Bildung und Energie sind die Topthemen im niedersächsischen Landtagswahlkampf. Erwartet wird ein enges Rennen. Aber die Kontrahenten bleiben cool.

Hannover - Auch Juristen können ein hitziges Temperament haben, diese beiden aber haben es nicht: CDU-Ministerpräsident David McAllister (42) und sein sozialdemokratischer Herausforderer Stephan Weil (54) gelten als sachliche, bedächtige und bodenständige Politiker. Da war man froh, in dem nur drei Wochen dauernden „Schlafwagenwahlkampf“ – wie ihn Politologen nannten – mal ein kühnes Wort zu hören: „Diese Landesregierung und allen voran der Ministerpräsident sind bräsig ohne Ende“, schmetterte Weil, Oberbürgermeister von Hannover, im Finale dem Christdemokraten entgegen. McAllister stichelte einmal im TV-Duell gegen den Kontrahenten: „Finger weg von den Gymnasien – sonst kriegen Sie Ärger mit mir!“

 

Bei fast allen Parteien, die sich mit ihren Ständen am Kröpcke in Hannover ein Stelldichein geben, wird betont, dass die Bildung die Bürger am meisten interessiere. SPD und Grüne wollen nicht nur die Integrierte Gesamtschule leichter zulassen, sie wollen das Turboabitur ausbremsen. Denn Niedersachsen ist eines der wenigen Länder, in denen sogar an den Gesamtschulen das Abitur in acht Jahren (G8) gemacht werden muss – trotz Schülerstress. Aber es ist entweder politisches Harmoniebedürfnis oder Umarmungstaktik, dass McAllister vor wenigen Tagen auf den rot-grünen Druck reagierte und einen Runden Tisch zur „Entfrachtung von G8“ versprach.

Die Energiewende stockt

Landestypischer sind die Themen Energiewende und Massentierhaltung, die die Grünen aufbrachten, indem sie ein Huhn auf Plakate druckten mit dem Slogan: „Ernährung ist eine Frage der Haltung“. Selbst bei CDU-Parteigängern ist herauszuhören, dass es bei der Landwirtschaft „Schnittmengen“ mit den Grünen gebe. Gegen den massenhaften Ausbau von Großställen rebellieren mittlerweile sogar CDU-regierte Landkreise.

Wegen des „Jobmotors“ Volkswagen steht Niedersachsen wirtschaftlich gut da: mit einer Arbeitslosigkeit von nur 6,6 Prozent und dem zweithöchsten Wirtschaftswachstum der Republik. So fällt es der SPD schwer, der Regierung wirklich „Verschleiß“ vorzuwerfen. Das stärkste Argument der Landes-FDP ist deshalb, es müsse mit Schwarz-Gelb – 2003 unter Christian Wulff an die Macht gekommen, 2008 wiedergewählt – unbedingt weitergehen. Aber nicht alles läuft rund. Allem voran stockt die Energiewende, weil dem Windpark auf dem Meer der Netzanschluss ans Land fehlt. Das rot-grüne und das schwarz-gelbe Lager werfen sich bei diesem Thema gegenseitig Blockade vor. Dazu ist umstritten, ob das Land der insolventen Windkraftfirma Siag Nordseewerke in Emden (700 Jobs) helfen soll.

Frische Kampagne vom amtierenden „Mac“

Am Sonntagabend wird eine Zitterpartie erwartet. Linke und Piraten werden es laut Umfragen wohl nicht in den Landtag schaffen. In den Umfragen hat sich die Union aus ihrem absoluten Tief im Sommer 2012 – als der Abstand zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün bei 14 Prozent lag – hochgearbeitet. So bieder sich der Deutsch-Brite McAllister auch gibt, seine Wahlkampagne „I’m a Mac“ wirkte frischer und attraktiver als die der SPD. Die Sitzverteilung erfolgt nach dem d’hondtschen Zählverfahren, wo am Ende selbst bei einem Patt eine Partei einen Abgeordneten als Zuschlag erhält. Große oder mittelgroße Parteien werden von diesem Prinzip begünstigt – in diesem Fall wäre das ein Vorteil für SPD und Grüne.