Ein 4-4-2-System, dazu viele routinierte Spieler in der Startelf – das war das VfB-Erfolgsrezept der Vorsaison. Doch mit den Neuen um Daniel Didavi soll künftig auch spielerisch mehr gehen.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Man soll ja Testspiele wie das des VfB zum saisonalen Aufgalopp am Freitagabend beim Fünftligisten SSV Reutlingen nicht überbewerten. „Wir haben viel ausprobiert und durchgemischt – und lernen die Spieler unter unserer Regie immer besser kennen. Für eine Bewertung ihrer Leistung ist es aber nach zwei Trainingswochen zu früh“, sagte der VfB-Trainer Tayfun Korkut.

 

Doch erstmals ließen die Stuttgarter beim 4:0-Erfolg durch Tore von Dennis Aogo, Anastasios Donis, Chadrac Akolo und Marcin Kaminski ja bei dieser Gelegenheit ihre neuen Pferdchen unter Wettkampfbedingungen aus dem Stall. Und so darf nach dem ersten Auftritt der Neuzugänge Pablo Maffeo, Marc Oliver Kempf, Borna Sosa, David Kopacz, Gonzalo Castro und Daniel Didavi (der gerade erst verpflichtete Stürmer Nicolas Gonzalez war an der Kreuzeiche nur als Zuschauer dabei) im Trikot mit dem roten Brustring schon ein wenig über künftige Zugkraft und Variabilität der Stuttgarter spekuliert werden.

Einige Neuzugänge benötigen noch Zeit

„Ich bin mir sicher, dass wir uns verstärkt haben“, wagte auch der Kapitän Christian Gentner nach dem Abpfiff einen ersten Ausblick. „Die Konkurrenzsituation hat sich verschärft. Die Neuen werden uns helfen – die einen früher, die anderen eben etwas später.“ Denn während Gonzalo Castro („Als Mitspieler ist er mir viel lieber wie in den vergangenen Jahren als Gegner“, sagte Gentner) mit der Erfahrung von 358 Bundesligaspielern und dem klaren Anspruch auf einen Stammplatz zum VfB gekommen ist, werden Spieler wie Gonzalez, der Linksverteidiger Borna Sosa oder der 19 Jahre junge, in Reutlingen engagiert aufspielende Ex-Dortmunder David Kopacz womöglich erst „auf Strecke helfen können“, wie der Manager Michael Reschke sagt: „Auch Nico Gonzalez braucht etwas Zeit und wird nicht gleich wie ein Komet über dem Stuttgarter Fußballhimmel auftauchen.“

Dennoch ist bei den Cannstattern viel von einer neuen Flexibilität die Rede. Die Arbeit an dieser spielerischen Fortentwicklung, die den VfB mittelfristig wieder in den Europapokal bringen soll, zaubert auch dem Trainer Tayfun Korkut sichtlich gute Laune ins Gesicht. Beim Bundesliga-Siebten der Vorrunde, so hat es den Eindruck, soll es jetzt auch fußballerisch vorangehen.

Denn anders als in der sehr erfolgreichen Rückrunde der Vorsaison, als man vor allem dank reichlich Erfahrung in der Startelf mit fast stets derselben VfB-Startelf hinter dem FC Bayern als Zweiter die Ziellinie passierte, soll es in der kommenden Runde im VfB-Spiel variabler zugehen. Also ist beim VfB nun etwa auch vom Abwehrspiel in der Dreierkette die Rede, wozu man dank der Verlängerung von Holger Badstuber auch ausreichend geeignetes Personal besitzt – vorausgesetzt, Benjamin Pavard bleibt. Überdies soll künftig nicht mehr fast ausschließlich im 4-4-2, sondern etwa auch im 4-2-3-1 gespielt werden. „Ein System muss sitzen – dazu werden wir aber auch an Alternativen arbeiten“, sagt Korkut. Also befinden sich unter den Spielern, die in dieser Transferperiode neu an Bord gekommen sind, auch einige, von denen man sich sofort eine Verbesserung des Status quo verspricht.

Ein Fünftligist ist kein echter Härtetest

Dazu zählt neben dem ehrgeizigen und ligaerfahrenen Ex-Freiburger Kempf auch der kleine Kraftprotz auf der rechten Abwehrseite: Pablo Maffeo. Der Neuzugang von Manchester City, für dessen Dienste sich der Club von Starcoach Pep Guardiola nicht ohne Grund eine Rückkaufoption gesichert hat, legte in Reutlingen mit ein paar Flankenläufen gleich gut los. Zwar ist ein Fünftligist für Maffeo kein echter Prüfstein – doch es zeigte sich: Große Berührungsängste kennt der Spanier keine.

Bleibt neben Routinier Castro, der in Reutlingen in Halbzeit zwei eine mit ein paar Spielern aus der zweiten Mannschaft verstärkte Elf anführte, noch der Wolfsburg-Rückkehrer Daniel Didavi. „Dida kann etwas ins Spiel bringen, das in der letzten Saison bei uns nicht immer da war“, sagte der Kapitän Gentner – und meinte damit auch die kreativen Momente, denn während der VfB mit lediglich 36 Gegentoren und zwölf Zu-null-Spielen in der Vorsaison hinten fast konstant stabil stand, war sein Offensivspiel zu selten zum Zungeschnalzen. „Er besitzt ein gutes Auge, gute Standards und ist durch seinen Schuss sehr torgefährlich“, lobte Gentner Didavi weiter.