Beim VfB Stuttgart ist das Personal auf drei Wettbewerbe ausgerichtet, doch die Zahl der Spiele hat sich nach dem Pokal-Aus in Freiburg schlagartig reduziert. Das birgt Konfliktpotenzial.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Ein guter Plan hat schon etwas für sich. Auf Basis einer Gegenwartsanalyse wird die Zukunft skizziert, und man kann sich dann schön ausmalen, wie sich die Mannschaft entwickelt. Auch Fredi Bobic hat sich im vergangenen Frühjahr viele Gedanken gemacht, als er entschlossen darangegangen ist, die Mannschaft des VfB Stuttgart für die Einsätze in drei Wettbewerben zu verstärken. Doch schon Ende September stellt sich dem Manager des Fußball-Bundesligisten nun das Problem, dass der VfB zwar über einen üppig besetzten Kader verfügt, aber die Zahl der Spiele sich schlagartig reduziert hat.

 

Das Scheitern in der Europa League und das Aus im DFB-Pokal nach der 1:2-Niederlage beim SC Freiburg bedeuten jedoch nicht nur einen Verlust an Renommee und ein paar Millionen Euro weniger auf der Einnahmeseite. Sie bringen es auch mit sich, dass sich das Stuttgarter Team nicht wie vorgesehen international und in weiteren nationalen K.-o.-Spielen fortbilden kann – auch das war Teil des sportlichen Plans, um die Mannschaft mittelfristig auf ein höheres Niveau zu bringen.

„Das ist bitter“, sagt Bobic, „aber wir können den Kader in Zukunft ja nicht nur für die Bundesliga ausrichten.“ Schließlich hat es den Manager und den Verein viel Überzeugungsarbeit sowie einige finanzielle Anstrengungen gekostet, ein Team auf die Beine zu stellen, das über den nächsten Spieltag hinaus etwas verspricht. „Ich bin in Freiburg aber sehr entspannt gewesen, weil die Mannschaft einen super Pokalkampf geliefert hat und nur ihre Torchancen nicht genutzt hat“, sagt Bobic.

Konfliktpotenzial durch zu wenige Einsätze

Durch diesen Mangel an Effektivität hat der VfB gegen angeschlagene Freiburger zweifelsfrei eine weitere Chance verspielt und wird nicht wie in der vergangenen Saison neben dem FC Bayern als einziger deutscher Club über den Winter hinaus auf drei Hochzeiten tanzen. Die enge Personalsituation schaffte es damals bei 52 Pflichtpartien zur Dauerklage des Ex-Coachs Bruno Labbadia – und nun wird es für den Manager und vor allem den neuen Trainer Thomas Schneider darum gehen, einen Kader zu moderieren, der nicht unter Terminstress steht, aber reichlich Konfliktpotenzial durch zu wenige Einsätze in sich birgt.

Aus dieser womöglich heiklen Situation soll nun aber eine Stärke erwachsen: ein erhöhter Konkurrenzkampf. Im Breisgau schonte Schneider mit Blick auf die nächsten Wochen Timo Werner (soll nicht verschlissen werden) und Alexandru Maxim (muss konditionell noch zulegen). Andererseits wollte der Coach auch anderen Spielern die Chance einräumen, sich zu positionieren. Es hat sich jedoch gezeigt, dass Zugänge wie Konstantin Rausch und Mohammed Abdellaoue, beide aus Hannover gekommen, fußballerisch noch nicht in Stuttgart gelandet sind.

Rausch wirkte auf der linken Abwehrseite nervös und konnte auch seine Offensivqualitäten nicht einbringen. Abdellaoue fand keine Bindung zum Spiel. Alles nur eine Frage der Geduld, bis ihre Qualitäten voll zur Geltung kommen, meint die sportliche Leitung. „Vedad Ibisevic und Mohammed Abdellaoue können auf jeden Fall zusammen spielen“, sagt Schneider zu der Option mit zwei Stürmern.

Schneider gibt sich gelassen

Allerdings offenbarte sich in diesem Zusammenhang ein weiteres Problem: die schwäbischen Außenbahnen. Konstantin Rausch und Ibrahima Traoré laufen auf links ebenso ihrer Form hinterher wie auf rechts Gotoku Sakai und vor allem Martin Harnik. Es ist viel Eifer dabei, aber wenig Konstruktives. Es ist auch reichlich Tempo in ihren Aktionen, aber eben zu wenig Präzision in der Zone, wo es für die lauernden Ibisevic und Abdellaoue darauf ankommt.

So hängen die Angreifer in der Luft und warten auf brauchbare Pässe – die in Freiburg auch aus der Zentrale zu selten kamen. Auch weil es da wiederum zu langsam nach vorne ging. „Wir wollten aber nicht möglichst schnell von hinten heraus spielen“, sagt Schneider, „sondern möglichst kontrolliert.“ Das auf Ballkontrolle und Breite angelegte Spiel wirkte jedoch durchschaubar.

Die großen Veränderungen auf dem Platz sind so erst einmal nicht auszumachen und auch am Sonntag in Braunschweig nicht zu erwarten. Der VfB befindet sich in einem Reformprozess. Die neuen Automatismen müssen noch erarbeitet werden. Zeit dafür ist nun, wenn auch unfreiwillig, vorhanden. Allerdings erhöht sich auch der Druck, wenn der Fokus allein auf der Bundesliga und den damit verbundenen gehobenen Ansprüchen liegt. Für Schneider aber kein Grund zu Missmut. Der Trainer kalkuliert Rückschläge ein – was zu jedem guten Plan gehört.