Ein offener Brief löst eine Debatte über die Rolle des Militärs aus und gibt einen Vorgeschmack auf den kommenden Präsidentenwahlkampf

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris - In Frankreich schlagen einige pensionierte Generäle laut Alarm. In deutlichen Worten warnen sie vor einem „Zerfall Frankreichs“, einem drohenden „Bürgerkrieg“, der am Ende auch das Eingreifen des Militärs erfordern würde, um die „zivilisatorischen Werte“ des Landes zu schützen. Die Unterzeichner fordern den Präsidenten Emmanuel Macron und die Regierung auf, die Nation unter anderem vor dem „Islamismus und den Horden aus den Vorstädten“ zu verteidigen. Und weiter: „Wir sind bereit, Maßnahmen zu unterstützen, die den Schutz der Nation berücksichtigen.“ Die Pensionäre suggerieren, dass sie den Rückhalt von sehr vielen hohen, aktiven Offizieren und mehr als tausend weiteren Militärangehörigen genießen würden.

 

Ein Brief in einer sehr rechten Wochenzeitung

Der offene Brief ist bereits vor einigen Tagen in der sehr rechtsgerichteten Wochenzeitung „Valeurs Actuelles“ erschienen, war aber kaum beachtet worden. Zu großer Aufmerksamkeit verhalf dem Schriftstück Marine Le Pen, Chefin des rechtsextremen Rassemblement National. Sie äußerte sich etwa am Dienstag im Nachrichtensender „France Info“ dazu und fand natürlich nur lobende Worte für den Vorstoß der ehemaligen Militärs. Die Unterzeichner brächten zum Ausdruck, dass die Situation des Landes besorgniserregend sei und es Regionen der Gesetzlosigkeit gebe, sagte sie. Präsident Emmanuel Macron solle sich fragen, was Generäle dazu treibe, sich in dieser Weise zu äußern. Zwar stehen viele der Unterzeichner ihrer Partei nahe oder haben bereits für den Rassemblement National bei Wahlen kandidiert, doch Marine Le Pen wies die Vermutung weit von sich, sie habe den Brief initiiert. Einer der Unterzeichner ist 2016 aus den höheren Militärrängen entfernt worden, weil er eine Demonstration gegen die Einwanderung organisiert hatte.

Die Rolle des Militärs in der Politik

Empört äußerte sich Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly über die Äußerungen der Politikerin, die damit die politische Neutralität der Armee untergrabe. „Das Militär ist nicht dazu da, um Wahlkampf zu machen“, hielt die ihr Ministerin entgegen. Marine Le Pen will im kommenden Jahr zur Präsidentin von Frankreich gewählt werden. Ihre extrem-rechten Wahlkampfaussagen decken sich sehr genau mit den Aussagen in dem Brief der Ex-Generäle über den Islam und die Einwanderung. „Wer sind diese pensionierten Generäle, die vorgeben, Frankreich zu verteidigen und doch nur die Flamme des Hasses entzünden“, fragte Florence Parly. Sollte es sich herausstellen, dass aktive Militärangehörige mit dem offenen Brief in Verbindung stünden, müssten sie mit Sanktionen rechnen.