Spannung pur, Nervenkitzel, eine Achterbahnfahrt der Gefühle – all das bieten die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart beim 3:2-Sieg gegen den SSC Schwerin.

Stuttgart - Wer sich gut unterhalten will, kann das Stuttgarter Frühlingsfest besuchen. Oder ein paar Meter weiter die Scharrena. Spannung pur, Nervenkitzel, eine Achterbahnfahrt der Gefühle – all das bieten auch die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart und SSC Schwerin. Und noch viel mehr. Hochklassigen Sport. Emotionen. Und eine Stimmung, wie sie in keinem Festzelt der Welt besser sein könnte. Grund zu einer zünftigen Feier hatten am Sonntag allerdings nur die Stuttgarter Fans.

 

Das MTV-Team war eigentlich schon geschlagen, lag 1:2 Sätze und 5:10 hinten. Nicht mal Aurel Irion glaubte noch an die Wende. „Ich habe nicht mehr mit einem Sieg gerechnet“, meinte der Geschäftsführer von Allianz MTV Stuttgart nach dem 3:2 (22:25, 25:23, 19:25, 25:20, 15:9), „unglaublich, wie uns das Publikum gepusht hat. Wir haben gezeigt, dass alles möglich ist, dürfen weiter träumen.“ Vom ersten DM-Titel.

Molly McCage ist nicht zu stoppen

Der Außenseiter aus Stuttgart führt in der Finalserie mit 2:1, benötigt noch einen Sieg. Entweder am Donnerstag (18.30 Uhr) in Schwerin. Oder, falls der SSC zurückschlägt, am Samstag (18.30 Uhr) im entscheidenden Duell in der Scharrena. „Das war heute die pure Emotion“, jubelte Außenangreiferin Sarah Wilhite, mit 22 Punkten erfolgreichste MTV-Angreiferin, nach dem zweiten Sieg im dritten Spiel, „die Fans haben uns getragen, auch wenn wir mal keine Lösung hatten. Im Tie-Break hat der Heimvorteil entschieden.“ Im fünften Satz war vor allem Mittelblockerin Molly McCage nicht mehr zu stoppen: „Es ist das emotionalste Spiel gewesen, seit ich in Stuttgart bin, ein unglaublicher Kampf um jeden Punkt. Einfach Wahnsinn!“ In dem einer kühlen Kopf behielt.

Giannis Athanasopoulos ließ sich nur kurz mitreißen von der Atmosphäre in der Arena, dann blickte der Coach nach vorne. Aufs vierte Spiel in Schwerin. „Wir hatten viele Aufs und Abs. Ich musste heute lange suchen, bis ich die passende Formation gefunden hatte“, sagte der Grieche, „letztlich haben wir nur deshalb gewonnen, weil wir eine starke Mentalität gezeigt und einen unglaublichen Tie-Break gespielt haben. Diese psychische Kraft brauchen wir weiterhin.“

Paige Tapp wird als beste Spieler ausgezeichnet

Mentalität. Siegeswille. Psyche. Es sind die Schlagworte, die auch Kim Renkema in ihren Gesprächen mit den Spielerinnen immer wieder benutzt. Erst recht seit dem Pokalfinale Ende Februar. Ausgerechnet in der bis dahin wichtigsten Partie der Saison hatte das MTV-Team seine mit Abstand schwächste Leistung gezeigt. Und sich nach dem 0:3 gegen den SSC Schwerin geschworen, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt. Tatsächlich zeigt sich nun in der DM-Finalserie, wie sehr sich die Mannschaft weiterentwickelt hat. „Der SSC Schwerin verlangt uns alles ab“, sagte Mittelblockerin Paige Tapp, nachdem sie als beste Spielerin ausgezeichnet worden war, „doch wir geben auch in schwierigsten Situationen nicht auf. Heute sind wir aufgestanden, als wir schon am Boden lagen.“ Was auch Kim Renkema großen Respekt abnötigte.

Die Sportchefin war nach dem Pokalfinale so frustriert, dass sie ihr Team öffentlich anzählte. Nun ist sie umso erfreuter, schließlich sind ihre Worte nicht verpufft. „Im vierten und fünften Satz habe ich gesehen, was ich sehen will – Siegeswille und Mentalität“, sagte Renkema nach dem furiosen Finale, „ein riesen Kompliment an meine Mädels, sie können stolz auf sich sein. Sie haben einen tollen Job gemacht, mehr kann man nicht verlangen.“ Sondern nur hoffen, dass sie noch einmal einen derart perfekten Tag erwischen. Denn

eines ist nicht nur Renkema klar: „Wir haben noch nichts gewonnen.“

Noch zwei Chancen, um den Gipfel zu erklimmen

Der SSC Schwerin, darin waren sich alle einig, ist stark genug, um auch zwei Spiele in Folge gewinnen zu können. „Diesen Gegner dreimal schlagen zu müssen, ist eine enorme Herausforderung“, sagte Renkema, „das ist, wie wenn ein Bergsteiger auf den Mount Everest hinauf will. Wir sind noch lange nicht oben, auch wenn wir nun zwei Chancen haben, den Gipfel zu erklimmen.“ Möglich ist es. Und letztlich, wie bei jedem Höhenkletterer, auch eine Frage der Mentalität.