Beim Spiel des VfB Stuttgart gegen Eintracht Braunschweig überzeugte Benjamin Pavard. Nun bekommt der Franzose erneut die Chance sich in der Innenverteidigung zu beweisen – beim Spiel gegen den VfL Bochum.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Die Eltern von Benjamin Pavard kennen den Weg schon ziemlich gut. Schließlich setzen sie sich seit vergangenem September zu jedem Heimspiel des VfB Stuttgart in ihr Auto und fahren aus der Gegend von Lille in die Schwabenmetropole. 600 Kilometer, knapp sechs Stunden auf den Straßen unterwegs. Alles, um den Sohn spielen zu sehen. Oft genug haben sie von der Tribüne aber nur traurig nach unten geschaut – um ihren noch traurigeren Benjamin auf der Bank sitzen zu sehen.

 

Doch an diesem Freitag können die Pavards mit einem guten Gefühl in die Mercedes-Benz-Arena kommen. Der französische Innenverteidiger wird spielen. „Da muss man nicht herumpokern“, sagt der Trainer Hannes Wolf, der es ohnehin „krass“ findet, dass der 20-Jährige in der Rückrunde bislang hinten anstehen musste. Denn es gab ja einen, der seinen Part sehr solide spielte: Marcin Kaminski.

Nun ist der Mann aus Posen aber nach der Gelb-Roten Karte in Braunschweig (1:1) gesperrt und Pavard gegen den VfL Bochum endlich drinnen. Endlich ist er auch wieder innen angelangt, da Pavard bei seinen bisherigen zehn Zweitligaeinsätzen im Trikot mit dem Brustring auf der rechten Abwehrseite und im defensiven Mittelfeld aushalf.

Pavard versucht spielerische Lösungen zu finden

Wie Wolf sieht sich Pavard allerdings im Abwehrzentrum am besten aufgehoben. „Ich bin heiß darauf zu spielen“, sagt das Abwehrtalent, das sich vor allem nach seiner guten Wintervorbereitung ärgerte. Zwei kleinere Verletzungen warfen ihn zurück, und sie hatten in seinem persönlichen Fall größere Auswirkungen: „Marcin hat gut gespielt, und die Mannschaft hat gewonnen“, sagt Pavard, der so über den Status der Nummer drei in der Innenverteidigung zunächst nicht hinauskam, zumal Kaminski und Timo Baumgartl harmonierten. Und die Frage, wer zu wem passt, ist ja gerade im Abwehrzentrum nicht unerheblich.

Jetzt ist Pavard aufgerückt und der Auftrag des Trainers an die aufstrebende Sicherheitskraft eindeutig. „Er soll sehr klar spielen“, sagt Wolf. Was im Falle des Franzosen eine besondere Note beinhaltet, denn die Nummer 21 des VfB neigt, wie sie selbst betont, zu spielerischen Lösungen. Als Bruder Leichtfuß wird er mit seiner Eleganz am Ball deshalb manchmal wahrgenommen. Als einer, der dreist genug ist, den Ball im eigenen Strafraum über den heranstürmenden Gegner zu lupfen und dann lässig mit dem Außenrist weiterzupassen.

„So ein Spiel ist mehr wert als alle meine Worte“,

„Der Trainer möchte aber nicht, dass wir beim Spiel von hinten heraus zu viel Risiko gehen“, sagt der Lockenkopf. Angepasst hat er sich deshalb, obwohl er das feine Spiel beherrscht und ihn das perspektivisch über andere Innenverteidiger hebt. Doch beim Kampf in Braunschweig gab es nach seiner Einwechslung keinen fußballerischen Firlefanz. Konsequent ging Pavard zu Werke und wies hinterher die beste Zweikampfquote der Stuttgarter auf.

„So ein Spiel ist mehr wert als alle meine Worte“, meint Wolf über die Erfahrungen in der Eintracht-Arena. Immer wieder hat der Trainer nicht nur ihm erklärt, wie er sich zu verhalten habe, um seine Kernkompetenz als Verteidiger zu stärken. Dabei versteht Pavard immer besser, was Wolf von ihm will. Auf dem Platz, aber ebenso sprachlich. „Die wichtigsten Wörter verstehe ich schon auf Deutsch“, sagt der junge Abwehrspieler, der in Peter Reichert einen Dolmetscher zur Seite gestellt bekommen hat. Allerdings ist der ehemalige VfB-Profi und Fanbeauftragte mehr Ansprechpartner als reiner Übersetzer. Er hilft, wie sein Landsmann Matthieu Delpierre, gerade wenn es nicht so läuft. „Wir stehen in regelmäßigem Kontakt, und als ich nicht zum Einsatz kam, hat er mich ermutigt dranzubleiben“, sagt der U-21-Nationalspieler über den Meisterspieler von 2007.

Pavard könnte zum teuersten Transfer werden

Zuletzt gab es aber vor allem Lob, und nun eröffnet sich die Chance, den Stellenwert im Team dem Marktwert anzunähern. Auf 3,8 Millionen Euro wird sich die Ablöse an den OSC Lille belaufen, wenn der VfB aufsteigt. Der teuerste Transfer ist Pavard damit, gefolgt vom zweiten Franzosen in den hinteren Reihen: Jérôme Onguéné. 2,5 Millionen plus Aufschlag kostet der 19-Jährige vom FC Sochaux, der in der Innenverteidiger-Gilde der Herausforderer ist und hofft, aber auch gegen Bochum nicht zum Kader gehört. Pavard ist da einige Schritte weiter: Er will, dass seine Eltern diesmal auch mit einem guten Gefühl zurück in Richtung Lille fahren.