Es war der meist herbeigesehnte Surffilm der letzten Jahre: "View from a blue Moon" – von und mit Surfgott John John Florence, der nicht viel sagt und lieber die beeindruckenden Bilder sprechen lässt. Es gelingt, das Wellenreiten neu zu inszenieren. Am Ende ist es aber vor allem eines: ein Surffilm für Surfer.

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

Stuttgart - Ein lang herbeigesehnter Surffilm, ausverkauftes Haus und eine Zusatzvorstellung, die mehr als nötig war: Das Delphi Arthaus Kino platzt am Montagabend aus allen Nähten, der Run auf "View from a blue Moon" ist unfassbar, aber nicht unerwartet groß. Schon eine halbe Stunde vor Filmbeginn herrscht großer Andrang, die Aufregung ist den Besuchern ins Gesicht geschrieben. Unter ihnen hauptsächlich Brettsportbegeisterte, die ihre Boards später für eine knappe Stunde am Saalrand parken. Da hat die HHonolulu-Events-Crew, die die sechs Deutschland-Premieren organisiert, den Nerv der Stuttgarter mehr als getroffen – vielleicht auch, weil der Sommer und damit Meer, Strände und ein meist wolkenloser Himmel meilenweit entfernt liegen. Kein Wunder also, dass der Film vor allem eines weckt – Fernweh. Und das schafft „View from a blue Moon“ von der ersten Minute an. Gerne wäre man selbst an einem dieser Orte wie Hawaii, wo John John Florence, um den es hauptsächlich geht, geboren und aufgewachsen ist – „also known as Paradise“, heißt es im Vorspann.

 

Von Kindesbeinen an

Gezeigt werden Bilder seiner Kindheit, wie es ihn mit seinen Brüdern schon von Anfang an raus aufs Meer zog – das Surfbrett, das ihnen augenscheinlich in die Wiege gelegt wurde, immer unter den Arm geklemmt. Kein Wunder bei einer Surferin als Mutter. Und auch sein Nachbar kann sich sehen lassen: der König der Wellen, Kelly Slater – seit Jahren einer der besten und bekanntesten Surfer weltweit. Es herrscht ein lockerer Umgang zwischen den Kollegen, obwohl schnell klar wird, auch dem Laien, dass mit John John echte Konkurrenz für Kelly herangewachsen ist. Denn der 23-Jährige gilt als Surftalent schlechthin, das Meer ist sein Zuhause, die Wellen sein Ventil. Bereits mit fünf Jahren stand er auf dem Surfbrett, schnell hatte er zahlreiche Sponsoren, als jüngster Surfer ever nahm er am Vans Triple Crown of Surfing-Wettbewerb teil. Kelly äußerte sich schon zu dieser Zeit so über ihn: „John John wird irgendwann die Wellen am North Shore besser kennen als je ein Surfer zuvor.“ Denn Surfen ist sein Leben. John John reitet die Wellen, meist in die Nacht hinein, als ob es kein Morgen gäbe, weil es mehr ist als ein Sport, eine Leidenschaft, ja fast schon eine Lebenseinstellung – das wird schnell deutlich. Vor allem auch bei den Zitaten, die immer wieder eingeblendet werden: „I always dream of home and pipeline. This is, where I grew up, this is, where I want to be.“

Die perfekte Welle

Und dann nimmt der von der Sonne gebleichte Blondschopf einen mit auf die Reise. Es geht nach Südafrika, Brasilien und Australien, wo er die besten Spots mal eben so runtersurft. Untermalt von sehr lauter, ausdrucksstarker Musik – Soundmäßig hat man sich wirklich ausgetobt – wird einem bewusst, was für eine besondere Naturgewalt das Meer ist. Und wie John John die perfekte Welle nimmt und locker lässig absurft – als gäbe es nichts Leichteres auf dieser Welt – beeindruckt fast noch mehr. Aber es sind eben auch immer wieder die gleichen Bilder, die wohl nur wahre Surf-Junkies am Ende noch aus ihren Sitzen reißen. Trotzdem fällt dabei positiv auf, dass gerade das „Immer Gleiche“ versucht wurde mit verschiedenen Perspektiven auszugleichen und das wirklich gut gemacht. Vogel- trifft auf Froschperspektive: Es wurde aus dem Hubschrauber gefilmt, ebenso unter Wasser, in Zeitlupe und Zeitraffer und das alles in 4k (einem digitalen High-Definition-Video-Format, das in etwa der vierfachen HDTV-Auflösung entspricht), was es so noch nie gab und tief beeindruckt. Man ist unter anderem gefesselt vom Anblick dicker Regentropfen, die ganz langsam an John Johns Gesicht herunterplätschern oder einem verschärften Ritt durch die Tube, der unter Wasser gefilmt wurde. Als wäre man hautnah dabei – herrlich. Dahinter stecken unter anderem auch die Filmemacher Brain Farm, die schon mit ihrem Snowboardfilm “Art of Flight” für Begeisterung sorgten. Und auch John Johns Herz schlägt für die Kunst, seine zweite große Leidenschaft ist die Fotografie. Deshalb war der Schritt zum Film für ihn nur ein logischer Next Step.

Am Ende gibt's noch einen big Wave – dieses Mal Winken statt Wellenreiten – obendrauf. Und man ist fast schon ein bisschen traurig, dass man dem sympathischen Burschen nicht mehr bei seinen Skills auf dem Brett zuschauen kann – auch wenn man nur ein bisschen länger an Sonne, Strand und Meer festhalten will.

Weitere Premieren folgen noch am 20. November in Berlin, am 22. November in Leipzig und am 10. Dezember in Köln. Ansonsten die Augen und Ohren ab Dezember auf iTunes offen halten. Weitere Infos bei HHonoluluEvents.