Die Stuttgarter Volleyballerinnen haben hohe Ziele – und einen altbekannten Rivalen. Wer Titel holen will, muss erst den SSC Schwerin schlagen, dies wurde beim Supercup in Hannover deutlich.

Hannover - Die rund 40 Fans von Allianz MTV Stuttgart haben einen ziemlich unerfreulichen Ausflug nach Hannover hinter sich. Erst schimpften einige von ihnen in den sozialen Netzwerken zurecht darüber, dass sie in die hinterste Ecke der Tui-Arena in Hannover platziert worden waren, in der die Sicht aufs Spielfeld trotz der über 30 Euro teuren Eintrittskarten deutlich eingeschränkt gewesen ist. Und das, was sie zu sehen bekommen hatten, war auch eher unerfreulich. Mit 1:3 (22:25, 33:31, 19:25, 18:25) verlor der Meister gegen den Pokalsieger SSC Schwerin vor allem in den Sätzen drei und vier ernüchternd deutlich. Was auch Kim Renkema nicht zufrieden stimmte, für die Sportdirektorin aber auch nicht überraschend kam: „Wir hatten heute viel zu viele Abstimmungsprobleme. Wir brauchen Zeit und Training, um zusammenzuwachsen.“

 

In der Tat war im Duell gegen den Dauerrivalen deutlich zu sehen, dass gleich fünf Neuzugänge in der Anfangsformation standen. Und dass die türkische Zuspielerin Cansu Aydinogullari Probleme hatte, ihre Kolleginnen in Szene zu setzen. Viele Bälle kamen nicht präzise genug, zudem fehlte es an Tempo. „Wir hatten große Schwierigkeiten im Angriff, haben einfach keine Lösungen gefunden“, meinte Trainer Giannis Athanasopoulos, „Cansu war ein bisschen müde, doch wir können derzeit auf der Zuspiel-Position nicht wechseln. Das nimmt uns die Chance, mal den Rhythmus zu ändern.“ Auch Kim Renkema weiß, dass eine zweite starke Zuspielerin (derzeit hilft Alexandra Bura aus der zweiten Mannschaft anstelle der verletzten Pia Kästner aus) nötig ist, um die hohen Ziele in dieser Saison zu erreichen: „Wir brauchen eine Alternative.“

Im vierten Satz geht nichts mehr

Zu was der neu formierte Meister fähig ist, war vor allem am Ende des zweiten Satzes zu sehen gewesen. Nach einem 17:20-Rückstand erwachte der Kampfgeist. Beim Stand von 24:22 vergab Allianz MTV zwei Satzbälle, wehrte danach zwei Satzbälle des SSC Schwerin ab – und holte sich den Durchgang schließlich dank der einzigen wirklich starken Phase von Kapitänin Krystal Rivers mit 33:31. Im dritten Satz lagen die Stuttgarterinnen dann zwar 17:16 in Führung, doch danach war die Luft raus. Und im vierten Durchgang ging nichts mehr. „Das war kein guter Auftritt von uns“, sagte Geschäftsführer Aurel Irion, „heute wurde von einem starken Gegner schonungslos aufgedeckt, dass wir noch große Schwächen haben. Wir sind zwar auf einem ordentlichen Weg, doch gegen Schwerin reicht es eben noch nicht.“

Zumal der Pokalsieger sehr viel richtig gemacht hat. Ganz bewusst setzte Trainer Felix Koslowski gegen den komplett neu formierten Gegner auf ein bestens eingespieltes Team, alle Neuzugänge blieben draußen. Dafür glänzten die beiden besten SSC-Angreiferinnen der vergangenen Saison auch im Supercup: die überragende Außenangreiferin Mckenzie Adams (28) und Diagonalangreiferin Kimberly Drewniok (18) machten mehr Zähler als die vier besten Stuttgarter Punktesammlerinnen zusammen. „Wir haben zu viele Eigenfehler gemacht, was sicher auch daran lag, dass wir erst eineinhalb Einheiten mit dem kompletten Team trainieren konnten. Ansonsten ist unsere Taktik bestens aufgegangen“, sagte Koslowski, „wir hatten eine sehr kompakte Block-Abwehr und sehr druckvolle Aufschläge. Dadurch haben wir die Stuttgarterinnen nicht zur Entfaltung kommen lassen.“

Unwichtiger Titel

Einigkeit herrschte nach dem Supercup, was die Bewertung des ersten Finales der Saison angeht. „Es ist natürlich der unwichtigste Titel“, meinte Koslowski. Und Renkema erklärte: „Diese Niederlage ist nicht schlimm.“ Beide gehen davon aus, dass sich die zwei stärksten deutschen Teams in dieser Saison noch öfter sehen werden. Und dass das Niveau dann noch höher sein wird. „Derzeit haben alle Mannschaften ihre Probleme, weil EM und Weltcup so spät waren“, sagte Koslowski, der zugleich Bundestrainer ist – und Allianz MTV Stuttgart als Hauptkonkurrenten im Kampf um weitere Titel ansieht: „Der Verein hat eine tolle, überragende Mannschaft verpflichtet.“ Was fehlt, ist Zeit – und die gibt es nicht zu kaufen.