Vor der Klausurtagung der Union ist die Stimmung in der Partei angespannt. Aus Baden-Württemberg kommen verschiedene Forderungen dazu, was die Union nach der Wahlschlappe auf Bundesebene inhaltlich verändern soll.

Berlin - Die Stimmung ist schon einmal besser gewesen: Erst das enttäuschende Europawahlergebnis, das Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer zu allem Überfluss auch noch so unglücklich kommunizierte, dass in Gestalt einer Debatte über die Meinungsfreiheit im Netz gleich der nächste Ärger über die CDU hereinbrach. Und dann haben viele baden-württembergischen Bundestagsabgeordnete in der sitzungsfreien Woche in ihren Wahlkreisen erfahren müssen, wie viele verdiente Stadt- und Gemeinderäte der Union bei den Kommunalwahlen politisch unter die Räder gekommen sind.

 

Nachdem auf Landesebene mit der Kür von Susanne Eisenmann zur Spitzenkandidatin für die Wahl 2021 schon am Montagabend Konsequenzen gezogen wurden, richten sich die Blicke jetzt auf die Bundesvorstandsklausur am Sonntag und Montag in Berlin. Dort soll nicht nur die heftige Wahlschlappe analysiert, sondern auch die daraus folgende inhaltliche Erneuerung eingeleitet werden – vor allem in Bezug auf die offene Flanke des Klimaschutzes, wo die Union bisher keine konkrete Antwort zu bieten hat. Mehrere Beiträge dazu kommen aus dem Land.

So arbeitet etwa Bundesvize Thomas Strobl, der als Landeschef gerade Eisenmann den Vortritt gelassen hat, an einem Papier dazu, wie die Wirtschafts- und Verkehrspolitik der Union in Zukunft mit der Umweltpolitik versöhnt werden kann, beispielsweise über eine Unternehmensteuerreform mit Klimafaktor. Das zusammen mit dem niedersächsischen Wirtschaftsminister Bernd Althusmann entworfene Konzept soll auf der Klausurtagung in die Debatte einfließen – ebenso wie ein Papier des früheren Bundesumweltministers Klaus Töpfer. Parallel arbeitet Andreas Jung als stellvertretender Vorsitzender für die Unionsfraktion im Bundestag daran, wie der Ausstoß von Kohlendioxid künftig zum Kostenfaktor werden könnte, ohne dass es zu wirtschaftlichen oder sozialen Problemen führt. Der Lörracher Abgeordnete Armin Schuster fordert den ganz großen Wurf, um politisch wieder in die Offensive zu kommen: „Wir brauchen eine große Energiesteuerreform – statt aller anderen Abgaben wie jenen auf Benzin und Diesel oder auch die EEG-Umlage dürfte es dann nur noch eine CO2-Steuer geben.“

Unmut über das schlechte Krisenmanagement gibt es zuhauf

Der Innenpolitiker hat im Vorfeld der Vorstandsklausur zwei weitere konkrete Forderungen in Berlin hinterlegt. „Wir brauchen jetzt endlich ein eigenes Digitalministerium“, so Schuster. „Das ist nicht nur inhaltlich geboten, weil Staatsministerin Dorothee Bär als Staatsministerin im Kanzleramt zu haben nicht reicht – wir könnten damit auch neues Personal nach vorne stellen.“ Außerdem sollten deutlich mehr Haushaltsmittel in die Anwendung und Erforschung von Künstlicher Intelligenz fließen: „Bisher halten wir nur große Reden zu dem Thema.“

Neue Inhalte statt Personaldebatten wie bei der SPD – so lautet vor der Klausur das Motto vieler Südwest-CDUler. Sicher würden in der Hochburg des einstigen Kramp-Karrenbauer-Herausforderers Friedrich Merz eine Reihe von Mitgliedern nun AKKs Eignung als künftige Kanzlerin infrage stellen, heißt es, „aber das ist ganz sicher nicht die Mehrheit“.

Unmut über das schlechte Krisenmanagement im Umgang mit dem Anti-CDU-Video auf Youtube gibt es freilich zuhauf. „Man hat Angela Merkel oft das Aussitzen von Problemen vorgeworfen“, sagt Karin Maag, „umgekehrt kann ich AKK nur raten, sich nicht vorschnell provozieren zu lassen“. Die Stuttgarter Bundestagsabgeordnete stellt die seit knapp sechs Monaten amtierende Vorsitzende aber nicht infrage: „Es wird jetzt schwerer für sie – aber da müssen wir jetzt durch.“