Mancher kann nicht nachvollziehen, dass sich zwei Ditzinger einem monatelangen Bewerbungsverfahren unterzogen haben, um am Ende bei den Spielen in Rio de Janeiro dabei zu sein. Mutter und Sohn Groshaupt hat das nicht abgehalten.

Ditzingen - Als freiwilliger Helfer bei den Olympischen Spielen dabei zu sein – das klingt nach vielen Erlebnissen und einer Zeit, die eher einer großen Party und viel Freizeit denn Arbeit gleicht. Auf die vielen Eindrücke wollen sich Katrin Groshaupt und ihr Sohn Frederic n gerne einlassen, wenn sie an diesem Wochenende nach Rio de Janeiro fliegen. Doch nach Freizeit sieht ihr dreiwöchiger Aufenthalt bei den Olympischen Spielen in Brasilien nicht aus: Von morgens sieben Uhr bis nachmittags um 15 beziehungsweise 16 Uhr haben sie Dienst als „Field of play member“. Frederic wird bei den Tennisspielern Wasserflachschen füllen und Handtücher tauschen, seine Mutter Katrin bei den Reitern. So jedenfalls stellen sie sich das nach den ersten Informationen vor, die sie erhalten haben. „Wissen werden wir es erst, wenn wir dort sind“, sagt Katrin Groshaupt. Die Sportart allerdings, die steht fest. Auswählen konnten sie diese nicht, die Ditzinger hatten in ihrer jeweiligen Bewerbung lediglich ihre Interessen angeben können.

 

Mit etwas Ungewissheit reisen die 57-jährige Katrin Groshaupt und ihr 25-jähriger Sohn nun also nach Brasilien. „Wir werden sehen, wie es wird“, sagt Frederic. „Aber es wird bestimmt gut.“ Er hat gerade seinen Bachelor in Hospitality Management gemacht. Die Idee, sich als Volunteer, als Freiwilliger, für die Spiele zu bewerben, war freilich alles andere als eine Spontanentscheidung am Studienende. Vor zwei Jahren öffnete das Internetportal, auf dem man sich für einen Freiwilligendienst bei der Olympiade bewerben konnte. Seitdem befanden sich die beiden unabhängig voneinander in einem Bewerbungsverfahren. Das wurde im wesentlichen per Skype geführt. Das Verfahren gestaltete sich wie in einem Assessment-Center, in dem die Teilnehmer verschiedener Länder auch gemeinsam Aufgaben lösen mussten. Es folgten weitere Aufgabe und Interviews. Runde für Runde. In diesem April dann erhielten die beiden endlich den lang ersehnten „invitation letter“ – die endgültige Bestätigung, dabei zu sein. Da hatte Katrin Groshaupt die Flüge vorsorglich bereits gebucht; die Tickets wurden ja teurer, je näher die Spiele rückten.

Das Erlebnis steht über den Zweifeln

50 000 Freiwillige werden in Brasilien dabei sein, davon 10 000 aus dem Ausland – zwei von ihnen Mutter und Sohn Groshaupt. Flug, Unterkunft und auch im wesentlichen das Essen müssen sie selbst bezahlen. Sie dürfen nicht kostenlos zu anderen Wettkämpfen außerhalb ihrer Tätigkeit in die Sportstätten, nicht einmal zur Eröffnungsfeier. Allein die Bekleidung werden sie behalten dürfen: Hosen, T-Shirts, Socken, Turnschuhe, eine Kappe. Den Groshaupts kommt es aber ohnehin vor allem auf das Erlebnis an. „Es zählt der olympische Gedanke“, sagt Katrin Groshaupt. Sie hatte sich von ihrem Sohn von der Idee anstecken lassen, der unter anderem schon beim Grand Slam Tennisturnier in New York dabei war.

Dabei sein ist alles. Trotz des Zika-Virus’, trotz der kritisierten hygienischen Zustände, trotz der Politik, die das Aus mancher Favelas, der Armenviertel, zu Gunsten der Sportstätten zu verantworten hat.

Am Sonntag besteigen Mutter und Sohn Groshaupt in Stuttgart das Flugzeug. Über Zürich geh es nach São Paolo. Von dort weiter nach Rio de Janeiro.