Auf dem großzügigen Gelände in Vaihingen dürfen trotz der Pandemie viele Kinder gleichzeitig herumtollen. Damit waren einige Mädchen und Jungen anfangs jedoch überfordert.

Vaihingen - Mit der Schaufel schichten die Kinder aus der Gruppe 1 den Sand auf der Rohrer Höhe zu Burgen um: Auf dem Spielplatz im evangelischen Ferienwaldheim Stuttgart-Vaihingen treten sie in einem Wettbewerb gegeneinander an: Noch zehn Minuten verbleiben ihnen, um ihr Werk zu vollenden. Bei der sechsjährigen Carla Le Huray darf Kuscheltier-Äffchen Scotty dabei nicht fehlen. Sie genießt die Woche, während der sie sich im Ferienwaldheim austoben darf: „Ich habe hier Freunde gefunden und kann mit denen ganz toll spielen.“ Und das sogar in Gruppen, die bis zu 36 Teilnehmer umfassen.

 

Die Corona-Verordnung für Angebote der Kinder- und Jugendarbeit macht es möglich, dass die Teilnehmenden auf dem Gelände zusammenkommen. 180 Waldheimkinder dürfen theoretisch pro Woche das Angebot wahrnehmen. Das sind weniger als sonst. „Wir wollten trotzdem jedem Kind die Möglichkeit geben, teilnehmen zu können“, sagt die hauptberufliche Waldheimleiterin Katharina Haas. Aus diesem Grund gibt es nicht nur zwei Abschnitte dieses Jahr, die jeweils einen Zeitraum von zwei Wochen umfassen. Stattdessen geht das Waldheim für die Kinder dieses Jahr nur eine Woche – und das eben vier Mal. Mehr als 600 Kinder können dort im Waldheim so ihre Ferien verbringen, circa 45 Mitarbeiter pro Woche betreuen sie, hinzu kommen weitere zehn organisatorische Mitarbeiter und zwischen 15 und 20 Küchenfeen pro Woche, die für das leibliche Wohl sorgen. Die meisten von ihnen sind durch die extra angebotenen Impftage durchgeimpft.

Zwei Coronatests pro Woche sind für alle Pflicht

Trotzdem gilt zweimal die Woche: Stäbchen rein. Alle Mitarbeiter und Kinder müssen sich dann auf dem Gelände testen. Bisher ist kein Schnelltest positiv ausgefallen. Außerdem müssen die Teilnehmenden in feste Gruppen mit einer Größe von höchstens 36 Personen eingeteilt sein. Zwischen den Gruppen gilt: Abstand halten und Maske tragen. Die Freispielzeit, in der die Kinder vor dem Essen auf dem Gelände herumtoben und zum Beispiel Lager bauen dürfen, fällt deshalb aus.

Die siebenjährige Carla Schlager lässt ihre Maske selbst beim Sandburgenbauen auf. Dabei ist es den Kindern innerhalb der kleineren Gruppen gestattet, sie abzusetzen. Carla aber trägt sie unter dem Kinn – passend zur pink-farbenen Jacke in rosa mit aufgedrucktem Schmetterlings-Motiv. An die Masken haben sich die Kinder gewöhnt. Die Corona-Pandemie hat ihr Denken verändert: „Als ich am Anfang ins Waldheim gekommen bin, war ich ein bisschen überrascht, weil ich viele Kinder auf einmal kennengelernt habe, und das war ein bisschen zu viel für mich“, erzählt Clara. Während des Lockdowns durfte sie ihre Freunde nicht sehen und verbrachte viel Zeit in ihrem Zimmer.

Die psychische Gesundheit der Kinder hat in der Pandemie gelitten

Die Einschränkungen der vergangenen Monate haben die Kinder besonders getroffen: kein Kindergarten, keine Schule, kein Vereinssport, keine Kindergeburtstage. Dadurch hat die psychische Gesundheit gelitten, wie die COPSY-Längsschnittstudie zeigt. Fast jedes dritte Kind in Deutschland leidet laut dieser ein knappes Jahr nach Beginn der Pandemie unter psychischen Auffälligkeiten. Sorgen und Ängste haben zugenommen, ebenso wie depressive Symptome.

Dass die Kontakteinschränkungen negative Folgen für die Kinder haben, das können die Waldheimmitarbeiter beobachten „Bei ein paar Kindern haben wir gesehen: Sie waren überfordert damit, mit vielen Kindern spielen zu sollen“, sagt Benny Grauer aus dem Waldheimleitungsteam. Mehr Kinder als sonst sitzen bei ihnen im Leitungsbüro auf der Couch, um getröstet zu werden. Doch nach und nach tauen die Kinder auf. Beim Gruppenprogramm färben sie T-Shirts ein, jagen sich bei Räuber und Gendarme oder lassen beim Kicken den Ball über den Rasen rollen. Bevor die andere Gruppe den dann benutzen darf, muss der Fußball desinfiziert werden. Sogar Ausflüge sind erlaubt. „Es gibt aber keinen offiziellen Ausflugstag wie sonst – denn sonst müssten zu viele Kinder in einen Bus“, sagt Constantin Dierstein aus dem Waldheimleitungsteam. Stattdessen organisieren die Gruppenleiter die Ausflüge an unterschiedlichen Tagen selbst: Sie gehen mit den Kindern Kanu fahren oder in der Stadt auf die Suche nach Mister X.

Beim Waldheim-Singen kommt Gänsehaut auf

Und sogar das für das Waldheim Vaihingen berühmte Singen kommt dieses Jahr nicht zu kurz: Auf dem sogenannten Roten Platz stehen die Gruppen nachmittags mit Abstand zueinander und grölen Klassiker wie „Those were the days“ mit. „Als die Kinder aufgetaut sind und richtig mitgesungen haben: Das war Waldheimfeeling, da kam Gänsehaut auf“, sagt Saya Rapp aus dem Waldheimleitungsteam.

Beim Sandburgen-Wettbewerb konnten die beiden Carlas mit ihrem Werk sogar einen Platz auf dem Treppchen belegen – Affen-Maskottchen Scotty hat also ganze Arbeit geleistet.