Der Waiblinger Motorsägen- und Gartengerätehersteller will keine staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen, obwohl er wegen der Corona-Krise dieses Jahr mit Umsatz- und Ergebniseinbußen rechnet. Auch Kurzarbeit ist derzeit kein Thema.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Waiblingen - Der Start ins Jahr 2020 verlief für Stihl positiv. „Bis März konnten wir den Umsatz deutlich erhöhen“, sagte Stihl-Chef Bertram Kandziora am Dienstag, weil Januar und Februar sehr gut gewesen seien. Doch dann kamen die ersten Auswirkungen der Corona-Krise, sodass das erste Quartal auf Vorjahresniveau endete. Weil Stihl-Händler in vielen Ländern schließen mussten oder teils noch geschlossen haben und deshalb die für diese Jahreszeit üblichen Nachbestellungen ausblieben, rechnet Kandziora im zweiten Quartal mit deutlichen Rückgängen. Kurzarbeit sei derzeit für Stihl allerdings kein Thema.

 

Das Familienunternehmen hat sogar produziert, was geht, und die Lager gefüllt, um auch lieferfähig zu sein, falls Lieferketten abbrechen oder der Teiletransport aus anderen Ländern stockt. Das bindet zwar Kapital, doch angesichts einer Eigenkapitalquote rund 70 Prozent muss Stihl keine Liquiditätsprobleme fürchten. „Die Situation ist nicht so dramatisch wie in anderen Industrien und müsste beherrschbar sein“, meint der Stihl-Chef. „Wir haben nicht vor, hier in Deutschland staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen.“

Mittel- und langfristig optimistisch

Im laufenden Jahr rechnet er mit sinkenden Absatzzahlen, was sich auch aufs Ergebnis auswirken dürfte. Konkret abzusehen seien die Auswirkungen aber nicht. „Mittel- und langfristig bleiben wir optimistisch“, so Kandziora, auch wenn es eine Reihe von Herausforderungen gebe. Dazu zählen neben der Corona-Krise, auch die schwachen weltwirtschaftlichen Bedingungen sowie der zunehmende Wettbewerb im Akku-Segment. Zur Bewältigung der Herausforderungen habe man eine Reihe von Projekten zur Effizienzsteigerung und Kostenreduzierung aufgesetzt, sagt Kandziora, ohne näher darauf einzugehen.

Als Familienunternehmen trage Stihl in der Corona-Krise ein hohes Maß an Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern, aber auch gegenüber den mehr als weltweit 53 000 Händlern. Die will Stihl unterstützen, falls sie Liquiditätsprobleme bekommen – beispielsweise indem man ihnen verlängerte Zahlungsziele einräumt.

Weil der Fachhandel für Stihl „die Säule des Vertriebs ist“ bindet man die Händler auch beim Verkauf übers Internet ein. Stihl ist am deutschen Markt vor gut vier Wochen mit einem eigenen Online-Shop gestartet. Bei jedem Kauf werde ein nahe gelegener Fachhändler empfohlen, der Beratung und professionellen Service biete. Für die Bereitstellung dieser Leistungen erhalte der lokale Händler beim Kauf eine Vergütung von Stihl, sagt Kandziora. Die Provision liege im „einstelligen“ Bereich. Es sei gut angelaufen, sagt er. Manche Kunden nutzten auch „Click und Collect“, bestellen das Produkt online und holen es beim Fachhändler vor Ort ab.

Akku-Geräte sind gefragt

Im vergangenen Jahr hat der Motorsägen- und Gartengerätehersteller zwar weniger Produkte verkauft, allerdings hat der Trend zu teureren Geräten für einem weiteren Umsatzanstieg gesorgt. Der Umsatz kletterte um vier Prozent auf 3,93 Milliarden Euro, rechnet man Wechselkurseffekte heraus, war es ein Plus von 2,7 Prozent. Während der Absatz von Akku-Geräten stieg, sank die Nachfrage nach Produkten mit Benzin-Antrieb. Der Anteil der Akku-Geräte liegt bei Stihl mittlerweile bei 15 Prozent. Auch für dieses Jahr sind weitere neue Akku-Geräte geplant – unter anderem eine Strauch- und Grasschere für Privatanwender oder etwa einen Rasenmäher für den professionellen Einsatz.

Trotz zahlreicher Herausforderungen habe man 2019 den Umsatz steigern können. „Gleichwohl gingen die zunehmenden Handelskonflikte, die schwächelnde Weltwirtschaft und ungünstige Witterungsbedingungen nicht spurlos an uns vorbei“, sagt Kandziora. Das Ergebnis, das Stihl traditionell nicht nennt, ist aber niedriger ausgefallen als im Jahr zuvor. Für die Mitarbeiter gab es dennoch eine Erfolgsprämie, die fiel mit 27 Prozent eines Monatsgehaltes aber geringer aus als mit 52 Prozent fürs Jahr 2018. Allerdings haben die Stihl-Mitarbeiter auch die Möglichkeit der Kapitalbeteiligung. Knapp 80 Prozent der Mitarbeiter im Stammhaus – das ist die Andreas Stihl AG & Co. KG – machen mit. Sie können jährlich Genussrechte bis zu 1350 Euro erwerben. Davon müssen sie nur 450 Euro selbst zahlen, die restlichen 900 Euro übernimmt Stihl – abhängig vom Unternehmenserfolg werden die Genussrechte jährlich mit bis zu zehn Prozent verzinst.

5090 Mitarbeiter in Deutschland

Gut lief es 2019 vor allem in Europa und Asien. Nordamerika, das viele Jahre Wachstumstreiber für die Stihl-Gruppe war, verzeichnete einen leichten Rückgang. Im Inland war vor allem das Absatzwachstum bei „ Akku-Geräten und Hochdruckreinigern erfreulich. Weltweit beschäftigt Stihl 16 722 Mitarbeiter (minus 2,3 Prozent), im Inland 5090.