Nach dem Urteil von Tauberbischofsheim geht die Stadt auf Nummer sicher. Bisher hatte der Teilort Perouse drei Sitze im Rat. Rechtlich korrekt wären zwei.

Die Stadtverwaltung von Rutesheim hatte den Vorschlag ins Spiel gebracht. Nun stimmte der Gemeinderat mehrheitlich für die Abschaffung der unechten Teilortswahl ab den kommenden Gemeinderatswahlen im Jahr 2024.

 

Diese hatte dem Teilort Perouse, der 1972 nach Rutesheim eingemeindet wurde, drei Plätze im Stadtrat garantiert, und 15 Sitze für Rutesheim. „Die drei Sitze sind mit einem großzügigen Übereinkommen aus dem Jahr 1980 mit Perouse zu begründen“, sagt die Rutesheimer Bürgermeisterin Susanne Widmaier. Rein rechtlich aber hätte der Waldenserort nach Berechnung der Einwohnerzahl Anspruch auf nur zwei Plätze im Rat. Das störte bislang niemand, alle waren zufrieden mit dieser Regelung. Zumal die Perouser nach der Wahl im Jahr 2019 wegen eines Ausgleichsitzes sogar mit vier Personen im Gremium vertreten sind.

Kommunen sind wachsam geworden

Aber seit einem Urteil in Tauberbischofsheim sind die Kommunen wachsam geworden. Erst kürzlich hatten die Weil der Städter ihre Sitzverteilung für die Teilorte korrigiert. Denn in der Kreisstadt des Main-Tauber-Kreises mussten die Bürgerinnen und Bürger nach der erfolgreichen Klage einer Frau aus dem größten Teilort Impfingen ihren Gemeinderat in diesem Februar neu wählen – und das ein Jahr vor den nächsten Gemeinderatswahlen 2024. Der Grund für die erfolgreiche Anfechtung der Kommunalwahl von 2019: Nach den Vorgaben des dort bisher geltenden Wahlsystems der unechten Teilortswahl besaß Impfingen genauso nur einen Vertreter im Gemeinderat wie der kleinste Teilort Dienstadt mit 315 Einwohnern. Künftig gilt in Tauberbischofsheim weiterhin die unechte Teilortswahl, jedoch erhält Impfingen zwei Vertreter.

Auch in Rutesheim kann Rechtsgültigkeit der Wahl angefochten werden

Die Rutesheimer Stadtverwaltung hat das Urteil von Tauberbischofsheim analysiert und kam zu dem Ergebnis, dass bei einer Beibehaltung der unechten Teilortswahl, die eine Sitzverteilung von drei Sitzen für Perouse (etwas unter 1300 Einwohner) und 15 Sitzen für Rutesheim (etwas unter 10 000 Einwohner) festlegt, auch hier die Rechtsgültigkeit der Wahl angefochten werden könnte, „da diese die Einwohnerverhältnisse nicht angemessen widerspiegelt“, sagte Susanne Widmaier. Schon vor der Gemeinderatssitzung hatte sie gemeinsam mit dem Ersten Beigeordneten Martin Killinger die Bürgerinnen und Bürger bei einer Veranstaltung in Perouse über die geplanten Änderungen informiert. „Das ist ein sehr emotionales Thema, über das man behutsam aufklären muss“, sagt die Bürgermeisterin.

Zwei weitere Lösungsvorschläge neben der Option, die unechte Teilortswahl ganz abzuschaffen, hatte die Stadtverwaltung den Räten in der Sitzung präsentiert: Möglich wäre zum einen die Änderung der Sitzverteilung auf 16 (Rutesheim) und 2 (Perouse) oder aber eine Vergrößerung des Rates auf 21 (Rutesheim) und 3 (Perouse) Sitze gewesen.

Claudia Berner (Grün-Alternative-Bürgerliste), die selbst in Perouse wohnt, kann sehr gut damit leben, das lang bewährte Wahlsystem zu hinterfragen, „so wie es jetzt ist, können unsere demokratischen Beschlüsse angefochten werden, außerdem führt die unechte Teilortswahl immer zu hohen Fehlerquoten“.

Mit ihrer Fraktion ist sie sich einig, dass man eine Aufstockung des Gremiums auf insgesamt 24 Sitze nicht möchte. „Da müsste man auch den Sitzungssaal kostspielig umbauen, um mehr Platz zu schaffen.“ Perouser Bedenken, künftig ohne fest zugesprochene Sitz-Anzahl nicht mehr ausreichend bedacht zu werden, könne sie ausräumen – und nannte aktuelle Projekte wie die Umwandlung der Perouser Krautgärten in ein Wohngebiet oder auch die Erweiterung des Kindergartens.

Lieber den Spatz in der Hand

Wolfgang Diehm (Bürgerliche Wählervereinigung) hat keine Sorge, dass Perouser Bürger künftig nicht mehr im Gemeinderat vertreten sein werden. „Wir haben jetzt 50 Jahre Gemeinsamkeit, der Teilort war schon immer gleichberechtigt.“ Jetzt hätten die Bürger von Perouse sogar die Möglichkeit, mehr Sitze im Gemeinderat zu erlangen.

Der Perouser Alexander Vetter (CDU) hätte lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. „Mir geht die Abschaffung der unechten Teilortswahl zu weit und ich hätte viel lieber zwei feste Sitze.“