Krystal Rivers hatte einige deutlich besser dotierte Angebote vorliegen. Entschieden hat sich die sprunggewaltige Diagonalangreiferin für den Stuttgarter Volleyball-Bundesligisten. Dort will die US-Nationalspielerin von sich reden machen.

Stuttgart - Im Volleyball ist es alles andere als unüblich, einen Großteil des Personals Jahr für Jahr auszutauschen. Bei Frauen-Bundesligist Allianz MTV Stuttgart gab es diesmal zwar nur fünf Wechsel, aber trotzdem achtet Kim Renkema sehr auf die soziale Komponente. Das Miteinander. Den Teamgedanken. Denn es gibt nun fünf US-Amerikanerinnen und vier Deutsche im Kader. „Wer Erfolg haben will, der muss nicht nur auf dem Feld perfekt harmonieren“, sagt die Sportchefin Kim Renkema, „wir legen großen Wert auf Teambuilding, damit die Gefahr, dass Grüppchen entstehen könnten, erst gar nicht aufkommt.“

 

Also trafen sich die Volleyballerinnen mit einer Mentaltrainerin im Wald, machten eine Stand-up-Paddling-Tour auf dem Neckar, absolvierten gemeinsam ein Grill-Seminar. Und lernten Stuttgart am Donnerstag bei einer Stadtrundfahrt im roten, offenen Doppeldecker-Bus besser kennen. Mit an Bord war auch Krystal Rivers, die sich beeindruckt zeigte von ihrer neuen Heimat: „Stuttgart gefällt mir sehr. Stadt, Verein, Mannschaft – hier passt alles.“ Fehlt nur noch der sportliche Erfolg.

Ende Oktober wird es ernst

Ende Oktober wird es ernst für den Bundesligisten. Qualifikation zur Champions League, Erstrunden-Duell im Pokal gegen den Dresdner SC, Bundesliga-Start – ziemlich schnell dürfte zu sehen sein, wo die Reise hingeht. Ob das Ziel, um Titel zu spielen, erreicht wird, hängt von vielen Faktoren ab. Nicht zuletzt von Diagonalangreiferin Krystal Rivers. „Sie ist ein außergewöhnliches Talent“, sagt Renkema. Und Trainer Giannis Athanasopoulos meint: „Sie hilft uns im Angriff enorm weiter.“ Oder anders ausgedrückt: Rivers kann den Unterschied ausmachen. In jedem Spiel.

Das hat die 24-jährige US-Amerikanerin vergangene Saison eindrucksvoll bewiesen. Mit knapp 20 Punkten im Schnitt schmetterte Rivers ihren Club Beziers Angels zur französischen Meisterschaft, wurde nach der Finalserie als beste Spielerin ausgezeichnet und schaffte den Sprung ins US-Nationalteam. Was nicht nur die Verantwortlichen in Stuttgart beeindruckte, sondern halb Volleyball-Europa. „Ihr lagen Angebote von Clubs vor, bei denen sie erheblich mehr verdient hätte“, sagt Athanasopoulos, „sie hat sich für uns entschieden, weil sie sich hier am besten weiterentwickeln kann. Darüber sind wir glücklich.“

Rivers will sich auch in der Bundesliga beweisen

Rivers ist 1,80 Meter groß, was ziemlich klein ist für eine Hauptangreiferin im Spitzenvolleyball. Sie gleicht diesen Nachteil nicht nur mit Schlag-, sondern vor allem mit Sprungkraft aus. Einen gut gestellten Ball trifft sie in 3,25 Metern Höhe – einen Meter über der Netzkante. „Ich war in Frankreich physisch stark genug, um viele Punkte zu machen“, sagt sie, „nun hoffe ich, dass ich dies auch auf einem höheren Niveau in der Bundesliga zeigen kann.“

Ihre Physis hat sich Rivers nicht erarbeitet, sondern spielerisch angeeignet. Als Kind, in ihrer Heimatstadt Birmingham im US-Bundesstaat Alabama. Dort war sie viel mit ihrem zwei Jahre älteren Bruder und dessen Freunden unterwegs, vor allem beim Basketball und American Football. „Das war eine gute Schule“, sagt sie, „den Rest hat mir die Natur gegeben.“

Die 24-Jährige hat einen Meistertitel im Gepäck

Mit 16 Jahren begann Rivers, Volleyball zu spielen, am College trieb sie ihre Karriere voran, nebenher machte sie ihren Abschluss in Biologie und Spanisch. Nun konzentriert sie sich in Stuttgart auf Volleyball, und wo sie hin will, ist klar: „Ich kam nach Beziers und hatte das Glück, mit meinem Team den ersten Meister-Titel der Vereinsgeschichte zu holen“, sagt sie und lächelt, „es wäre schön, wenn mir das auch mit meiner neuen Mannschaft gelingen würde.“

Dafür gibt Krystal Rivers richtig Gas. In der Halle, wo Athanasopoulos sie für ihre Trainingseinstellung lobt. Nach den Einheiten, wenn sie mit ihrer zuvorkommenden, angenehmen Persönlichkeit punktet. Und auch auf der Straße. Nicht mal einen Tag dauerte es, bis sie erstmals geblitzt wurde – das hat zuvor noch kein Neuzugang geschafft. Beim MTV hoffen sie nun, dass es nicht der letzte Rekord war, den Krystal Rivers in Stuttgart aufgestellt hat.