Vom Kämmerer zum Schultes: Michael Clauss ist selbst völlig verblüfft, wieso er in Kaisersbach bei der Bürgermeisterwahl auf Anhieb fast 78 Prozent erreicht hat.

Kaisersbach - Die Gemeinde Kaisersbach liegt mit ihren 565 Metern über Normalnull recht hoch im Schwäbischen Wald, ihre rund 2500 Einwohner verteilen sich auf 43 getrennt gelegene Dörfer, Höfe und Weiler. Am Sonntag allerdings herrschte weitgehend große Einigkeit, und es ging ein ebenso eindeutiges Signal hinaus ins Land: Wir haben allgemein die Hoffnung auf einen kompletten Neustart, auf den ausgiebigen Um- oder besser Aufschwung, verbunden mit der zarten Zuversicht auf eines Tages gar blühende Landschaften im Osten des Rems-Murr-Kreises.

 

Frischer Wind in Kaisersbach

Für den frischen Wind in und um Kaisersbach sorgen soll der zum Hoffnungsträger auserkorene neue Bürgermeister: Michael Clauss heißt der 49-Jährige, der geradezu sensationelle 77,6 Prozent der abgegebenen Stimmen einheimsen konnte. Bisher als Kämmerer im Rathaus tätig, darf er nun den Chefsessel erklimmen. Von dem wiederum ist die bisherige Amtsinhaberin krachend gerutscht: Die ebenfalls 49-jährige Katja Müller erreichte lediglich 16,9 Prozent und musste ziemlich geschockt statt der erhofften Wiederwahl ihre klare Abwahl hinnehmen. Als eine der ersten Gratulanten am Wahlabend beglückwünschte sie den Gewinner in der Kaisersbacher Gemeindehalle – die übrigens im Funkloch liegt, weshalb Clauss die Handynachrichten von außerhalb erst spät am Abend auf seiner Mailbox mitbekam.

Überwältigt vom Ergebnis

Noch in der Halle erklärte Clauss vor den in großer Zahl erschienenen Bürgerinnen und Bürgern, wie perplex er sei: „Ich bin total überwältigt von diesem Ergebnis.“ Kurz danach ergänzt er im Interview mit unserer Redaktion gar: „Mir bleibt die Spucke weg“, angesichts dieser fast 78 Prozent, „ich muss meine Gedanken erst mal ordnen.“

Ein langfristiger Wunsch sei der Bürgermeistersessel keineswegs gewesen, so der Diplom-Verwaltungswirt. „Das war kein Fernziel, sondern ist aus der Situation heraus entstanden.“ Nämlich aufgrund seiner Erkenntnis als Kämmerer, dass in Kaisersbach deutlich mehr möglich sein müsse als unter Müllers Regie. Trotz der pikanten Konstellation – Kämmerer gegen die eigene Chefin – spricht Clauss von einem „fairen Wahlkampf, dafür danke ich meinen Mitbewerbern“. Wichtig sei nun, dass die Amtsgeschäfte gemeinsam mit der Bürgermeisterin bis zur Übergabe am 20. Januar planmäßig weiterlaufen. Das ist angesichts der kleinen Besetzung auf dem Rathaus mit lediglich neun Stellen, wovon derzeit ohnehin nur sieben besetzt sind, keine leichte Aufgabe.

Die Wahlbeteiligung ist hoch

Ebenso sensationell wie Clauss’ Ergebnis schien zunächst auch die Wahlbeteiligung von 82,5 Prozent. Da allerdings war am Montagvormittag eine Korrektur fällig. In der Hektik wurden offenbar zwei Zahlen vertauscht, sodass die Beteiligung tatsächlich bei 70,7 Prozent lag – in Zeiten, wo man andernorts bei Schulteswahlen über 30 Prozent froh ist. „Auch die berichtigte Wahlbeteiligung ist ein Rekordwert im Rems-Murr-Kreis und zeigt das hohe Interesse der Kaisersbacherinnen und Kaisersbacher an der Bürgermeisterwahl“, erklärt Miriam Mürter als Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses.