Bis Stuttgart in die Champions League des Karnevals aufsteigt, muss es noch viel Konfetti regnen. Was hat Köln, was Schwaben nicht haben? Warum ist beim CSD mehr los als beim Faschingsumzug? Sponsoren haben neue Ideen für Narren.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Wer den Saal des Waldauparks Degerloch betritt, sieht an diesem Abend nicht nur vergnügte Tollitäten auf der Bühne. Gleich daneben steht eine große Leinwand. Überträgt sie die Alternative, wenn das Hauptprogramm der großen Karneval-Möbler-Show lahmt? Auf der Leinwand steht ein Wort mit sechs Buchstaben. Es ist das F-Wort, das wir nie und nimmer in die Zeitung schreiben würden, das nach dem F mit dem I, dem C, dem K, dem E und dem N weitergeht.

 

Ist an Fasnet alles erlaubt? Was auf der Leinwand beim Möbelwagen, der ältesten Karnevalsgesellschaft Stuttgarts, leuchtet, ist die Marke eines Partyschnaps. Das Patentamt hatte sich geweigert, den F-Namen des oberschwäbischen Likörherstellers einzutragen. Erst auf dem Klageweg bekam die Brennerei recht. Das Bundespatentamt gab am Ende grünes Licht und begründete dies mit der „zunehmenden Liberalisierung von Sitte und Moral“.

„Die Köln haben Hammerbands wie die Höhner und Brings“

Erstens ist der Karneval nicht erfunden worden, um Sitte und Moral hochleben zu lassen. Und zweitens ist der Schnapsproduzent nur einer von mehreren Sponsoren, die den Narrenauftrieb der Möbler mitfinanzieren, deren Markennamen daher abwechselnd auf der Leinwand erscheinen sowie an der Fotowand stehen.

Ohne Sponsoren kommt man heutzutage nicht weit. Warum sollte dies bei Karnevalisten nicht anders sein? Noch viel mehr Sponsorengelder bräuchte man, so ist im Waldaupark zu hören, damit die Fasnet in Stuttgart weiter aufblüht. Ein Narr mit Kappe, der Möbelwagen und Zigeunerinsel gleichermaßen sponsert, hat sich Gedanken gemacht. „Warum sind die Kölner uns beim Feiern überlegen?“, fragt er und gibt selbst Antwort: „Weil die Hammerbands wie die Höhner und Brings haben!“ Seine Idee also ist: Auch in Stuttgart sollten zugkräftige Musiker wie Dieter Thomas Kuhn engagiert werden, damit nicht nur der harte Karnevalkern dabei ist, sondern noch viel, viel mehr kommen – auch zum Faschingsumzug. „Beim CSD ist es in Stuttgart stets voller und die Stimmung besser“, sagt einer. Da müsse man aufholen mit Sponsorengeld und neuem Schwung. Mehr Profis müssten ran.

Präsident Klingenberg führt gekonnt durch den Abend

„Bei der Prunksitzung der Zigeunerinsel war die Tribüne in der Liederhalle leer“, sagt ein Sponsor, „und der Möbelwagen musste von dort in den kleineren Waldaupark umziehen.“ In Stuttgart, meint er, sei das Party-Potenzial viel größer, das man für die Narren wachküssen müsse.

Solange Elfriede Schäufele alias Frl. Wommy Wonder, der Star des Abends, nicht mit Werbung auf der Oberweite erscheint! Und solange Möbelwagen-Präsident Thomas Klingenberg, der gekonnt mit Sinn für Timing durch den Abend führt, nicht ein Firmenlogo in seinem hochgezwirbelten Bart platziert!

Zwei Werbetreibende sitzen unten am selben Tisch: Veronika Kienzle, die OB-Kandidatin der Grünen, und Frank Nopper, der OB-Kandidat der CDU, werden sich nun oft treffen, um für sich zu werben. Frau Kienzle ist begeistert über die „Mischung aus Brauchtum und frischen Ideen“. Als die Schäufele auftritt, ist Nopper weg und hört nicht, wie er von der Schwabenputzfrau gelobt wird. „In Backnang kam Herr Nopper in der Bütt sehr gut an“, berichtet der Travestiekünstler, „die Backnanger waren begeistert.“

Viele sind vom Mainzer Obermessdiener begeistert

Im Foyer wird nicht nur über OB-Kandidaten gesprochen, sondern auch über den starken Auftritt von Andreas Schmitt in der Mainzer TV-Karnevalssitzung. Die Büttenrede des Obermessdieners gegen die AfD kam auch bei hiesigen Narren sehr gut an.

Wäre so eine Rede in Stuttgart möglich? Man sollte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Bis Stuttgart in die Champions League des Karnevals aufsteigt, muss Frau Schäufele noch viele Kehrwochen machen. Bis dahin haben die heimischen Narren aber auch so jede Menge Spaß.