Der Maler Alfred Hetz (1913-1974) blieb trotz seines Erfolges im In- und Ausland eher unbekannt. Mehr als 2000 Werke hat er geschaffen, viele davon sind im Besitz seiner Enkel.

Wangen - D aniela Hetz klappt vorsichtig eine dicke Zeichenmappe vor ihr auf dem Tisch auf. Behutsam nimmt sie ein Bild nach dem anderen in die Hand, betrachtet sie andächtig. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Mehr als 40 Jahre alt sind die Gemälde, „und doch irgendwie zeitlos“, findet die Wangenerin. Sie stammen von einem Stuttgarter Künstler, den man trotz seiner Erfolge im In- und Ausland kaum kennt: Alfred Hetz, ihrem Großvater. Auch Daniela Hetz hat ihn nicht gekannt, denn der 1913 geborene Maler starb 1974 lange vor ihrer Geburt. Dennoch ist er ein wichtiger Mensch in ihrem Leben geblieben, viele seiner Bilder schmücken ihr Zuhause.

 

Und gemalt hat Alfred Hetz viel: Mehr als 2000 Ölbilder, Gouachen, Collagen, Federzeichnungen und Drucke hat er bis zu seinem Tod im Alter von 61 Jahren geschaffen. Gut 500 davon sind noch im Besitz der beiden Enkel Daniela und Sebastian Hetz. Sein Werk ist gekennzeichnet von einer großen Variation stilistischer Ausdrucksweisen. Einflüsse fast aller zeitgenössischen Kunstrichtungen spiegeln sich in seinem Schaffen. „Mir gefällt aber nicht alles“, gibt Daniela Hetz offen zu. Mit ihrer inzwischen verstorbenen Großmutter habe sie deshalb oft Diskussionen geführt. „Sie fand alles von ihm toll.“ Waltraud Hetz, die als Sekretärin im Johannes-Kepler-Gymnasium arbeitete, unterstützte ihren Mann voll und ganz, stellte nach seinem Tod wiederholt seine Werke aus, unter anderem im Amtsgericht Bad Cannstatt und beim Künstlerbund Stuttgart.

Illustrator für die „Wochenpost“

Besonders schön, meint Daniela Hetz’ Mutter Margarete, seien die Karikaturen, die Alfred Hetz in der Nachkriegszeit als Illustrator für die „Wochenpost“ und die „Stuttgarter Illustrierte“ – Zeitungen, die ihr Erscheinen längst eingestellt haben – anfertigte. „Die sind immer noch aktuell.“ Mit den mal bissig-ironischen, mal heiter-frechen Zeichnungen, aber auch mit Stoffdesign-Entwürfen für verschiedene Textilhersteller in der näheren Umgebung Stuttgarts hatte sich Alfred Hetz finanziell über Wasser gehalten, konnte sich sogar in einem umgebauten Schuppen neben seinem Wohnhaus im Stadtteil Steinhaldenfeld ein kleines Atelier einrichten. In dessen Abgeschiedenheit habe er bis zu zwölf Stunden täglich verbracht, erzählt seine Schwiegertochter. „Stören durften wir ihn dort nicht.“ In ihrer Erinnerung steht er mit seinem weißen Malerkittel an der Staffelei, „in der linken Hand einen Pinsel, in der rechten Hand die Farbpalette und im Mundwinkel immer eine Zigarette“.

Er sei ein sehr verschlossener, introvertierter Mensch gewesen. Und zugleich sein härtester Kritiker, erzählt Margarete Hetz. Häufig habe er seine Werke im Nachhinein umgearbeitet, übermalt oder als Rückseite für ein neues Bild verwendet. „Zufrieden war er eigentlich nie.“ Verirrte sich tatsächlich ein Kunstinteressent in sein Atelier, kam es vor, dass Hetz den potenziellen Käufer zu anderen Malerkollegen schickte mit dem Hinweis, diese hätten Ähnliches in besserer Qualität zu bieten. Das sei wohl ein Grund für seinen geringen Bekanntheitsgrad gewesen. Dabei war er als Künstler erfolgreich: Mit Ausstellungen in den USA, Frankreich und Belgien zwischen 1967 und 1973 sowie zwei Auszeichnungen des Pariser „Salon International – Sud à Juvisy“ gelangte er zu Anerkennung über die Grenzen Südwestdeutschlands hinaus.

Gefährliche Tischlerlehre

Alfred Hetz, geboren in Kiauten/Ostpreußen, hatte schon früh angefangen zu malen. Nur durch die Aussicht, das Bilderrahmen zu erlernen, begann er 1931 eine Tischlerlehre. Als er sich aber fast einen Finger absägte, legte die Mutter ohne sein Wissen eine Auswahl seiner Arbeiten an den Staatlichen Malerateliers Königsberg vor. Kurz darauf wurde er zum Studium zugelassen. 1936 zog es ihn nach Berlin an die Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst. Dann kam der Krieg, in dessen Folge es ihn 1946 mehr zufällig in die Nähe von Ludwigsburg verschlug. Über einen damals üblichen sechsmonatigen Aufbaudienst an der Kunstakademie Stuttgart wurde er als Gaststudent für die Malklasse Steisslinger zugelassen, nahm ein Jahr später an der ersten Nachkriegsausstellung der „Stuttgarter Sezession“ teil – weitere folgten. Er pflegte regen Kontakt zu Willi Baumeister, der ihn zu abstrakten Kompositionen inspirierte, später wandte er sich der figurativen Kunst zu. Bis in die 60er-Jahre arbeitete Alfred Hetz unermüdlich an verschiedenen Techniken und Richtungen, stellte regelmäßig aus. Sein Lebenswerk wollen Daniela und Margarete Hetz nicht in Vergessenheit geraten lassen. „Eine Ausstellung mit seinen Werken wäre unser Traum. Vielleicht findet sich dafür ein Galerist.“