Der VfB-Trainer Jürgen Kramny hat erkannt, dass die Mannschaft anfällig für späte Gegentore ist – ein Phänomen, das schon seinen Vorgängern zum Verhängnis wurde

Stuttgart - Es ist garantiert nicht so, dass Jürgen Kramny vor der Partie des VfB Stuttgart an diesem Samstag (18.30 Uhr) gegen den Hamburger SV plötzlich Sepp Herberger Konkurrenz machen will. Der Altbundestrainer war ja bekannt für seine Sprüche und sagte beispielsweise, dass ein Fußballspiel immer 90 Minuten dauert. Das stimmt. Dennoch widerspricht Kramny nun sinngemäß und erklärt, dass man eine Begegnung auch mal auf fünf Minuten reduzieren kann – in diesem Fall auf die letzten fünf Minuten am vergangenen Samstag in Köln, die den VfB-Trainer auch heute noch beschäftigen.

 

Denn da hätte die Mannschaft ihre schöne 3:1-Führung fast aus der Hand gegeben, so unkonzentriert wie sie aufgetreten ist. Darüber hat Kramny mit den Spielern inzwischen ausführlich gesprochen, auch weil es sich hier um ein schon lange schwelendes und ständig wiederkehrendes VfB-spezifisches Problem handelt. Regelmäßig wird ein Gang herausgenommen, wenn sich das Team vermeintlich auf der sicheren Seite wähnt. Das ärgert Kramny.

Mentalität der Spieler

Ihm ist klar, dass diese Leichtfertigkeit mit der Mentalität der Spieler zusammenhängen muss und eine Frage der Einstellung ist. An diesem Geist sind seine Vorgänger Armin Veh und Thomas Schneider gescheitert, auf den die Verantwortlichen beim VfB einst übrigens zunächst das gleiche Hohelied angestimmt haben wie aktuell auf Kramny. Er sei kommunikativ und treffe bei den Leuten den richtigen Ton, hieß es in den Wochen nach dem Amtsantritt von Schneider im August 2013. Dasselbe ist gerade auch über Kramny zu hören.

Zudem kommen beide aus den eigenen Reihen und wurden vom VfB als Trainer ausgebildet. Schneider begann damals überzeugend und holte aus seinen ersten fünf Bundesligaspielen elf Punkte. Die Bilanz von Kramny nach fünf Spielen lautet acht Zähler. Aber bereits im März 2014 wurde Schneider entlassen, weil nach seinem Start die Phase mit späten Gegentoren ihren Anfang nahm – Genickschläge, die auch jetzt in Köln wieder in der Luft lagen.

Vorgeschichte im Kopf

Vielleicht hatte Kramny diese Vorgeschichte im Kopf, als er sich mit seinen Spielern über ihr Verhalten in den letzten fünf Minuten unterhalten hat. „Man darf nach 85 Minuten nicht locker lassen, denn man muss wissen, dass das nicht immer gut ausgeht“, sagt er. Dazu genügt der Verweis auf das Hinspiel beim HSV, das der VfB im August 2:3 verloren hat. Die entscheidenden Gegentore fielen in der 85. und 89. Minute. Ein Spiel dauert eben 90 Minuten. Das wusste schon Herberger.