Sommerhitze und Ostwind lassen an der Nordseeküste in den Niederlanden eine gefährliche Strömung entstehen. Vier Menschen sind dadurch ertrunken.

Korrespondenten: Helmut Hetzel (htz)

Den Haag/Scheveningen - Massenhaft strömen die Menschen in diesen heißen Sommertagen an die Strände. Auch in den Niederlanden, wo der Bade- und Kurort Scheveningen vor den Toren Den Haags total überlaufen ist, weil vor allem außer den einheimischen Gästen viel mehr deutsche und belgische Touristen kommen. „Normalerweise wären wir jetzt in Spanien oder in Italien am Strand. Aber wegen der Corona-Pandemie haben wir uns dieses Jahr entschlossen, nach Scheveningen zu fahren, weil wir nicht fliegen wollten“, berichten zwei deutsche Jugendliche in Kölner Dialekt bei einem kühlen Bier in Scheveningen am Strand.

 

Parkplätze sind kaum zu finden. Auch die vielen „fietsenstallingen“, die Fahrrad-Parkplätze, sind voll. Wer mit dem Auto am vergangenen Wochenende nach Scheveningen fuhr und nach einem Parkplatz suchte, der musste bis zu 90 Minuten warten, um in ein Parkhaus fahren zu können. Wenn vorher nicht die rote Ampel aufleuchtete: voll besetzt. Endlich am Strand angelangt, locken die kühlenden Fluten der Nordsee zu einem erfrischenden Bad. Aber die Hitzewelle und der Ostwind verwandeln die Nordsee in eine Mordsee.

Baden ist derzeit lebensgefährlich

Vier Menschen sind am vergangenen Wochenende an der niederländischen Nordseeküste ertrunken, zwei davon in Scheveningen. Zwei Männer im Alter von 24 und 28 Jahren. Von Hoek van Holland bei Rotterdam über Scheveningen, Noordwijk, Katwijk bis hoch nach Nordholland zum Badeort Zandvoort weht nun die warnende rote Flagge am Strand. Das heißt: Baden und vor allem das Schwimmen ist gefährlich. Lebensgefährlich. Denn der vom Land kommende Ostwind treibt Schwimmer unwillkürlich raus in die Nordsee.

„Wir raten allen Badegästen an, höchstens bis zu den Knien ins Wasser zu gehen und nicht zu schwimmen“, warnt die Rettungsbrigade. „Am vergangenen Wochenende haben wir Dutzende Menschen gerettet und aus dem Wasser geholt. Alleine hätten sie es nicht mehr geschafft, zurück an den Strand zu kommen“, sagt ein Rettungsschwimmer.

Der Rippstrom zieht Schwimmer ins Meer

Bei Ost- und bei Nordwind entsteht eine sehr gefährliche Strömung an der Nordseeküste. Das Wasser strömt ständig zurück und hinaus in die Nordsee. Brandungsrückstrom oder Rippstrom nennt das die Rettungsbrigade. Man wird dann von dieser Strömung regelrecht hinaus in die Nordsee gesogen.

Erst im Mai dieses Jahres sind fünf Menschen in Scheveningen ertrunken. Es waren erfahrene Rettungsschwimmer. Sie gingen trotz dieser gefährlichen Strömung ins Wasser – und kamen nicht mehr lebend heraus.

Dazu erregte ein brutaler Vorfall von der See Nieuwe Meer vor den Toren Amsterdams Aufsehen. Dort wurde vor den Augen der Badegäste am vergangenen Wochenende ein 24-jähriger Mann von einem bisher unbekannten Täter kaltschnäuzig exekutiert, als er sich am Strand sonnte. „Der Mörder rannte schnell weg. Er hat meinen Sohn umgeschubst. Ich habe ihm direkt in die Augen geschaut“, berichtet eine Augenzeugin, die nicht namentlich genannt werden will, weil sie nun um ihr Leben fürchtet. Die Polizei fahndet nach dem Schützen. Möglicherweise war der Mord am See wieder eine Abrechnung im Amsterdamer Drogenmilieu, das für seine Brutalität bekannt ist.