VW-Vorstand Andreas Renschler will aus Scania und MAN den weltweit profitabelsten Nutzfahrzeughersteller formen. Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt er, wie das gelingen soll.

Stuttgart - Der frühere Daimler-Vorstand Andreas Renschler hat bei VW einen schwierigen Job übernommen: MAN und Scania sollen ein erfolgreiches Team bilden, die Kräfte bündeln und gleichzeitig Konkurrenten im Kampf der Marken um Kunden bleiben. Der neue VW-Nutzfahrzeugchef Andreas Renschler ist überzeugt davon, dass aus dem hochprofitablen schwedischen Vorzeigeunternehmen und dem fußlahmen Münchner Lkw- und Busbauer der globale Champion der Branche geschaffen werden kann.

 
Herr Renschler, als der VW-Patriarch Ferdinand Piëch Sie zu VW gelockt hat, schien der Wolfsburger Konzern ein bärenstarker Autoriese zu sein. Dann kam der Abgasskandal. Haben Sie Ihren Wechsel von Stuttgart nach Wolfsburg schon bereut?
Ich bin nicht weggelockt worden. Das war meine ureigene Entscheidung.
Piëch hat nach Ihrem Abgang bei Daimler im Januar 2014 gesagt: Die Besten ködern die Besten.
Ich hatte beschlossen, bei Daimler aufzuhören. Danach hat mich Volkswagen angesprochen. Ich habe eine faszinierende Aufgabe. Wann hat man schon einmal die Chance, ein neues Unternehmen aufzubauen? Wir sind ja so etwas wie ein Start-up, natürlich mit den sehr traditionsreichen Marken VW, MAN und Scania. Diese Marken zusammenzuführen hat einen großen Reiz. Mir macht diese Arbeit sehr viel Spaß.
Auf der Messe sind die Marken jedoch nicht vereint. Scania und MAN sind in unterschiedlichen Hallen. Ist das Absicht oder ein Zeichen dafür, dass sie noch nicht so richtig zusammengefunden haben?
Das ist eine ganz einfache Geschichte. 2014 war ich – wie Sie wissen – nicht hier auf der IAA. Die Hallenplanung beginnt schon weit vor einer Messe. Als ich vor einem Jahr bei VW anfing, war das längst erledigt. Bei unserer Start-Up-Night am Vorabend der Messe sind wir zum ersten Mal als Volkswagen Truck & Bus aufgetreten. Wir haben vor knapp einem Jahr begonnen, unsere Marken enger zusammenzuführen. Da sind wir jetzt gut unterwegs. Es gibt kein Gegeneinander der Marken. Es geht jetzt um einen gemeinsamen Kurs.
Der VW-Konzern hat ja eine ganz spezielle Unternehmenskultur. Manche sagen, der Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh sei der eigentliche Konzernchef. Ist das ein Handicap für Sie? Sie müssen bei MAN ja auch eine Sanierung durchziehen.
MAN ist eine sehr starke Marke, die aber über Jahre hinweg in unruhigem Fahrwasser unterwegs war. Es war deshalb die erste große Aufgabe von Joachim Drees, dem neuen Chef von MAN Truck & Bus, ein Zukunfts- und Effizienzprogramm zu starten. Er hat beispielsweise die Strukturen der Werke neu gestaltet und das gesamte Unternehmen schlanker aufgestellt. Die Halbjahresergebnisse zeigen die ersten Erfolge. Die operative Rendite ist auf sechs Prozent gestiegen und hat sich damit gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Die Mannschaft zieht mit, fängt an sich wieder zu begeistern, hat jetzt wieder ein Ziel: MAN erfolgreich zu machen und im europäischen Truck-Markt wieder dort hinzubringen, wo die Marke hingehört.
Sie haben angekündigt, dass der VW-Konzern globaler Champion der Nutzfahrzeugbranche werden soll. Wie lässt sich das messen?
Nicht an der Stückzahl. Wir wollen globaler Champion bei der Profitabilität werden sowie bei Kundeninnovationen und wir wollen natürlich global präsent sein.
An welchen Stellschrauben wollen Sie drehen, um die Profitabilität der Nutzfahrzeugsparte weiter zu verbessern?
Etwa 60 Prozent des Wertes eines Lkw entfallen auf den Antriebsstrang, also Motor, Getriebe, Abgasnachbehandlung, Achsen, Elektrik und Elektronik. Wir entwickeln jetzt eine gemeinsame Motorengeneration und ein neues Getriebe für alle Marken. Künftig wird es gemeinsame Plattformen mit markenspezifischen Anpassungen geben. Damit erreichen wir höhere Stückzahlen und können die Kosten deutlich senken. Deshalb passt auch unsere Beteiligung am US-Hersteller Navistar gut dazu. Navistar braucht neue Antriebsstränge, wir entwickeln diese gerade. Das passt perfekt zusammen.