Das Haus mit Hauptstellen in Böblingen und Weil der Stadt wird zu einer der größten Banken im Land.

Sindelfingen - Es sind schwierige Zeiten für Banken. Seit Jahren wirft das Kreditgeschäft angesichts niedriger Zinsen kaum etwas ab. Außerdem verlagern sich die Bankgeschäfte auf Smartphones und Computer. Im Netz wächst entsprechend die Konkurrenz durch digitalaffine Unternehmen. Landauf, landab heißt das Zauberwort der Stunde daher: Synergieeffekte und Fusion von einstigen Konkurrenten. Das neueste Beispiel: die Zusammenlegung der Volksbank Reutlingen und der Vereinigten Volksbanken Sindelfingen mit ihren Hauptstellen Böblingen, Calw, Schönbuch und Weil der Stadt. Sobald die Mitglieder der Genossenschaftsbanken zustimmen, entsteht eine der größten Banken in Baden-Württemberg, mit 44 Filialen und einer Bilanzsumme von 4,3 Milliarden Euro. Ein regionaler Riese. Aber reichen die Veränderungen aus?

 

„Es geht um unser wirtschaftliches Überleben“, sagte ohne Umschweife Wolfgang Klotz, Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Volksbank, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz der Banken. Im Moment zehrten die Institute von den „Beständen der Vergangenheit“, diese seien eines Tages aufgebraucht. Um die „immensen Kosten“ für die Digitalisierung zu stemmen, sei die Verschmelzung notwendig, so Klotz.

Mehr als ein Jahr lang hatten sich die Genossen der Reutlinger und der doppelt so großen Sindelfinger Volksbanken beraten. Warum das Ergebnis erst jetzt kommt, ist unklar. „Es fehlte ein gemeinsames Bild“, sagte vieldeutig Siegfried Arnold, Vorsitzender der Reutlinger Bank.

Das Konzept zu den neuen „Vereinigten Volksbanken“, wie sich die Gruppe nennen wird, sieht eine Art Plattform mit verschiedenen Modulen für die Hauptstellen vor. Die Banken wollen auf gemeinsame Organisationen wie IT, Juristenexpertise und Projektmanagement zurückgreifen und Doppelstrukturen abbauen. Dazu will das Unternehmen demnächst eine Hauptniederlassung im Raum Reutlingen aufbauen.

Auf diese Weise sollen das dichte Filialnetz der Volksbanken und die Nähe zum Kunden erhalten bleiben. Die Beratung für Firmen und Hausbauer vor Ort soll noch wichtiger werden. „Die Menschen werden ihre Volksbanken auch weiterhin erkennen“, sagte Arnold.

Tatsächlich dürfte die Fusion für Normalkunden keine wesentlichen Veränderungen mit sich bringen. Dass in Zukunft Filialen weiterhin geschlossen werden, ist weniger auf die Fusion zurückzuführen, als auf die Tatsache, dass Banken vielerorts verwaisen. Kaum ein Kunde stellt sich für eine Überweisung an den Serviceschalter. Allein 2018 sank die Zahl von Banken und Sparkassen um etwa sieben Prozent auf knapp 28 000 Filialen. Der Abbau dürfte sich in Zukunft fortsetzen, auch zum Nachteil von ländlichen Gebieten. Durch den Wegfall von Stellen wollen die Vereinigten Volksbanken Kosten einsparen. Die Zahl der Stellen ist noch unklar.

Spürbare Verbesserungen soll die Volksbank-Fusion hingegen für digitale Nutzer mit sich bringen. Die Genossenschaften wollen in Technik investieren und digitale Leistungen einfacher und schneller gestalten. „Da hinken wir hinterher“, sagte Wolfgang Klotz. Ob die Rechnung aufgeht, ist schwer zu sagen, auch weil viele Details für Kunden und Mitarbeiter unbekannt sind.

Die Vereinigten Volksbanken sind jedoch nicht die Ersten, die sich für den Weg einer Fusion entschieden haben. Erst Anfang des Jahres gingen die Volksbanken Esslingen und Kirchheim-Nürtingen zusammen. In Frankfurt teilen sich neuerdings die Sparkasse und die Volksbank eine Filiale. Bankenfusionen gehören immer mehr zum Alltag.