Bedenkenlos werfen die Menschen alles Mögliche in die Toilette anstatt in den Hausmüll. Das sorgt immer häufiger für Probleme, sagt der Betriebsleiter der Kläranlage in Waldenbuch. Er will über die Gefahren dieser Unsitte aufklären.

Waldenbuch - Den Mitarbeitern der Waldenbucher Kläranlage stinkt es gewaltig. Immer häufiger kommt es bei der Reinigung des Abwassers zu Betriebsstörungen, weil bedenkenlos Hygieneartikel und Einmalputzlappen durch die Toilette entsorgt werden. In den Regenrückhaltebecken und im Schneidewerk der Anlage bilden sich dadurch Verstopfungen, die von Betriebsleiter Gerd Fauser und seinem Stellvertreter Klaus Fauser beseitigt werden müssen. Bis zu 15-mal im Jahr sind die Experten im Einsatz. „Die Störfälle haben in den vergangenen Jahren durch den vermehrten Gebrauch von Feuchttüchern stark zugenommen“, stellt Gerd Fauser fest.

 

Der Betriebsleiter hat die Aufgabe im Waldenbucher Klärwerk von seinem Vater übernommen und weiß: „Die Menschen interessieren sich nur mäßig dafür, was nach dem Druck auf die Spülung mit ihren Hinterlassenschaften passiert.“ Er hat dafür Verständnis, solange ihm das Wissensdefizit die Arbeit nicht erschwert. Nun aber hat sich Gerd Fauser zu Wort gemeldet. Denn immer wieder leuchten Störmeldungen auf, die auf die unsachgemäße Entsorgung von Faserstoffen zurückzuführen sind. „Da ist Aufklärung nötig“, sagt er.

Eine dicke, verklebte Schicht, die sich am Boden absetzt

Was die wenigsten wissen: Wenn es über einen längeren Zeitraum hinweg nicht regnet, lagern sich große Mengen unsachgemäß entsorgter Dinge wie Windeln, Feucht- und Hygienetücher, Kondome, Binden, Tampons, Küchenabfälle, Plastiktüten, Putzlappen, Staubtücher, Schwämme oder Verbandsmaterial in der Kanalisation ab. „Das kann man sich als eine dicke, verklebte Schicht vorstellen, die sich am Boden absetzt“, erklärt Gerd Fauser. Setzt der Regen wieder ein, werden die Schmutzstoffe zu einer Walze geformt, die in die Rückhaltebecken gespült wird und dort die Pumpen verstopft oder auf direktem Weg in der Kläranlage landet und das Schneidewerk blockiert.

Stehen die Pumpen still, wartet eine heikle Mission auf die Mitarbeiter der Kläranlage. Bevor sie in die Regenrückhaltebecken einsteigen können, muss das Umfeld mit einem Messgerät auf Gase hin geprüft werden. „Unter Umständen besteht Explosionsgefahr“, erklärt Klaus Fauser. Fest angegurtet und mit einem elektrischen Rettungshelfer versehen, der bei Gefahr ein Warnsignal gibt, führt der Weg in die Tiefe. „Wenn es gut läuft, können wir die Pumpe unten leeren. Klappt das nicht, müssen wir sie ausbauen und rausholen“, berichtet sein Bruder.

Einen drei Meter langen Zopf herausgezogen

Was das Abwasser-Team dabei zutage fördert, lässt sich oft nur schwer identifizieren. Das Gemisch aus Tampons, die ihre Schnüre verhaken, Feuchttüchern, die sich nicht auflösen, Wattestäbchen, Binden und Verbandsmaterialien verschmilzt zu einem dicken Knoten, der mitunter so hart ist, dass ihn die Mitarbeiter der Kläranlage mit der Säge entfernen müssen. Auch in den Rohrleitungen steckt der Dreck. „Erst kürzlich haben wir einen drei Meter langen Zopf herausgezogen. Das kostet Zeit und Energie und ist völlig unnötig, wenn die Leute ihre Hygiene-Artikel im Hausmüll entsorgen“, gibt Gerd Fauser zu bedenken.

In den verwobenen Barrieren sammeln sich auch die über die Toilette entsorgte Küchenabfälle und Essensreste an. „Das ist ein attraktives Nahrungsangebot für Ratten“, sagt der Betriebsleiter. Er hofft deshalb, dass sein Appell gehört wird: „Folgende Dinge gehören nicht in die Toilette: Speisereste, Brat und Frittierfett, Slipeinlagen, Binden, Kondome, Windeln, Haare und Ohrenstäbchen, Zigarettenkippen, Rasierklingen, Korken und Flaschenverschlüsse, WC-Steine und Wasserkastenzusätze.“ Und weil die Qualität des Wassers auch ohne Faser- und Feststoffe leidet, fügt Gerd Fauser noch einen persönlichen Wunsch hinzu: „Arzneimittel und Mikroplastik aus Kosmetik belasten unser Wasser und sollten nicht bedenkenlos eingesetzt und entsorgt werden.“