Es gibt Probleme bei Tieren, da scheint erst einmal nichts zu helfen – etwa wenn diese Liebeskummer haben. So erging es einem Rüden und seinem Frauchen aus Waldenbuch. In diesem Fall wurde eine Tierheilpraktikerin engagiert. Was kann so jemand bewirken?

Waldenbuch - Es mag viele paarungsbereite Hündinnen in Waldenbuch geben. Archie hat kein Interesse. Doch wenn die kleine Pekinesen-Dame aus der Nachbarschaft läufig wird, spielen bei dem achtjährigen Rüden die Hormone verrückt. Hat der Mischling die Signale erst einmal gewittert, ist es um ihn geschehen. Er winselt, er kratzt an der Tür, er heult - und das nonstop. „Wenn das mal angefangen hat, haben wir drei Wochen lang keine Ruhe mehr“, erzählt seine Besitzerin Elaine Rauhöft.

 

Der Liebeskummer wird von Tag zu Tag schlimmer. „Es steigert sich, bis Archie nicht mehr frisst, nicht mehr schläft und die ganze Zeit zittert“, berichtet die Familie. Das geht seit Jahren so, und alle leiden mit. Ablenken und beruhigen brachte nichts. Die Spritze von der Tierärztin half, doch der Hund war anschließend wochenlang völlig durch den Wind. Eine Kastration wollten die Besitzer dem Tier nicht zumuten.

Deshalb hat Elaine Rauhöft nun etwas Neues ausprobiert. Sie hat Rat bei Natascha Rosner gesucht. Die 30-Jährige macht sich in der Schönbuchstadt gerade als Tierheilpraktikerin und Tierphysiotherapeutin selbstständig und lenkt damit den Blick auf einen Beruf, der nach wie vor mit Vorbehalten kämpft, weil er weder gesetzlich geschützt noch staatlich anerkannt ist.

Vielen klingt das zu esoterisch

Das heißt aber nicht, dass jeder machen kann, was er will. Es gibt zahlreiche Ausbildungsangebote, die sich an anspruchsvollen Standards orientieren, die mit der IHK oder dem Verband Deutscher Tierheilpraktiker (VDT) ausgearbeitet werden. „Gerade weil die Tätigkeit für viele Menschen esoterisch klingt, habe ich mich für eine renommierte Heilpraktikerschule in Tübingen entschieden“, erzählt Natascha Rosner.

Parallel zu ihrer Arbeit bei einem Sindelfinger IT-Unternehmen hat sich die 30-Jährige in den vergangenen beiden Jahren dort berufsbegleitend weitergebildet. „Mensch und Tier haben viele Schnittmengen. Auch wir brauchen Kenntnisse in Biologie, Physik, Biochemie, Chemie, Zell- und Gewebelehre oder Anatomie“, verdeutlicht Natascha Rosner. Hinzu kamen naturheilkundliche Workshops wie zum Beispiel Ernährung, Diätetik, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, TCM oder Akupunktur. Zur Theorie gehörte auch der rechtliche Rahmen, in dem sich Tierheilpraktiker bewegen. „Ich darf zum Beispiel homöopathische Medikamente verabreichen, diese aber nicht verkaufen und weitergeben“, berichtet die Jungunternehmerin.

Dann häuften sich bei ihr plötzlich die Nachfragen

Eine enge Beziehung zu Tieren hatte die Waldenbucherin schon, bevor das erste Fachbuch bei ihr im Regal stand. Zu ihrem Haushalt gehören drei Hunde, zwei Kater, eine Echse und ein Aquarium mit Fischen. „Alle meine Tiere sind secondhand und kamen relativ kaputt bei mir an. So habe ich angefangen, mich in das Thema reinzuwursteln“, erzählt Natascha Rosner. Das sprach sich schnell herum. Erst war es nur der eine oder andere Freundschaftsdienst, dann häuften sich die Nachfragen. „Ich habe bald gespürt, dass ich auf diesem Gebiet vieles bewegen kann und mich dazu entschieden, mir ein zweites berufliches Standbein zu schaffen“, sagt sie.

Wie Natascha Rosner mit ihren Patienten arbeitet, ließ sich beim liebeskranken Archie beobachten. „Wichtig ist es, sich das Tier erst einmal in Ruhe anzuschauen und Vertrauen aufzubauen“, erklärt die Tierheilpraktikerin. Beim gemeinsamen Ausfüllen eines umfangreichen Fragebogens bekommt die Therapeutin oft schon wichtige Hinweise auf die möglichen Ursachen des Problems. Natascha Rosner hakt nach, ob Vorerkrankungen bestehen, schaut sich etwaige Befunde an und nähert sich dem Tier dort, wo es sich sicher fühlt. „Gestern habe ich eine Katze im Schrank behandelt“, berichtet sie. Wo es möglich ist, wird erst einmal gestreichelt und gekuschelt. „Dabei spürt man schon sehr viel“, erzählt die 30-Jährige. Ganz nebenbei werden die Gelenke abgetastet, verhärtete Muskeln und Narben aufgespürt, kalte oder warme Stellen registriert und das Schmerzempfinden getestet. Für den achtjährigen Rüden hatte die Heilpraktikerin schnell einen Plan. „Es gibt in der Homöopathie ein Männermittel, von dem ich dachte, dass es helfen könnte“, verrät Natascha Rosner.

Und was half nun bei dem liebeskranken Hund?

Nicht immer trifft sie auf Anhieb ins Schwarze. Doch das sieht die Tierfreundin entspannt. Sie ist von den alternativen Therapiemöglichkeiten überzeugt: „Es muss nicht immer die chemische Keule sein. Die Naturheilkunde bietet so viele verschiedene Varianten. Wärme-Kälte-Behandlung, Massagen, Kügelchen, Bachblüten, Salben – das ganze Programm wie auch beim Menschen. Irgendetwas funktioniert in der Regel.“

Bei dem liebeskranken Rüden Archie lag Natascha Rosner genau richtig. Elaine Rauhöft ist begeistert: „Natascha hat seine Beruhigungspunkte gestreichelt und ihm das Mittel gegeben. Als sie nach einer Stunde wieder ging, lag unser Hund entspannt auf dem Sofa“, berichtet die Hundehalterin. Zwei Tagen lang wurde die homöopathische Beigabe noch ins Futter gemischt. Dann folgte der Praxistest. Die läufige Pekinesin spazierte am Haus vorbei – und alles blieb ruhig. Statt für weibliche Reize interessiert sich der Rüde jetzt wieder für sein Futter, sein Spielzeug und die Streicheleinheiten der anderen Familienmitglieder.