Ein 55-jähriger Angeklagte wird zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Er hat gestanden, einem Waiblinger Apotheker mehr als 51 000 Euro abgeschwindelt zu haben. Der Mann ist bereits mehrfach wegen Betrugs verurteilt worden.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Der Angeklagte sieht ein bisschen aus wie Fernandel, jener französische Filmschauspieler, der sein markantes Gesicht Don Camillo lieh und damit zu Weltruhm gelangte. Mit Pfarrern hat der 55-Jährige nur so viel zu tun, dass er sie sich neben Apothekern als Opfer für seine Betrugsmasche ausgesucht hat. Der Italiener erfand Notlagen, unter anderem das zerstörte Haus seiner Familie durch das Erdbeben 2016 in Mittelitalien, um Mitgefühl und Hilfsbereitschaft anderer auszunutzen. Einem Apotheker aus Waiblingen hat er so „Darlehen“ im Gesamtwert von mehr als 51 000 Euro abgeknöpft, wie er jetzt am Waiblinger Amtsgericht gestand. Am Montag ist er deswegen zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden.

 

Hilfsbereitschaft ausgenutzt

Das Schöffengericht folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte sitzt zurzeit in Ulm seine letzte Verurteilung aus dem Jahr 2017 ab, ebenfalls drei Jahre und sechs Monate wegen Betrugs, ausgesprochen vom Amtsgericht Böblingen. Als dieses Urteil ergangen war, hatte der Mann die Taten bereits begangen, die dem neuen Verfahren zugrunde liegen. Der Verteidiger Stefan Holoch hatte deshalb plädiert, das Böblinger Urteil „aufzumachen“ und mit den nun bekannten Betrügereien eine Gesamtstrafe zu bilden. Diese hätte nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann nicht vier Jahre übersteigen dürfen. Dem Antrag folgte das Gericht aber nicht, sondern fällte ein komplett neues Urteil, sodass der 55-Jährige nun rein rechnerisch insgesamt sieben Jahre abzusitzen hat.

„Es waren immer Apotheker oder Pfarrer, die betrogen wurden – und das mit beachtlichem Erfolg“, resümiert der Vorsitzende Richter Steffen Kärcher, als er die zahlreichen Vorstrafen bekannt gibt. „G’lernt isch halt g’lernt“, kommentiert der Verteidiger süffisant, was den Richter wiederum zu der Bemerkung veranlasst: „Rechtsanwälte habe ich unter den Opfern noch keine gefunden.“

In dem aktuellen Fall hatte der 55-Jährige dem Waiblinger Apotheker vorgegaukelt, er sei ein früherer Kunde, der nun in einer finanziellen Notlage sei. Seine Familie in Italien habe das Erdbeben von 2016 getroffen, er müsse dorthin reisen, habe aber kein Geld. „Entweder ist es wahr oder ich bin der Depp“, habe er sich gedacht, schilderte der Betrogene als Zeuge seine Überlegungen, als der Angeklagte am Telefon immer mehr Geld leihen wollte. „Ich nahm an, er sei in Italien. Er hat mir alles mögliche berichtet, von staatlichen Hilfen, die nicht kämen, bis zu Steuerschulden.“

Geld für „Dummheiten“ verjubelt

Er habe versucht, über die Bank herauszubekommen, ob der andere tatsächlich in finanziellen Schwierigkeiten sei. Doch diese habe über andere Konten keine Auskunft gegeben. Stattdessen kamen die häufigen hohen Geldbeträge, die der Apotheker überwies, einer Bank spanisch vor, weshalb sie eine Verdachtsanzeige wegen Geldwäsche erstattete. „Es war jedoch sofort klar, dass er kein Geldwäscher war, sondern Opfer eines Betruges“, sagte ein Kriminalpolizist aus, der den Fall untersuchte.

In einem früheren Betrug ging der 55-Jährige noch perfider vor. Hier betrog er einen Pfarrer, der gerade von einer Krebserkrankung genesen war, unter dem Vorwand, er brauche Geld für die Stammzellenbehandlung eines Verwandten. Das erschwindelte Geld „hat er für alle möglichen Dummheiten auf den Kopf gehauen“, erklärte der Verteidiger dem Gericht.