Der Polit-Seiteneinsteiger Klaus Iohannis hat seine Chance genutzt: Der deutschstämmige Bürgermeister von Sibiu hat Premier Viktor Ponta bei der Präsidentenkür besiegt – trotz massiver Wahlbehinderungen, die viele Bürger wütend machten.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Bukarest - Die geplante Protestdemonstration gegen Wahlmanipulationen und Betrug in Rumänien mutierte zur Freudenfeier. „Io-han-nis“ skandierten Tausende auf der Piata Universitatii ausgelassen den Namen ihres Hoffnungsträgers. Mit befreitem Lächeln und erhobenen Händen bahnte sich der Wahlsieger Klaus Iohannis am Sonntag kurz vor Mitternacht unter einem Meer von Landesflaggen im Zentrum von Bukarest den Weg durch seine jubelnden Anhänger. „Dankeschön, Dankeschön“, riefen begeisterte Schaulustige auf Deutsch.

 

Die Wahlforscher hatten dem 55-jährigen Polit-Seiteneinsteiger vor dem Duell mit dem sozialdemokratischen Premier Victor Ponta nur geringe Chancen eingeräumt. Doch die wusste Iohannis zu nutzen. Überraschend klar konnte der deutschstämmige Bürgermeister der siebenbürgischen Stadt Sibiu (Hermannstadt) mit 54,5 Prozent der Stimmen die Stichwahl gegen den haushohen Favoriten für sich entscheiden – und damit alle der scheinbar unumstößlichen Gesetzmäßigkeiten auf Rumäniens glitschigem Politparkett außer Kraft setzen. Gegen die Macht der Medien, des Staatsapparats und der orthodoxen Kirche hatte der geradlinige Physiklehrer störrisch und gelegentlich etwas ungelenk seine Vision von einem normalen Rumänien ohne Clanwirtschaft und mit einer unabhängigen Justiz gestellt.

Tote Hühner im schmutzigen Wahlkampf

Obwohl ihm der Wahlkampfstab seines Gegners tote Hühner vor die Türe werfen ließ, ihm seine deutsche Abstammung, Kinderlosigkeit und selbst angeblichen Kinderhandel vorwarf, ließ sich Iohannis selbst durch schmutzige Wahlkampftricks nicht provozieren – und drehte seinen Rückstand von zehn Prozent aus dem ersten Wahlgang in der Stichwahl praktisch um. Als pragmatischer Macher hatte sich der lange parteilose Iohannis als Bürgermeister seiner Geburtsstadt Sibiu einen Namen gemacht: In 14 Jahren unter seiner Ägide ist die einst heruntergekommene Provinzstadt zu einer der prosperierenden Regionen des Landes mutiert. Zwar genießt Iohannis wegen seiner Erfolge als Bürgervater in dem Karpatenstaat einen guten Ruf. Doch im aufgeregten Hahnenkampf des Stimmenstreits schien sich der erst im Vorjahr der nationalliberalen PNL (Partidul Național Liberal) beigetretene Polit-Novize zunächst nur mühsam zurechtzufinden. Analysten kritisierten seine hölzernen Reden und seine bedächtige Ausdrucksweise. Doch genau die Tatsache, dass er ein Fremdkörper in der Schlangengrube der nationalen Politik geblieben ist, verschaffte dem Außenseiter aus der Provinz bei bisherigen Nichtwählern einen Vertrauensvorschuss. Dies ist nicht mein, sondern euer Sieg“, bedankte sich der Siebenbürger Sachse nach der langen Wahlnacht: „Gemeinsam haben wir gezeigt, dass nichts unmöglich ist und mit Entschlossenheit und Glaube alles erreicht werden kann.“