Die Nachricht über die Mehrkosten bei der Sanierung der Wagenhallen am Nordbahnhof sorgt für Aufruhr. Die lokale Kulturprominenz unterstützt die Künstler der Wagenhallen in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Fritz Kuhn.

Stuttgart - Die Berichterstattung über ungeahnte Mehrkosten bei der Sanierung der Wagenhallen im Nordbahnhof von bis zu 20 Millionen Euro und die Uneinigkeit zwischen den Verantwortlichen des Kulturbetriebs mit seinen Konzerten und Fremdveranstaltungen auf der einen und dem Kunstverein auf der anderen Seite sorgen für hitzige Diskussionen in der Stuttgarter Kulturszene.

 

„Von einem Kleinkrieg am Nordbahnhof zu sprechen, ist völlig falsch. Der Kunstverein Wagenhallen war und ist an der gemeinsamen Sache interessiert“, sagt Moritz Finkbeiner. Er ist Mitglied im Kunstverein. Als Musiker ist er mit seinem Studio von der neuen Brandschutzregelung betroffen, die besagt, dass sich die Künstler parallel zu den Veranstaltungen nicht in den Wagenhallen aufhalten dürfen. „Ich bin vor allem abends im Studio, die neue Regelung schränkt mich extrem ein“, sagt Finkbeiner.

Kunstverein wird von lokaler Kulturprominenz unterstützt

Der Kunstverein Wagenhallen hatte mit einer eigenen Stellungnahme auf die StZ-Berichterstattung reagiert. Darin heißt es unter anderem: „Unter den 70 Künstlern des Kunstvereins herrscht ein großer Zusammenhalt. Uns liegt es fern, einen Kleinkrieg anzuzetteln, wir treten lediglich für vernünftige Arbeitsbedingungen ein.“ Unterstützt wird der Kunstverein unter anderem von Petra von Olschowski. Die Rektorin der Stuttgarter Kunstakademie fordert gemeinsam mit anderen Kulturschaffenden wie Ulrike Groos vom Kunstmuseum oder Markus Merz von der Merzakademie in einem offenen Brief an OB Fritz Kuhn (Grüne) den Erhalt der Atelier- und Produktionsflächen in den Wagenhallen. Sie seien für den Kulturstandort Stuttgart von überregionaler Bedeutung.

So sieht es auch Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU): „Eine Schließung der Wagenhallen ist für mich völlig undenkbar und wäre für unsere Stadt ein kulturpolitisches Desaster“, sagt sie. Vielmehr wäre zu wünschen, dass alle bisher Beteiligten – Kulturschaffende wie Stadt – endlich gemeinsam ein tragfähiges Konzept für die Zukunft entwickelten. Dieses müsse sowohl künstlerisch-inhaltlich wie vom Betreibermodell her zukunftsfähig sein. „Aus meiner Sicht muss dabei der Erhalt der künstlerischen Vielfalt im Mittelpunkt stehen. Alles andere wäre ein klarer Rückschritt für Stuttgarts Kulturpolitik.“

Gesprächsrunde zwischen Nutzern und Politik steht an

Was die Sanierung der Hallen angeht, betonen die Nutzer, eine einfache Lösung zu bevorzugen. Es liege ein Konzept der Zukunftsgruppe Wagenhallen vor, in dem auch Architekten säßen. Noch in dieser Woche werden Gespräche zwischen Politik und Nutzern stattfinden. Ein Termin mit Bürgermeister Michael Föll (CDU) über das Gutachten des Hochbauamts, in dem Sanierungskosten von bis zu 25 Millionen Euro genannt sein sollen, sei bisher noch nicht terminiert, sagt CDU-Kultursprecher Jürgen Sauer. Er bedauert den Streit zwischen den Nutzern, zumal mit dem Betreiber Stephan Karle gemeinsam Kompromisse ausgearbeitet worden seien. Karle habe sogar die Absicht, mehrere Schlaf- und Küchencontainer anzuschaffen. Diese Gespräche haben allerdings mit Mitgliedern des alten Vorstands stattgefunden. Mit der neuen Führungsspitze gab es bisher offenbar noch keinen Kontakt.