Bislang gibt es im Rems-Murr-Kreis nur zwei Fälle der Infektionskrankheit. Warum Landratsamt und Kliniken jetzt dennoch in Schorndorf ein neues Testzentrum aus dem Boden gestampft haben:

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Schorndorf - Der Schorndorfer OB Matthias Klopfer zückt ein Taschentuch – und erntet besorgte Blicke aus der Runde der Journalisten. Corona? „Nein, Erlenpollen“, beruhigt der Rathauschef. Doch der Gedanke an das Virus ist allgegenwärtig – auch hier, an der Rems-Murr-Klinik in Schorndorf.

 

Dort ist am Mittwoch ein neues Corona-Testzentrum vorgestellt worden. In einem Teil der Isolierstation sollen Abstriche gemacht werden, die für die Tests auf Corona-Erreger nötig sind. Das Zentrum soll eine Anlaufstelle sein – und zwar nur für begründete Verdachtsfälle aus dem Rems-Murr-Kreis. Einen Test gibt es nur mit Voranmeldung; am Eingang wird überprüft, wer einen Termin vorweisen kann.

Panik, Menschentrauben und volle Praxen helfen niemandem weiter

Dies hat mehrere Gründe. Zum einen sind Kliniken und Arztpraxen schon jetzt stark ausgelastet. Die Verantwortlichen wollen vermeiden, dass Menschen, die glauben, an Covid-19 erkrankt zu sein, eigenständig Kliniken und Praxen stürmen. „Außerdem bringt eine Menschentraube mit potenziell Infizierten nicht viel“, erklärt der Kliniken-Geschäftsführer Marc Nickel. „Wir haben auch die Verantwortung, Sicherheit, Ruhe und Orientierung zu geben.“

Das Landratsamt und die Rems-Murr-Kliniken haben das Testzentrum in 24 Stunden aus dem Boden gestampft. Termine gibt es nur, wenn Hausärzte und das Gesundheitsamt dies telefonisch angeordnet haben. Am Mittwoch hatte das Gesundheitsamt noch keinen einzigen Termin festgelegt – die Verantwortlichen rechnen damit, dass sich dies im Lauf des Donnerstags ändert.

So läuft ein Corona-Test ab:

Wer das Zentrum betritt und eine Eingangskontrolle passiert hat, kommt zunächst in einen der beiden Wartebereiche. Diese sind karg gehalten: Drei Stühle mit großem Abstand zueinander, der Boden glänzt frisch gewischt. „Wir wollen es den Menschen nicht unangenehmer machen, sondern sicherer“, betont der Chefarzt der Notaufnahme der Rems-Murr-Klinik in Winnenden, Dr. Torsten Ade. Ungefähr anderthalb Meter betrage die kritische Distanz bei einer Tröpfcheninfektion, daher der große Sitzabstand.

Zwei Ärzte und zwei Pflegekräfte nehmen in den Behandlungszimmern die Abstriche, verpacken sie und senden sie an ein Labor. „Dieses versucht, eine Zielzeit von 24 Stunden einzuhalten“, erklärt Ade. Für die Betroffenen ist eine rasche Klarheit nicht unwichtig; immerhin gilt bei begründetem Corona-Verdacht häusliche Quarantäne. Sollte ein Test positiv ausfallen, würden die Patienten auf einer Isolierstation untergebracht.

Warum die Behörden im Umgang mit dem neuen Virus so vorsichtig sind:

„Wir gehen mit dem neuen Zentrum in Vorleistung“, betont der Rems-Murr-Landrat Richard Sigel. Er hoffe auf Unterstützung des Landes, um für Corona-Tests einen mobilen Besuchsdienst auf die Beine zu stellen und um die Versorgung mit Schutzausrüstung aufrecht zu erhalten. Doch so lange hätten er und die anderen Landräte der Region nicht warten wollen.

Vor zwei Jahren gab es in Deutschland 25 000 Grippetote. Im Vergleich dazu fällt der Schaden durch das Corona-Virus hierzulande bislang winzig aus – die Krankheit verläuft meistens mild, Kinder und Schwangere sind nicht stärker gefährdet. Schwere Verläufe gab es in China vor allem bei älteren Männern. Torsten Ade erklärt jedoch: „Im Gegensatz zur Grippe haben wir über das Coronavirus bisher nur sehr wenige Informationen. Und Vorsicht ist besser als Nachsicht.“ Zumal der Mediziner die gewöhnliche Influenza für „zu geringschätzig behandelt“ hält.