Drei Männer streiten sich, einer erleidet eine Schnittwunde – der Angeklagte hat einen wirren Auftritt vor Landgericht Stuttgart. Sein Versuch, seinen Pflichtverteidiger loszuwerden, scheitert.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Schorndorf/Stuttgart - Der Angriff liegt lange zurück: In der Nacht auf den 9. April 2017 soll in Schorndorf ein heute 51-Jähriger einen Mann bei einem Streit mit einem Messer angegriffen haben. Die Polizei und der Rettungsdienst rückten damals an, das Opfer wurde wegen einer etwa einen Zentimeter langen und ebenso tiefen Wunde behandelt.

 

Laut der Anklage vor dem Stuttgarter Landgericht kam es in jener Nacht gegen 1.30 Uhr in der Nähe des Bahnhofs zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und zwei Männern. Das Opfer sagte aus, er habe seinen Bruder und den Fremden voneinander trennen wollen. Dann sei der Angreifer auf ihn losgegangen. „Mein Bruder sagte, pass auf, er hat ein Messer.“ Seine Jacke habe sogar mehrere Einstiche aufgewiesen, durchgegangen sei aber nur einer. Die Polizei nahm den mutmaßlichen Täter später zuhause fest, laut dem Protokoll wurden bei ihm ein Pfefferspray und ein Messer gefunden. Er streitet alles ab. Nun steht im Raum, den Mann in eine Psychiatrie zwangseinzuweisen.

Streit um Hinterausgang eines Dönerimbisses

Immer wieder kommt der Angeklagte der Vorsitzenden Richterin ins Gehege, verteidigt sich wortreich: Der „vorgeblich Geschädigte“, wie er ihn nennt, habe in der Dönerbude seines Bruders gar nicht nur ausgeholfen, sondern sei ständig dort gewesen. Zur Tatzeit sei er zuhause gewesen und habe geschlafen: „Weil ich eine Scheißangst habe, nachts hinauszugehen.“

Mit dem Bruder des Opfers hatte er jahrelang im Streit gelegen. Vor allem, weil dieser aus seiner damaligen Dönerbude einen „illegalen Hinterausgang“ gebaut habe, der auf sein eigenes Grundstück geführt habe. Weil der Imbissbesitzer auf dem Grund und Boden des „Schorndorfer Ureinwohners“, wie sich der Angeklagte nennt, immer wieder Gerätschaften lagerte, soll es zum Streit gekommen sein. Der Wirt habe ihn bedroht, beleidigt und geschlagen – mehrere Jahre vor jener Nacht, wegen der er jetzt vor Gericht steht.

Der Pflichtverteidiger bleibt

Im vergangenen Oktober hatte das Schorndorfer Amtsgericht den 51-Jährigen schon verurteilt, jedoch legte sein Anwalt Berufung ein. Das Urteil wurde aufgehoben, die 17. Große Strafkammer des Landgerichts befasst sich nun damit.

Ein großes Anliegen des 51-Jährigen ist es, seinen Pflichtverteidiger loszuwerden. Er vertraue dem Juristen nicht mehr, weil dieser mit einer Amtsrichterin über ein mögliches Strafmaß verhandelt habe. Und die Berufung gegen das Amtsgerichts-urteil sei eine „Nullachtfünfzehn-Berufung“ gewesen, ohne eigene Begründung. Er habe auch Beweise, die er aber nicht vorlegen und über die er nicht sprechen könne. Dann klagt er über gesundheitliche Probleme, verlangt immer wieder nach einer Pause. Das Gericht erkennt seine Gründe schließlich nicht an: Der Pflichtverteidiger bleibt, im Prozess sollen noch Zeugen und Sachverständige aussagen.