Mit einem sprichwörtlichen Fehlschuss hat die Saison für den Stuttgarter Vedad Ibisevic begonnen. Der VfB-Stürmer sichert sich einen Platz im Kuriosenkabinett neben David Beckham.

Stuttgart - Manchmal, wenn Fredi Bobic an seinem Schreibtisch sitzt und ein paar Minuten Zeit hat, surft er ein bisschen im Internet und schaut sich lustige Fußballvideos an. Herzhaft lacht er dann darüber, wie einst David Beckham bei einem Elfmeter ausgerutscht ist und den Ball meterweit über die Latte getreten hat; oder wie damals Frank Mill frei vor dem leeren Tor nur den Pfosten traf. „Da sind die verrücktesten Sachen dabei“, sagt Bobic – und es kann gut sein, dass er in diesen Kuriositätensammlungen demnächst auch den unglaublichen Fehlschuss seines Stürmers Vedad Ibisevic im Heimspiel des VfB gegen den VfL Wolfsburg finden wird.Mit etwas Abstand wird der VfB-Manager vielleicht auch darüber lachen können. Am Samstagabend jedoch, als er auf der Bank sitzt und live zuschaut, kann er nicht glauben, was er da sieht, und mit ihm knapp 50 000 Menschen im Stadion.

 

88. Minute, es steht 0:0, Elfmeter für den VfB. Ibisevic tritt an und scheitert, es ist ein halbhoher, nicht besonders platzierter Schuss, doch ist das nicht das Hauptproblem. Denn vom VfL-Torwart Diego Benaglio prallt der Ball wieder vor seine Füße, das Tor steht sperrangelweit vor ihm. „Ich hätte alles machen können“, wird Ibisevic hinterher sagen, „ich hätte auch die Hacke oder den Kopf nehmen können.“

Null statt drei Punkte

Dummerweise benutzt er für den Nachschuss den rechten Fuß und jagt den Ball mit Wucht am leeren Tor vorbei. Kurz darauf ist das Schlamassel komplett, als Wolfsburg ein Tor schießt und der VfB statt mit drei mit null Punkten dasteht. „Das sind die Geschichten, weshalb wir den Fußball lieben oder verteufeln“, sagt Bobic, „in diesem Falle verteufeln wir ihn.“

Vedad Ibisevic, der große Unglücksrabe, muss sich trotzdem keine Vorwürfe anhören, sondern darf sich der Unterstützung sämtlicher Kollegen sicher sein. Gleich nach dem Schlusspfiff klopft ihm sein Sturmkonkurrent Cacau aufmunternd auf die Schultern. Und auch die sportliche Leitung zeigt Verständnis: „Vedad hat das große Glück, dass der Trainer und ich selbst Stürmer waren und genau wissen, dass man in so einer Situation keine Zeit hat, lange zu überlegen“, sagt Bobic und erinnert daran, dass Ibisevic drei Tage vorher beide Treffer gegen Dynamo Moskau erzielt und auch in sämtlichen Vorbereitungsspielen getroffen hat: „Er hatte zuvor einen Lauf und wird daher überhaupt keine Probleme haben, mit so etwas umgehen zu können.“Wie ein gebrochener Mann sieht der 28-jährige Bosnier tatsächlich nicht aus, als er zu vorgerückter Stunde aus der Kabine kommt. Er sei sich zu sicher gewesen, er habe zu früh abgeschaltet, das sei „natürlich bitter“, erklärt Ibisevic: „Aber ich bin nicht der Erste, dem so etwas passiert, und ich werde auch nicht der Letzte sein.“ Ein Trauma, das steht fest, wird der Mann, der in seiner achtmonatigen Zeit beim VfB bereits eindrucksvoll nachgewiesen hat, dass er ein echter Torjäger ist, durch seinen Fehlschuss nicht davontragen. „Wenn es wieder einen Elfmeter gibt, werde ich wieder antreten“, sagt Ibisevic: „Und dann schieße ich den Ball ins Tor.“