In Markgröningen wird am 20. Februar ein neuer Bürgermeister gewählt. Frauen sind im Bewerberfeld Fehlanzeige, dafür mischen allein drei Lokalmatadore beim Wettstreit um Rudolf Kürners Nachfolge mit. Wer macht das Rennen?

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Markgröningen - Wie stehen die Chancen, dass die Stadtbahn zwischen Markgröningen und Ludwigsburg doch vor dem Jahr 2028 fährt? Welche Optionen bringt das interkommunale Gewerbegebiet mit den Nachbarorten? Wie kommt Markgröningen von mehr als zehn Millionen Euro Schulden herunter – und wie die Verwaltung der 15 000-Einwohner-Stadt mit dem malerischen, aber in Sachen Substanzerhalt herausfordernden Fachwerk-Zentrum, vollends im digitalen, bürgerfreundlicheren Zeitalter an? Wie wird die Stadt des massiven Verkehrs Herr? Diese und mehr Themen muss bald ein Neuer anpacken: Rudolf Kürner, der nach 32 Jahren als Rathauschef zu den dienstältesten Bürgermeistern in der Region zählt, kandidiert nicht mehr.

 

Gleich zwei Kandidaten von der Grün-Alternativen Liste

Am Montag ist die Bewerbungsfrist für die Wahl am 20. Februar abgelaufen; die Hoffnung, dass vielleicht auch noch eine Frau kandidiert, blieb unerfüllt, dafür reichte abends kurz vor knapp noch der Dauerkandidat Ulrich Raisch (61) per Fax seine Bewerbung ein. Seine Person dürfte es allerdings nicht sein, die die Spannung nach oben treibt. Eher die Tatsache, dass drei Aspiranten aus Markgröningen selbst kommen, zwei davon sogar aus derselben Gemeinderatsfraktion: Arndt Zwicker , Einsatzleiter bei einer Dreh- und Fräsmaschinen-Firma (52 Jahre, Slogan: „Von hier für hier“) und Matthias Röttgermann , Senior Projekt Manager bei Bosch (53 Jahre, Slogan: „Röttgermann. Tatkraft. In Markgröningen.“) von der Grün-Alternativen Liste. Wobei Zwicker hervorhebt, sich keiner Partei verpflichtet zu fühlen, und Röttgermann sagt, zwar Mitglied von Bündnis 90/Grüne zu sein, aber Bürgermeister ohne Parteikalkül sein zu wollen.

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Dazu gesellt sich Stephan Reh , Fuhrparkleiter bei Stuttgarter Sanitärunternehmen und Elternbeiratsvorsitzender der Landern-Grundschule, die wegen Schadstoffbelastungen saniert oder gar neu gebaut werden muss (52 Jahre, Slogan: „Gemeinsam Zukunft schaffen – sozial, nachhaltig und umweltfreundlich“). Alle drei sind verheiratete Familienväter und rechnen sich trotz fehlender Verwaltungserfahrung Aussichten aus. „Als einziger unabhängiger Kandidat sehe ich meine Chancen gut, weil die Stadt Erneuerung ohne Vorbehalte braucht. Es darf alles gedacht werden, Ideen sind das Futter des Fortschrittes“, sagt etwa Stephan Reh. Als tief verwurzelter Stadtrat und Vereinsmensch traue er sich „auch ohne Verwaltungslaufbahn zu, dieses Amt in erster Linie politisch zu führen und mit den Fachabteilungen der Verwaltung eng zusammenzuarbeiten“, erklärt Arndt Zwicker. Matthias Röttgermann, promovierter Biologe, der aus Hamburg stammt, aber seit 20 Jahren in der Stadt lebt, beruft sich auf seine Expertise, „Mitarbeiter zu motivieren, Teams zu führen, Ziele zu erreichen und große Budgets zu verwalten“. Er setzt auf integrative Stadtplanung, inklusive Infrastruktur, umweltfreundliche Mobilität und Digitalisierung.

„Die Stadt ist ungesund hoch verschuldet“

„Mit Leidenschaft ist vieles erreichbar. Ohne meine elf Jahre Verwaltungserfahrung das Markgröninger Rathaus leiten zu wollen, würde ich mir aber nicht zutrauen“, sagt hingegen der Fünfte im Bunde, Jens Hübner (Slogan: „Ein Fachmann für Markgröningen“). Der 36-jährige Diplom-Verwaltungswirt ist Kämmerer in Oberriexingen und dort auch für städtische Bauvorhaben zuständig. Er wohnt in Schwieberdingen, sitzt dort für die SPD im Gemeinderat, war früher Vize-Kämmerer in Möglingen und drückte in Markgröningen die Schulbank. „Die Stadt ist ungesund hoch verschuldet, das muss angegangen werden“, sagt er. Dass bei der Sanierung des Schulzentrums vor einigen Jahren die Kosten aus dem Ruder gelaufen seien, könne man aber nicht der Stadt ankreiden. „Grundsätzlich gehört das Schulwesen in Baden-Württemberg anders geregelt“, findet er. Dass Schulen für die Kommunen als Träger zur Schuldenfalle würden, sei problematisch. „Und Markgröningen ist Standort für viele einpendelnde Schüler und stellt die Infrastruktur.“ Hübner will mehr Projekte interkommunal angehen und „mit mehr Leidenschaft“ Förderprogramme für Vorhaben aufspüren („In Oberriexingen machen wir Projekte, wenn es dafür Zuschüsse gibt“).

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Inhaltlich haben die Bewerber, die – von Raisch abgesehen – , an Infoständen, bei Bürgergesprächen, auf Websites und Wahlplakaten emsig die Werbetrommel rühren, viele Schnittmengen: schnellere Fortschritte bei der Stadtbahn, Sanierung der Stadtfinanzen, nachhaltige Mobilität, sichere Rad- und Schulwege zum Beispiel. Und, nicht zu vergessen: für das Markgröninger Identifikationsereignis schlechthin – das Unesco-Weltkulturerbe Schäferlauf – die Balance zwischen Traditionsseligkeit und Zukunftsausrichtung zu finden.