Heute würde er seinen größten Hit, der vor zehn Jahren in den Charts einstieg, anders schreiben. Die Welt ist dem Sänger Tim Bendzko, der inzwischen 36 Jahre alt und Vater ist, aber immer noch nicht egal.

Berlin - Songtitel, die eine Art geflügeltes Wort geworden sind, gibt es im Deutschen dann doch nicht so viele. Vor zehn Jahren, genau am 10. Juni 2011, stieg das Lied „Nur noch kurz die Welt retten“ von Tim Bendzko in den Charts ein. Der jazzig angehauchte Popsong schaffte es bis auf Platz zwei der Offiziellen Deutschen Charts. Er stieg auf Platz zwölf im Juni 2011 ein und blieb 47 Wochen platziert. Als letzte Chartposition gibt GfK Entertainment Rang 83 am 27. April 2012 an.

 

Textlich geht es in dem eingängigen Song um einen Mann, der vorgibt, etwas ganz Wichtiges zu tun, um eigentlich Zeit für sich zu haben. Ob es um mieses Zeitmanagement oder Abneigung gegenüber der fordernden Person geht, bleibt unklar. Im Ohrwurm heißt es unter anderem: „Muss nur noch kurz die Welt retten/Danach flieg ich zu Dir/Noch 148 Mails checken/Wer weiß, was mir dann noch passiert.“ Textinterpretationen reichen bis hin zu einer ironischen oder zynischen Reaktion auf allgegenwärtige Weltuntergangsszenarien unserer Tage.

Man darf den Humor nicht verlieren, sagt Bendzko heute

„Ich war vor der Veröffentlichung wochenlang völlig fertig mit den Nerven, weil ich ganz sicher war: Mein Leben ist jetzt zu Ende. Es wird ein Desaster“, erinnerte sich Bendzko kürzlich im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Heute würde er den Song so nicht mehr schreiben. „Weil ich mich hoffentlich weiterentwickelt habe und sich der Geschmack auch in eine andere Richtung entwickelt. Aber das schmälert nicht die Tatsache, dass ich total stolz darauf bin, diesen Song geschrieben zu haben.“

Tim Bendzko ist inzwischen 36 und mit seiner neuen Single „Kein Problem“ im Radio zu hören. Dort heißt es ironischerweise: „Kein Problem, wenn die Welt untergeht/Weil ich in meiner eigenen leb’.“ Ist der frühere Weltretter also müde geworden? „Egal ist mir die Welt auf keinen Fall geworden. Aber man darf auch in diesen Zeiten den Humor nicht verlieren.“

Dass der Berliner sich weiter eine bessere Welt wünscht, liegt wohl auch an der Tatsache, dass er im vergangenen Jahr erstmals Vater geworden ist. Ansonsten hält sich Bendzko zu seinem Privatleben bedeckt. „Den Leuten zu sagen, dass ich Vater geworden bin, finde ich kein Problem. Es wird aber nicht passieren, dass ich jetzt jede Woche ein Video von meinem Sohn poste, wie er mit Bauklötzen spielt.“

„Zu warten wäre eine Schande“, heißt es im Song

Tim Bendzko: „Nur noch kurz die Welt retten“ – hier der ganze Text des Songs:

Ich wär so gern dabei gewesen

doch ich hab viel zu viel zu tun

lass uns später weiter reden

Da draußen brauchen sie mich jetzt

die Situation wird unterschätzt

und vielleicht hängt unser Leben davon ab

Ich weiß, es ist dir ernst

Du kannst mich hier grad nicht entbehren

doch keine Angst, ich bleib nicht allzu lange fern

Muss nur noch kurz die Welt retten

danach flieg ich zu Dir

Noch 148 Mails checken

wer weiß, was mir dann noch passiert

denn es passiert so viel

Muss nur noch kurz die Welt retten

und gleich danach bin ich wieder bei Dir

Irgendwie bin ich spät dran

fangt schon mal mit dem Essen an

Ich stoß dann später dazu

Du fragst: „Wieso, weshalb, warum?“

ich sag: „Wer sowas fragt, ist dumm!“

denn Du scheinst wohl nicht zu wissen, was ich tu

’Ne ganz besondere Mission

lass mich dich mit Details verschonen

genug gesagt, genug Informationen

Muss nur noch kurz die Welt retten [...]

Die Zeit läuft mir davon

zu warten, wäre eine Schande

für die ganze Weltbevölkerung

Ich muss jetzt los, sonst gibt’s die große Katastrophe

merkst Du nicht, dass wir in Not sind

Ich muss jetzt echt die Welt retten [...]

Vom Tim Bendzkos Album: „Wenn Worte meine Sprache wären“, Sony, 2011