste. „Auch er ist ein Mentalitätsspieler“, betont Trainer Marc Kienle.

Die beiden Winter-Neuzugänge zeigen ganz deutlich: Die Wertigkeit des VfB II im Verein ist wieder gestiegen. Ex-Sportvorstand Michael Reschke wollte die zweite Mannschaft eigentlich vor der Saison abmelden. Er konnte sich langen Diskussionen nicht durchsetzen, heraus kam zunächst so etwas wie ein fauler Kompromiss. Manche aus dem direkten Umfeld der Mannschaft nennen es auch „Verbrechen an den Talenten“, wie die neue „U21“ Ende Juli 2018 ins kalte Wasser geworfen wurde. Zumal die Stammkräfte Nicolas Sessa (zum VfR Aalen) und Alexander Groiß (zum KSC) im August 2018 auch noch den Verein verlassen durften. Ersatz kam keiner. Mit einem noch dünneren Kader und ohne erfahrene Säulen ging’s weiter.

Hitzlsperger gibt grünes Licht für Verstärkungen

„Es gab Zeiten, da konnte ich mangels Masse nur Fünf gegen Fünf im Training spielen lassen“, erinnert sich Kienle. Andere Zweitvertretungen von Bundesligisten haben da ganz andere Möglichkeiten. Im Wintertrainingslager in Spanien wechselte der Nord-Regionalligist VfL Wolfsburg II im Testspiel gegen den VfB II bei Halbzeit das komplette Team. Kienle konnte gerade mal zwei Neue bringen. Doch es hat ein Umdenken stattgefunden, und zwar schon zu einem Zeitpunkt, als Reschke noch im Amt war. Den interessierte die „Zweite“ nicht mehr sonderlich, sein Nachfolger Thomas Hitzlsperger (damals noch Chef des Nachwuchsleistungszentrum) gab grünes Licht für personellen Nachschlag. „Man hat die Notwendigkeit erkannt, dass wir Säulen in der Mannschaft brauchen, um konkurrenzfähig zu sein. Unsere junge Mannschaft braucht diese Unterstützung“, betont Kienle. Damit kein falscher Verdacht aufkommt: Durch die zwei Neuzugänge hat das Team an Erfahrung und Klasse gewonnen, die Breite des Kader ist immer noch überschaubar: Was auch daran liegt, dass die Reservisten Niklas Sommer (SG Sonnenhof Großaspach), Azad Toptik (Kasimpasa/Türkei), Hayk Galstyan und Daniele Collinge (beide Ziel unbekannt) in der Winterpause gingen.

Seit zwölf Spielen ohne Sieg

„Ich will nicht jammern“, sagt Kienle. Das wäre zumindest mit Blick auf die Ausgangsposition zu Beginn der Saison auch nicht angebracht. In Stein, Koep, Kapitän Lukas Kiefer (25) und Ex-Bundesligaprofi Tobias Werner (33) hat er nun vier erfahrene Kräfte für alle Mannschaftsteile. Drei davon dürfen gleichzeitig in der Regionalliga auf dem Spielfeld stehen. Einfach dürfte es dennoch nicht werden. Zu deprimierend war die Bilanz vor der Winterpause: Zwölf Spiele lang blieb der VfB II ohne Sieg. Der letzte Dreier datiert vom 8. September 2018 – damals hatte es ein 3:2 beim FSV Mainz 05 II gegeben. Die Kienle-Elf steht auf dem drittletzten Platz. Fünf Absteiger sind denkbar, da die SG Sonnenhof Großaspach und vor allem das Schlusslicht VfR Aalen eine Etage höher abstiegsgefährdet sind.

Stein nimmt junge Spieler in die Pflicht

„Ich habe keine Zweifel am Klassenverbleib“, sagt Marc Stein, obwohl er durchaus auch den Finger in die Wunde legt: „Im Team steckt viel Potenzial, doch für viele Spieler ist es eine Herausforderung, im Männerbereich anzukommen.“ Manche sind ihm einen Tick zu wenig wissbegierig. „Sie müssen sich selbst noch mehr fordern.“ Stein wird Hilfestellung leisten. Nicht nur in dieser Saison. Sein Vertrag läuft bis 2021 – ligaunabhängig. Was belegt: Der VfB setzt nicht nur kurzfristig auf seine zweite Mannschaft. Daran würde selbst ein Absturz in die Oberliga wohl kaum etwas ändern.

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