Der chinesische Volvo-Eigner Li Shufu liebäugelt nach dem Einstieg bei Daimler mit einem Bündnis der beiden Autobauer. Doch Volvo-Chef Hakan Samuelsson setzt auf ein anderes Erfolgsrezept.

Genf - Hakan Samuelsson schwimmt auf einer Erfolgswelle. Unter seiner Führung ist der schwedische Autobauer Volvo in den vergangenen sechs Jahren aus der Krise gekommen. 2017 erreichten Absatz und Gewinn einen neuen Rekord. Auch das Image hat sich deutlich verbessert, wie die Leser des Magazins „Auto, Motor und Sport“ der Marke bei der Wahl der beliebtesten Autos vor kurzem bescheinigten. Deutlich mehr Leser als im Vorjahr bescheinigten der Marke, dass sie im Trend liege.

 

Auf dem Genfer Autosalon wurde der Geländewagen Volvo XC40 nun von einer Jury europäischer Journalisten zum Auto des Jahres gewählt und Samuelsson von einer anderen Jury zum weltweit besten Automanager gekürt. Zugleich könnten sich ganz neue Perspektiven eröffnen, seit der chinesische Investor Li Shufu mit fast zehn Prozent als größter Aktionär bei Daimler eingestiegen ist. Volvo gehört zur Geely-Holding des chinesischen Milliardärs. Daimler-Chef Dieter Zetsche hat am Dienstag in einer Journalistenrunde am Rande des Genfer Autosalons bestätigt, dass Li bei einem Gespräch mit den Stuttgartern die Möglichkeit einer Allianz von Volvo mit Daimler ausloten wollte.

Der Volvo-Chef zeigt keine Begeisterung für ein Bündnis mit Daimler

Wer sich jedoch mit dem bald 67-Jährigen Volvo-Chef auf dem Genfer Messestand, wo in diesem Jahr die Premiere des Mittelklassekombis V60 im Mittelpunkt steht, über eine mögliche Bündelung der Kräfte des kleinen schwedischen Autobauers mit dem größten Premiumhersteller der Welt unterhält, hört alles andere als Begeisterung. „Das ist ja eine Investition von Li Shufu. Da müssen Sie ihn fragen“, antwortet Samuelsson zunächst ausweichend – um dann doch zu erläutern, dass Volvo schon aus Kostengründen sehr an Allianzen interessiert sei, aber nicht in erster Linie an neuen Partnerschaften mit anderen Fahrzeugbauern. Stattdessen schmieden die Schweden Bündnisse mit Internet-Unternehmen und Zulieferern. So arbeitet Volvo bei der Entwicklung autonom fahrender Autos mit dem US-Fahrdienstanbieter Uber zusammen. Mit dem Zulieferer Autoliv entwickelt Volvo Software für Roboterautos. Zudem wirbt Samuelsson um Finanzpartner als Co-Investoren bei der neuen Tochtergesellschaft Polestar, die sich 2018 ebenfalls auf dem Messestand in Genf vorstellt.

Volvo setzt auf Partnerschaften mit Internetunternehmen und Zulieferern

Sie soll unter dem eigenen Namen mit Volvo-Technik besonders leistungsfähige Elektroautos verkaufen. Zwischen 2019 und 2021 wollen Volvo und Polestar fünf vollelektrische Autos auf den Markt bringen. Erstes Modell der neuen Marke ist der in Genf ausgestellten Polestar 1 – ein Hybridmodell, das 150 Kilometer elektrische Reichweite verspricht, viel mehr als Wettbewerber wie Audi, Mercedes oder BMW heute schaffen. Bei Batteriekomponenten kann sich der Volvo-Chef auch eine Partnerschaft vorstellen, vorrangig aber ebenfalls mit Zulieferern. Mit „cleveren Partnerschaften und dem Mut Schwerpunkte zu setzen“ will Samuelsson den Riesen der Branche Paroli bieten. Schwerpunkte setzen bedeutet, dass Volvo sowohl bei den Motoren als auch bei den Karosserieformen nicht alles macht, was möglich ist. Deshalb wurden Sechszylindermotoren gestrichen und keine neue Generation von Dieselmotoren entwickelt. Volvo will sich auf Hybridantriebe mit Benzinmotoren und vollelektrische Autos konzentrieren.

Volvo und Geely machen gemeinsame Sache

„Wir können nicht sagen, wir entwickeln ein bisschen die Brennstoffzelle, und einen guten Dieselmotor braucht man ja immer und einen V8-Motor dazu. Das geht nicht. Wir müssen sehr sparsam sein“, sagt Samuelsson. Unterm Strich zahlt sich dieser Kurs im Blick auf die strengeren EU-Grenzwerte für Kohlendioxid (CO2) aus. Nach einer Studie des Beratungsunternehmens PA Consulting Group drohen den Schweden ab 2021 – anders als den deutschen Autobauern – keine Strafzahlungen. Zudem bündelt Volvo auch Kräfte mit der chinesischen Konzernschwester Geely, die 2017 erstmals mehr als eine Million Autos verkauft hat. Volvo setzte rund 572 000 Autos ab. Produziert werden die Wagen der schwedischen Marke sowohl im Heimatland als auch in China. Ein US-Werk soll bald hinzukommen.

Die neue Marke Lynk & Co. soll den Weltmarkt erobern

Bei den technischen Fahrzeugplattformen und bei der Motorentechnik machen Volvo und Geely gemeinsame Sache. Dies gilt auch für die neue Marke Lynk & Co., die zwischen Volvo und Geely platziert werden soll. In China ist der Verkauf der neuen Marke, die mit Volvo-Technik den Weltmarkt erobern soll, bereits angelaufen; Europa und die USA sollen 2019 folgen. In den meisten Märkten sollen die Wagen von Lynk & Co., die mit viel digitaler Ausstattung vor allem jüngere Käufer ansprechen sollen, nicht über Händler, sondern über das Internet verkauft werden. Wartung und Reparatur erfolgen in Volvo-Werkstätten.