Der VfB-Clubchef spricht über Einnahmeverluste, Budgetkürzungen, Gehaltsverzicht sowie Kurzarbeit – und welche finanzielle Lage sich für den Bundesliga-Aufsteiger daraus ergibt.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Thomas Hitzlsperger hat viele Gründe, gut gelaunt zu sein. Er könnte im Moment viel über die angenehmen Seiten des Fußballlebens in Stuttgart sprechen: die beiden Aufstiege der Profis sowie der zweiten Mannschaft, der gelungene Start in die Vorbereitung, eine stark verjüngte Mannschaft, drei vielversprechende Neuverpflichtungen, ein ambitioniertes Trainerteam und, und, und.

 

Stattdessen kreisen die Fragen in der Presserunde vom Mittwoch vor allem um das leidige Thema Geld. Kurzarbeit, KfW-Kredit, Gehaltsverzicht – alles Themen, denen der Vorstandsvorsitzende des VfB Stuttgart eher stirnrunzelnd begegnet. Dann aber findet er doch Antworten, auch wenn es ihm nicht immer leichtfällt. „Wir werden leider immer wieder mit negativen Themen konfrontiert. Das ist echt anstrengend.“

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Doch Corona hat die Welt nun mal auf den Kopf gestellt. Auch die Welt des Fußballs, auch den Mikrokosmos VfB. Enorme Einnahmeausfälle durch fehlende Zuschauer- und Sponsoringeinnahmen, erzwungene Sparmaßnahmen bei Profis und Mitarbeitern, die Inanspruchnahme staatlicher Hilfen und eine damit verbundene Gerechtigkeitsdiskussion, in der die Branche viel Populismus brandmarkt – der Fußball hat es im Moment nicht leicht. Insbesondere, weil niemand weiß, wie es weitergeht. Seit Dienstag steht fest, dass mindestens bis 31. Oktober keine Fans in den Stadien zugelassen sein werden. Doch wer weiß schon, was dann kommt, angesichts weiter steigender Infektionszahlen.

Das Transferbudget „brutal heruntergefahren“

„Die Lage ist nicht einfach“, sagt Hitzlsperger und holt tief Luft. Ausgaben wurden stark zusammengestrichen. Acht Millionen Euro für Waldemar Anton und Gregor Kobel – mehr ist für den Rest der Transferperiode nicht drin. Es sei denn, der üppige Kader wird noch abgespeckt und etwa dank Nicolas Gonzalez noch eine größere Ablösesumme nahe der 20-Millionen-Euro-Grenze erzielt.

Man habe das Transferbudget aufgrund der Corona-bedingten Finanzkrise „brutal heruntergefahren“, erläutert der mächtige Mann beim VfB. Hitzlsperger sprach von einer „zweistelligen Millionensumme“, die eigentlich geplant gewesen wäre. Auch die Kosten für die Lizenzspielermannschaft – sprich: vor allem die Gehälter – seien deutlich reduziert worden. 40 Millionen Euro gab der Club aus Cannstatt für sein Personal in der zweiten Liga aus, um rund 20 Prozent auf knapp 50 Millionen wäre der Etat ohne Corona wohl aufgestockt worden. Aktuell liege man zehn Prozent unter den vormaligen Planungen für den Fall des Aufstiegs, rechnet Hitzlsperger vor. Also bei knapp 45 Millionen. Tendenz: weiter sinkend, da auch noch Spieler aus der zweiten und dritte Reihe abgegeben werden sollen. Die Personalausgaben würden damit unter jenen der Saison 2017/18 liegen, als man ebenfalls in die Bundesliga zurückgekehrt war. Was der Vorstandsvorsitzende zum Ausdruck bringen will: Trotz der sich weiter drehenden Preisspirale im Profifußball habe man sich beim VfB schwäbisch eingeschränkt.

Personalkosten unter jenen der Saison 2017/18

Inwieweit in diesen Rechnungen auch der Gehaltsverzicht der Profis eine Rolle spielt, darauf wollte der 38-Jährige nicht näher eingehen. Nur so viel: „Bei uns soll kein Einziger auf Geld verzichten. Es kann aber durchaus der Fall sein, dass es noch mal so kommt.“ Zur Erinnerung: Zu Beginn der Corona-Krise hatten sich die Spieler bereit erklärt, auf 20 Prozent ihres Einkommens zu verzichten. Wie es mit Blick auf die neue Saison weitergeht, wollte Hitzlsperger nicht verraten. Auf einen Vergleich mit Zweitligist Karlsruher SC, bei dem am Mittwoch ein zehnprozentiger Gehaltsverzicht publik gemacht wurde, wollte er sich nicht einlassen. Dazu müsste man den Blick auf alle 36 Clubs der ersten und zweiten Liga richten – „wir schauen aber nur auf uns“.

So auch, was die Verwendung des möglichen, aber noch nicht genehmigten KfW-Kredits in Höhe von zehn bis 15 Millionen Euro angeht. Dieser sei „nicht ausschließlich“ für die Profis beantragt worden, „sondern für alle, die beim VfB angestellt sind“, sagte Hitzlsperger. Er könnte die weitere Kurzarbeit zahlreicher Mitarbeiter theoretisch obsolet machen. Schon jetzt dürfen sich viele Angestellte vom Platzwart bis zum Physio über die Rückzahlung gestundeter Gehälter freuen. Durch den Aufstieg erfolgte die Lohnrückzahlung bereits im Juli.

Auch wenn er nicht auf jede Gehaltsabrechnung schaut und der Aufsteiger in Stefan Heim einen Finanzvorstand beschäftigt: Hitzlsperger erweckt den Eindruck, als habe der Verein die wirtschaftliche Krise trotz aller Nöte und Härten unter Kontrolle. Schließlich bleibt dem Vorstandschef ein Trost: „Wir sind nicht die Einzigen, denen es so geht.“