Bruno Labbadia wird beim Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg Trainer-Nachfolger von Martin Schmidt. Seine Referenzen: Erfolgreiche Arbeit mit dem VfB Stuttgart und dem Hamburger HSV. Seine Mission: Klassenverbleib.

Stuttgart - Der Aufstieg in die Kreisklasse A rückt immer näher. Auf Platz zwei liegen die Nestwerk Allstars, nur einen Punkt hinter Paloma 4. Ausgerechnet vor Beginn der Rückrunde jedoch gibt es ein gewaltiges Problem: Der frühere Nationalstürmer, der die Truppe sozial benachteiligter Jugendlicher seit Saisonstart hin und wieder in die Geheimnisse des Toreschießens einweihte, hat von jetzt an keine Zeit mehr. Seit Dienstag ist er nicht mehr selbst ernannter „Co-Co-Co-Trainer“ in der Hamburger Kreisklasse B, sondern wieder Chefcoach in der Bundesliga.

 

Bereits der dritte Trainer der Saison

Knapp 17 Monate nach seiner Entlassung beim Hamburger SV hat Bruno Labbadia (52) bis 2019 beim VfL Wolfsburg unterschrieben. Nach Andries Jonker (im September entlassen) und Martin Schmidt (am Montag zurückgetreten) ist der frühere Coach des VfB Stuttgart bereits der dritte Trainer in dieser Saison, der sich daran versucht, den taumelnden VW-Club wieder in die Spur zu bringen. Sein einziger Auftrag: der Klassenverbleib. Bereits am Dienstagnachmittag stand Labbadia mit   seiner neuen Mannschaft erstmals auf dem Trainingsplatz.

Nach Robin Dutt, vergangene Woche im Eilverfahren vom Zweitligisten VfL Bochum verpflichtet (und mit einem 0:1 in  Heidenheim gestartet), ist damit ein zweiter Trainer mit VfB-Vergangenheit als  Feuerwehrmann im deutschen Profifußball aktiv.

Mit Schimpf und Schande waren beide einst aus der Stadt gejagt worden – zumindest im Falle Labbadia haben manche Kritiker längst Abbitte leisten müssen.

Zwischen 2010 und 2013 auf der VfB-Bank

Mehr als zweieinhalb Jahre saß Labbadia zwischen 2010 und 2013 auf der VfB-Bank, führte die Stuttgarter ins Pokalfinale und in die Europa League – und bekam trotzdem immer vermittelt, dass doch eigentlich viel mehr möglich sein müsste. Dass es in der Realität zu viel weniger reichte, wurde erst deutlich, als Labbadia nicht mehr da war. Knapp drei Jahre und fünf Trainerwechsel später stieg der VfB im Mai 2016 in die zweite Liga ab.

Ein paar Monate später war auch Bruno Labbadia wieder arbeitslos, obwohl er den Hamburger SV bei seinem zweiten Engagement erst auf wundersame Weise vor dem Abstieg bewahrt und im Jahr darauf auf einen soliden zehnten Platz geführt hatte. Dass es nach einer Trennung von Labbadia erst so richtig bergab geht, müssen seither auch die Hamburger auf schmerzhafte Weise erkennen. Nach Markus Gisdol kämpft nun Bernd Hollerbach verzweifelt gegen den Absturz – ein inzwischen aussichtslos erscheinendes Unterfangen. Es gibt nicht wenige rund um den HSV, die Labbadia noch immer hinterhertrauern.

Der Trainer hätte also genügend Gründe gehabt, seine Genugtuung zum Ausdruck zu bringen – zumindest öffentlich hat er das nie getan. Und er hat es sich auch stets verkniffen, sich darüber zu beschweren, dass er auf dem Trainerkarussell zunehmend von den jungen sogenannten Konzepttrainern verdrängt wurde. Stattdessen nutzte Labbadia die freie Zeit, um sich bei RB Leipzig und Tottenham Hotspur fortzubilden oder sich um sein Familiendomizil in Hamburg-St. Georg zu kümmern, eine ehemalige Werkstatt, die Labbadia mit Liebe zum Detail zu einem Loft im italienischen Stil hat umbauen lassen.

„Ich fühle mich gut und ausgeruht“

Geduldig wartete er auf seine nächste Chance – nun ist sie gekommen. Im Kampf gegen den Abstieg sind auch in Wolfsburg keine Experimente oder Konzepttrainer mehr gefragt, sondern Erfahrung und harte Arbeit. „Ich fühle mich gut und ausgeruht und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit“, sagt der neue Trainer.

Bruno Labbadia und der VfL Wolfsburg, das ist so etwas wie Liebe auf den dritten Blick. Schon Ende 2016 stand der Trainer unmittelbar vor der Unterschrift – bis Valérien Ismaël mit 3:0 in Freiburg gewann und doch noch weitermachen durfte. Auch nach der Entlassung von Andries Jonker in dieser Saison war Labbadia ein heißer Kandidat – doch fiel die Wahl auf Martin Schmidt, was sich rasch als nächstes Missverständnis herausstellte. Jetzt ist Sportchef Olaf Rebbe heilfroh, „dass wir Bruno Labbadia für den VfL gewinnen konnten“.

Es ist eine Konstellation, von der beide Seiten profitieren könnten. Wolfsburg bekommt einen Trainer, der genau weiß, wie der Abstiegskampf funktioniert. Und Labbadia bekommt einen Verein, bei dem er endlich auch einmal langfristig etwas aufbauen könnte. Am nötigen Geld jedenfalls fehlt es dem VW-Club nicht. Den nötigen Ehrgeiz bringt Bruno Labbadia mit.