Beim VfB Stuttgart ist mancher Spieler in der Nationalmannschaft seines Heimatlandes. Nur eine Einladung zum Duell der deutschen Nationalmannschaft in Paris gegen Frankreich hat niemand bekommen. Warum hat der VfB beim Kampf um deutsche Talente das Nachsehen?

Stuttgart - Jetzt sind sie wieder ausgeschwärmt. Nach Belek ist Tamás Hajnal geflogen, wo er mit der ungarischen Nationalelf auf Weißrussland trifft; Vedad Ibisevic spielt mit Bosnien in Ljubljana gegen Slowenien. Und gar bis in ihre japanische Heimat mussten Gotoku Sakai und Shinji Okazaki reisen, um sich mit der Auswahl Lettlands zu duellieren. 13 A- und U-Nationalspieler des VfB haben sich zu Länderspielen aufgemacht, fünf weitere mussten verletzt absagen.

 

Nur eine Einladung zum Duell der deutschen Nationalmannschaft in Paris gegen Frankreich hat niemand bekommen.

„Alle wollen die deutschen Spieler“

Es ist seit einiger Zeit das erklärte Ziel jedes Bundesligisten, möglichst viele deutsche Spieler in seinen Reihen zu haben und bei der Suche nach neuem Personal ebensolchen den Vorzug zu geben. Das erleichtert die Integration in der Mannschaft und fördert die Identifikation der Fans. Der VfB ist da keine Ausnahme. Auch der Manager Fredi Bobic betont immer wieder, dass man verstärkt auf junge deutsche Spieler setzen wolle. Die Umsetzung dieses Vorhabens allerdings gestaltet sich ganz offensichtlich schwierig – zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft eine große Lücke.

„Alle wollen die deutschen Spieler haben“, sagt Bobic. Borussia Dortmund ist so etwas wie der Vorreiter dieser Entwicklung. Neben einem polnischen Block setzt der deutsche Meister fast ausschließlich auf einheimische Spieler; den gleichen Weg geht Leverkusen und verstärkt sich konsequent mit nationalen Talenten. Zehn Profis mit deutschem Pass standen am Sonntag in der Startformation der Werkself gegen Dortmund (2:3), während die Borussia immerhin sechs DFB-Spieler aufbot.

Der VfB hat den Anschluss verloren

Auch der FC Bayern schaut sich mittlerweile zunächst im Inland um. Der Mainzer Verteidiger Jan Kirchhoff (22) steht als Neuzugang für die neue Saison fest; das europaweit umworbene Supertalent Leon Goretzka (17) vom VfL Bochum soll der Nächste sein. Mit stark ausgeprägtem deutschem Schwerpunkt marschieren die Bayern, Dortmund und Bayer Leverkusen in der Bundesliga vorneweg.

Der VfB ist Zwölfter und hat nicht nur in der Tabelle, sondern auch beim Kampf um die größten einheimischen Talente den Anschluss verloren. Unter den 14 Spielern, die der Trainer Bruno Labbadia beim 1:3 am Samstag in Düsseldorf eingesetzt hat, waren in Sven Ulreich, Serdar Tasci und Christian Gentner nur drei Deutsche. Insgesamt beschäftigt der Verein Spieler aus 13 Nationen und vier Kontinenten.

Es wäre ungerecht zu behaupten, der VfB habe eine Söldnermannschaft. Zu den Legionären zählen der Österreicher Martin Harnik oder der Türke Tunay Torun, beide in Hamburg geboren, ebenso wie Tamás Hajnal oder Vedad Ibisevic, die schon lange in Deutschland spielen und die Sprache perfekt beherrschen. „Das Team hat einen guten Geist und macht es Neuzugängen leicht, sich zu integrieren“, sagt Labbadia.

Der VfB hat zuletzt vor allem Legionäre verpflichtet

Gerne verweist der Verein auch auf seine Nachwuchsarbeit und die vielen Talente, die in den U-Mannschaften des DFB aktiv sind. Umso mehr irritiert es viele, wie der VfB in der jüngsten Transferperiode agiert hat. In dem Brasilianer Felipe, dem Italiener Federico Macheda und dem Rumänen Alexandru Maxim hat der Club drei weitere Legionäre verpflichtet. Sie gelten als weithin unbekannt und sprechen so gut wie kein Wort Deutsch. In der Wintertransferperiode, sagt Bobic, „laufen nun einmal Dinge, die vielleicht erst mal nicht logisch erscheinen, am Ende aber logisch sind“.

Manche fühlen sich trotzdem an die späten 1990er Jahre erinnert, als Spieler namens Mitko Stojkovski, Sasa Markovic oder Srgjan Zaharievski dazu beitrugen, dass sich die Fans in Scharen abwendeten. Auch jetzt macht sich zunehmende Gleichgültigkeit breit. Sie wird befeuert, wenn auf dem Platz Spieler stehen, die kaum einer kennt und von denen niemand weiß, ob sie in der nächsten Saison auch noch da sind. Die besten Zeiten, daran erinnern sich die Fans mit Wehmut zurück, erlebte der VfB immer dann, wenn er auf die eigene Jugend setzte.

In Düsseldorf spielte die Wolfsburger Leihgabe Felipe, während das Eigengewächs Antonio Rüdiger auf der Bank saß. Auch der 19-Jährige hat sich nun vorübergehend verabschiedet, mit der U 21 spielt er morgen in Italien. Er gilt als eines der größten Verteidigertalente in Deutschland.