Die Waiblinger Zehntklässler Samuel Seelow und Ben Müller dürfen ihr Wissen im Programmieren bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Turin zeigen.

Waiblingen - Sie sind ungefähr so groß wie ein Fußball und haben Ben Müller und Samuel Seelow in den vergangenen Monaten einiges Kopfzerbrechen bereitet. „Spheres“ heißen die kleinen fliegenden Satelliten, die auch auf der Internationalen Raumstation ISS zum Einsatz kommen. Die fliegenden Roboterchen können allerlei Aufgaben bewältigen, beispielsweise Bohrungen machen, Proben nehmen und diese von hier nach dort transportieren.

 

Aber nur, wenn sie entsprechend programmiert worden sind. Genau da kommen Ben Müller und Samuel Seelow ins Spiel: Die beiden 15-jährigen Schüler des Staufer-Gymnasiums in Waiblingen haben sich an einem internationalen Wettbewerb beteiligt, den unter anderem die Europäische Weltraumagentur (ESA), die Nationale Raumfahrtbehörde (NASA) und das Internationale Weltraumlabor ausgelobt haben.

Eine Leidenschaft für die Raumfahrt

Die Aufgabe war, einen kleinen Satelliten so zu programmieren, dass er in einem dreidimensionalen Raum Proben aufnimmt, sie analysiert und zur Basis bringt. „Es geht um problemorientiertes Programmieren“, sagt Johannes Ehrenmann, der die Zehntklässler im Fach Naturwissenschaft und Technik unterrichtet und die Jugendlichen auf den Wettbewerb Zerorobotics aufmerksam gemacht hat. Dass die 15-Jährigen ein Faible für den Weltraum haben, ist kein Geheimnis am Staufer-Gymnasium. „Wir interessieren uns beide für Raumfahrt“, sagt Ben Müller, „in der achten Klasse haben wir bei den Projekttagen selbst ein Projekt darüber angeboten.“

Auch beim Zerorobotics-Wettbewerb, der im September angefangen hat, sind die zwei gemeinsam angetreten – als eine von knapp 200 Mannschaften aus aller Welt. Ihr Zerosphere-Team dürfte mit das Kleinste gewesen sein, sagt Johannes Ehrenmann: „Bei den anderen Teams sind meist zehn oder 15 Leute beteiligt.“

Seinen beiden Schülern attestiert der Lehrer „eine wahnsinnige Frustrationstoleranz“. Denn bei einem ersten Versuch im vergangenen Schuljahr waren Samuel und Ben in einer Vorrunde gescheitert – an einer Kleinigkeit, wie Johannes Ehrenmann betont. „Sie waren beim letzten Mal einfach noch etwas zu jung. Die Programmiersprache zum Beispiel lernt man erst in der neunten Klasse.“

Manch einer hätte entnervt aufgegeben, was angesichts eines Unterrichtspensums von 36 Wochenstunden nur zu verständlich wäre. „Für uns war eigentlich direkt danach klar, dass wir es nochmal machen“, erzählt hingegen Samuel. Die Aufgabe in diesem Jahr sei zwar eine andere gewesen, ergänzt Ben, „aber man kann einiges übernehmen und weiß, wie das Ganze läuft.“

Beste Codes werden live getestet

So haben sich Samuel und Ben in ihrer knapp bemessenen Freizeit also von September an mit allerlei mathematischen und physikalischen Themen herumgeschlagen, die sie im Unterricht noch gar nicht behandelt hatten. Dass bei dem Projekt neben den Naturwissenschaften auch Sprache eine wichtige Rolle spielt, freut den Englischlehrer Johannes Ehrenmann: „Die beiden mussten erst mal die 50-seitige englische Spielanleitung verstehen.“

Bens und Samuels Aufgabe war anfangs, den kleinen Satelliten Sphere so zu programmieren, dass er im zweidimensionalen Raum von A nach B fliegt. Mit jeder Runde wurden die Herausforderungen größer: die Kugel musste sich im dreidimensionalen Raum und zwischen Hindernissen bewegen können, ohne anzustoßen. Schließlich darf der Satellit bei einem Einsatz auf der Raumstation ISS auch nicht gegen die Wand fliegen. Und genau dort sollen die Codes, welche die erfolgreichsten Wettbewerbsteilnehmer in mühsamer Tüftelarbeit erstellt haben, getestet werden.

Bis zum 17. Dezember haben Samuel und Ben, die sich mittlerweile mit einem polnischen und einem amerikanischen Team zusammengeschlossen haben, Zeit, um ihren Code einzureichen. „Wir haben schon einen guten, den wir im Moment noch verfeinern“, erzählt Samuel, der es mit Ben als einziges deutsches Team bis in die letzte Runde geschafft hat.

Das Finale steigt am 11. Januar in Turin. Die 14 besten Teams dürfen dort die Europäische Weltraumagentur besichtigen, danach wird es richtig spannend: Dann werden die besten drei Codes verkündet und bei einer Live-Schaltung zur Raumstation auch gleich getestet. Vielleicht gehört Bens und Samuels Vorschlag dazu. Doch selbst wenn ihr Code nicht die Reise ins Weltall antritt, freuen sich die beiden 15-Jährigen und Johannes Ehrenmann schon sehr auf den irdischen Tripp nach Turin, der eine Sternstunde in ihrer Schullaufbahn wird.