Der Corona-Knock-out war hart. Jetzt freuen sich Bühnen wie Manegen über volle Häuser. Gleich zwei Hollywoodshows werden in Stuttgart gespielt. Der Weltweihnachtscircus brummt, und das coole Bix fasziniert.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Seine letzten Worte im Film zählen zu den größten Lachern der Kinogeschichte. Der sündhaft reiche Osgood Fielding – in Stuttgart spielt ihn Ralph Morgenstern – ist scharf auf Daphne, zu der Björn Schäffer wird. Verzweifelt reißt sich Daphne am Ende die Perücke vom Kopf und ruft dem aufdringlichen Millionär zu: „I’m a man!“ Osgood grinst sein unnachahmliches Grinsen, lässt aber von seinen Begierden nicht ab. „Well“, sagt er, „nobody is perfect.“

 

Niemand ist vollkommen. Die Welt weiß es, seit Hollywood 1959 „Manche mögen’s heiß“ in die Welt geschickt hat. Zu perfekt darf auch Samuel Schürmann in der Josephine-Rolle des Tony Curtis nicht sein, wie er beim Besuch im Friedrichsbau-Varieté sagt.

Die kleinen Pannen müssen sein

Erst auf der Flucht vor der Mafia wird er zur Frau, hat’s also noch nicht drauf, wie man mit Stöckelschuhen läuft, ohne umzuknicken, wie man die Männerstimme in zart verwandelt. Missgeschicke müssen sein, wenn der in Berlin lebende Sänger und Schauspieler in „Sugar – Manche mögen’s heiß“ mit Slapstick-Einlagen im Talkessel das Publikum erfreut. Gerade die kleinen Pannen sind’s, die Spaß bereiten.

Timo Steinhauer, der Chef des Friedrichsbau-Varietés oben auf dem Pragsattel, hat das Ensemble des Winter-Musicals von unten vom Alten Schauspielhaus zu sich eingeladen. Bei ihm ist mit der Show „Dreamfactory“ ebenfalls Hollywood ein Garant für meist ausverkaufte Vorstellungen (für Februar gibt’s wieder Karten). Bei ihm wird ebenfalls ein Mann zur verführerischen Frau, nämlich Johnathan Finch, der nach einem Unfall mit Brüchen später zur Show hinzustoßen konnte, in der sein Ehemann Ben Brown als Luftartist dabei ist. Da wie dort füllen Träume der Vergangenheit die Häuser.

Wenn es da nicht viel zu besprechen gilt!

Die meisten aus den beiden Ensembles haben sich vorher nicht gekannt – rasch ist die Runde sehr vertraut miteinander. Die Akteure aus dem Friedrichsbau sind in Kostümen, bald geht es los. Die Gäste aus der City haben die Stadtbahn genommen, da passt es nicht so, geschminkt und verkleidet zu kommen. „Sugar“ spielt in den Roaring Twenties, in den 20ern, „Dreamfactory“ im Hollywood der 40er. Die Vergangenheit ist gerade der Star in Stuttgart. Hätten die Darstellerinnen und Darsteller gern in früheren Zeiten gelebt? Maja Sikora alias Sugar alias Marilyn Monroe überlegt nicht lang. „Für eine kurze Zeit ja“, sagt sie, „aber nicht für immer.“

„Den Leuten tut es gut, zwei Stunden lachen zu können“

Ralph Morgenstern gibt zu bedenken, dass früher nicht alles so schön war, wie man heute denkt und es darstellt. Von der Sehnsucht nach Glamour und der Lust am Träumen spricht Varieté-Chef Steinhauer. Die anderen pflichten ihm bei. Vergangene Zeiten seien vielleicht deshalb so beliebt, weil man damit die harten Zeiten von heute, vom Krieg bis zur Klimakatastrophe, mal vergessen könne. „Den Leuten tut es wahnsinnig gut, mal zwei Stunden einfach nur lachen zu können“, sagt Samuel Schürmann.

Auslastung im Weltweihnachtscircus bei über 90 Prozent

Dass der Nachholbedarf an Vergnügen groß ist, erlebt auch der Weltweihnachtscircus, der bis Sonntag auf dem Wasen gastiert. Das wegen Corona um zwei Masten vergrößerte Zelt umfasst über 3000 Plätze, das ist mehr als bisher. „Bei der Auslastung liegen wir bei über 90 Prozent“, freut sich Dalien Cohen, der Schwiegersohn des nach Den Haag zurückgekehrten Chefs Henk van der Meijden, und erklärt gleich mal, dass noch mehr drin ist: „Bei unserem Weihnachtscirus in Amsterdam haben wir 100 Prozent.“

Zwei Dancing Kings treffen sich backstage

Stuttgarts TanzstarEric Gauthier hat es kurz vor dem Finale noch geschafft, mit seinen drei Kindern den Zirkus der Rekorde zu besuchen. Cohen lädt ihn ein, backstage andere Tanz-Heros zu treffen: René Casselly, der Sieger von „Let’s Dance“ 2022, und seine Tanzpartnerin Kathrin Menzinger führen ihn herum, auch zu den Pferden. Die beiden Dancing Kings verstehen sich gut und reden über ihre Pläne. Casselly wird nach Stuttgart zum Turmspringen von RTL nach Köln fahren, dann zum Zirkusfestival nach Monte Carlo. Gauthier bricht auf nach Kuba für seine TV-Show „Dance Around The World“.

Eric Gauthier ist froh, dass es dem Kolumbianer, der abgestürzt ist, besser geht und dieser zurück aus dem Krankenhaus mit Krücken wieder bei den anderen ist. Der Chef von Gauthier Dance jubelt: „Meine Kinder lieben die Show, die Clowns, die Akrobaten, die ganze Atmosphäre – einfach amazing!“

Cooler Abend im Bix geht unter die Haut

Willkommen zu Hause! Der Bassist und Sänger Ben Jud, der vor zwei Jahren mit seiner Freundin, der Sängerin Jenny Marsala, nach Berlin gezogen ist, besteigt auf Heimatbesuch die Bühne des Jazzclubs Bix. Mindestens 300-mal ist er hier aufgetreten, etwa mit den Soul Diamonds, erstmals nun unter seinem Namen mit seiner Band. Die Plätze reichen nicht aus, so viele sind gekommen. Die Leute stehen, hocken auf der Treppe und sind begeistert. Alte Freunde wollen den beliebten Benni mal wieder sehen. Es sind aber auch etliche da, die ihn nicht persönlich kennen, ihm aber bei YouTube folgen, wo er mit Martin Miller millionenfach geklickt wird. Ein cooler Abend geht unter die Haut. Nach der langen Coronapause ist es schön, dass auch die kleineren Clubs wieder voll sind.